Marcus, kannst du uns den Vorfall mit deinem Teamkollegen Felipe Nasr erklären? Was ist aus deiner Sicht passiert?
Marcus Ericsson: Ich hatte relativ früh meine ultrasoften Reifen geholt. Ich glaube, mit als erster. Als ich sie dann ans Arbeiten bekommen hatte, war meine Pace ziemlich stark. Ich habe drei oder vier Sekunden pro Runde auf meinen Teamkollegen aufgeholt, in zwei Runden hatte ich sieben Sekunden gut gemacht. Dann hing ich quasi in seinem Getriebe und ich habe das Team gefragt, ob ich attackieren soll oder ob ich hinten bleiben soll. Und sie sagten mir, dass ich nicht angreifen soll, sondern dass wir die Positionen tauschen werden.

Marcus Ericsson war gut unterwegs, Foto: Sutton
Marcus Ericsson war gut unterwegs, Foto: Sutton

Aber das passierte nicht?
Ericsson: Runde für Runde sagten Sie mir: 'Wir haben ihn aufgefordert, die Position zu tauschen.' Das ging sieben oder acht Runden so. Sie erklärten mir, dass er den Anordnungen nicht Folge leistet. Sie haben es ihm jede Runde gesagt, denn ich habe viel Pace verloren. Ich habe hinter ihm festgesteckt. Nach acht Runden habe ich ihnen dann gesagt, dass er wohl nicht reagieren wird und ich daher ein Manöver wagen werde, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren. Und sie sagten: 'Okay.' Ich habe dann Rascasse ausgewählt, weil ich da zuvor im Rennen bereits an Bottas vorbeikam. Wir waren dort Seite an Seite durchgefahren. Und auch in anderen Rennserien am Wochenende hat man gesehen, dass es geht. Zudem hatte Felipe im letzten Sektor Probleme, daher dachte ich, es wäre der beste Ort. Natürlich lief das Manöver nicht so, wie ich es wollte. Das war schade für das gesamte Team.

Denkst du, du warst in diesem Moment vielleicht zu optimistisch?
Ericsson: Ich hatte gehofft, dass er mir nach den ganzen Runden, die ich hinter ihm war, den Raum überlässt, wenn ich angreife. Wie ich es bereits sagte: Mit Bottas bin ich Seite an Seite da durch gekommen. Das war also möglich. Ich denke, es war möglich, dass es nicht so endet, wie es schlussendlich ausgegangen war. So ist es jetzt aber leider.

Verstehst du, dass Felipe den Befehl nicht ausgeführt hat? Ich habe gehört, Felipe hätte es nicht getan, weil auch du es vergangene Saison in einem Rennen nicht gemacht hättest.
Ericsson: Nein, ich verstehe es nicht.

Also hattest du ihm die Position gegeben?
Ericsson: Ja.

Du hast drei Startplätze Strafe in Montreal bekommen. Verstehst du die Strafe oder ist sie zu hart?
Ericsson: Das weiß ich nicht. Die Stewards müssen den Regeln folgen und manchmal ist es schwer, es aus allen Winkeln zu sehen. Aber ich akzeptiere das und schaue nach vorne.

In Montreal muss Ericsson drei Plätze weiter hinten starten., Foto: Sutton
In Montreal muss Ericsson drei Plätze weiter hinten starten., Foto: Sutton

Denkst du, sie hätten die Situation im Team bedenken sollen, dass er die Anweisung bekam?
Ich weiß es nicht. Das Problem ist, dass sie sich an die Regeln halten müssen und das ist nicht immer leicht für sie. Ich will da jetzt nicht mit dem Finger auf sie zeigen.

Hast du danach schon mit Felipe gesprochen?
Nicht wirklich. Wir werden uns später noch mit Monisha zusammensetzen und das klären. Wir werden dann mit frischem Blick nach Kanada fahren.

Wie schätzt du die Situation insgesamt ein? Ihr habt nicht das beste Auto, aber in Monaco unter solchen Bedingungen besteht eigentlich eine Chance, Punkte zu sammeln. Dazu kommt die finanzielle Situation, die durch die zerstörten Teile jetzt auch nicht besser wird.
Das ist enttäuschend und für das Team nicht gut. Es ist nicht das, was wir haben wollten. Es sind harte Zeiten, aber wir kämpfen weiter. Wir müssen als Team zusammenstehen und schauen, dass wir in Montreal zurückschlagen.