Frühes Aus für Sebastian Vettel beim Großen Preis von Russland. Schon nach zweieinhalb Kurven ist das Rennen für den Deutschen in Ferrari-Diensten beendet. Die Umstände sind dramatisch.

Wieder Daniil Kvyat! Hatte Vettel den Fahrer von Red Bull Racing schon in China - noch zu Unrecht - als Auslöser für seine Kollision mit Teamkollege Kimi Räikkönen verantwortlich gemacht, ist es kurz nach dem Start in Sochi erneut der Russe, der Vettel in den Wahnsinn treibt.

In Kurve zwei schießt ihm der Red Bull beim Anbremsen ins Heck. Vettel berührt den anderen Red Bull von Daniel Ricciardo, kann aber erst einmal weiterfahren. Doch damit nicht genug: Bei der Anfahrt auf die ultraschnelle Kurve drei donnert Kvyat Vettel ein zweites Mal ins Heck. Diesmal kann sich Vettel nicht auf der Strecke halten, fliegt ab, prallt in die Streckenbegrenzung. Aus für den Ferrari-Star.

Die Szene im Video:

Vettel flucht am Boxenfunk

Wutentbrannt schimpft Vettel sofort lautstark in den Boxenfunk. Ein Teil wird von der Regie weggepiept - nicht jugendfrei. "Booah, ich bin raus! Crash! Jemand hat mich in Kurve zwei im ***** Heck getroffen und dann hat mich in Kurve drei wieder jemand im ***** Heck getroffen. Ehrlich!"

Später schildert Vettel die Szene im Interview mit mehr Ruhe ausführlich. "Es ist frustrierend, man macht alles richtig und kriegt zweimal einen Schlag. Der zweite so heftig, dass man gar keine Chance mehr hat."

Vettel hält sich mit Kvyat-Schelte zurück: Bilder sagen alles

"Der erste Schlag war schon eine große Überraschung. Ich dachte, ich hätte den Speed, um vorbei zu kommen (an Ricciardo, d. Redaktion). Ich wusste nicht, ob ich eine Schaden hatte. Ich habe dann nochmal einen Schlag bekommen und dann wars vorbei."

Dass erneut Kvyat involviert war, weiß Vettel da noch nicht. "Ich glaube, die Zuschauer haben mehr gesehen als ich. Meine Spiegel sind sehr klein. Ich kam gut weg, war in der ersten Ecke im Windschatten von Danny (Ricciardo). Ich habe die Kurve bekommen, aber das haben heute nicht alle ...", sagt Vettel.

Kurz darauf durch die TV-Bilder davon in Kenntnis gesetzt, dass es Kvyat war, ergänzt Vettel nur ganz schlicht: "Die Bilder sprechen für sich. Ich habs grade kurz gesehen. Was soll ich machen? Ich war nicht der, der zweimal jemandem drauf gefahren ist. Es war nicht mein Fehler, es gibt nichts, was ich anders machen würde:"

Maurizio Arrivabene stinksauer auf Kvyat

"Ich kann nichts tun. Aber das ist Racing. Leute machen Fehler, auch ich mache mal Fehler. Aber das Rennen ist 53 Runden lang, nicht nur zwei Kurven. Ich hasse ihn nicht. Ich denke, er hat vor zwei Wochen einen Fehler gemacht und er hat heute einen Fehler gemacht. Ich denke, er hat einfach zu viel geben, weil es sein Heimrennen war. Da gehen die Emotionen bei manch Einem schon einmal hoch."

Allen voran Maurizio Arrivabene. In China kritisierte der Ferrari-Teamchef noch Vettel selbst, man zeige nich mit dem Finger auf andere. Dieses Mal sei die Sachlage jedoch völlig anders. Arrivabene ist stinksauer. "In China habe ich mich nicht über Kvyat beschwert. Da habe ich gesagt, dass er seinen Job gemacht hat. Dieses Mal kann ich keinen Grund dafür finden, was passiert ist", poltert der Teamchef.

Riesiger Rückschlag im WM-Kampf für Vettel

"Wenn du dir die Bilder ansieht, ist es ziemlich klar: Sebastian sagte, er habe ihn am Anfang einmal berüht und dann, beim zweiten Mal, ziemlich heftig. Natürlich verlangsamst du, wenn du einen solchen Crash hattest, aber das heißt nicht, dass du ihm nochmal reinfahren musst! Aber er ist ihm reingefahren! Was soll er machen, fliegen? Um das zu verstehen brauchen wir keine Telemetrie."

Für Sebastian Vettel ein gewaltiger Rückschlag im WM-Rennen. "Die Chance war heute da. Wir hatten einen super Start und ich konnte mich an Danny vorbeibremsen. Nach zwei, drei Kurven war das Rennen dann schon vorbei. Jetzt bin ich raus. Das hilft natürlich nicht", sagt Vettel. "Aber schwer zu sagen, wie wir im Rennen gewesen wären. Jetzt sind alle Augen auf Kimi. Aber klar, es ist schon bitter wenn nach einer Runde schon Feierabend ist."

Helmut Marko sauer: Kvyat hat alles ruiniert

Interessant: Vettel marschierte gleich nach seinem Aus direkt zu Christian Horner - seinem ehemaligen Teamchef bei Red Bull, der jetzt eben jenen Kvyat betreut. "Alles was ich tun kann, ist, mich bei Sebastian zu entschuldigen, Daniil hat sich beim Bremsen verschätzt", sagt Horner. Was Vettel ihm sagte? "Dass wir mit Kvyat ein ernstes Wort reden müssen, womit er Recht hat", berichtet Motorsportberater Helmut Marko im Interview mit Motorsport-Magazin.com. Vettels Ärger sei absolut nachvollziehbar.

Eine Entschuldigung für Kvyat gebe es kaum: "Das Heimrennen, das Publikum, er war völlig übermotiviert ...", poltert Marko. Noch dazu habe er indirekt auch Ricciardos Rennen zerstört. "Das Tragische ist, dass Kvyat nicht nur Vettel hinausgeschossen hat, sondern auch Ricciardos Rennen ruiniert hat. Wo Vettel ihm durch den Schubser von Kvyat reingerutscht ist, hatte er massivste Beschädigungen am Unterboden und Frontspoiler und dadurch Probleme mit der Wassertemperatur", schildert Marko. "Ich erwarte eine Entschuldigung von ihm", fordert Ricciardo selbst. "Er war da einfach zu ungeduldig."

Kvyat mit halbherziger Entschuldigung

Kvyat bekam unterdessen eine 10-Sekunden-Stopp-and-Go-Strafe und drei Strafpunkte auf seine Superlizenz, entschuldigt sich aber immerhin - zumindest halbwegs: "In der ersten Kurve gab es ein Chaos, ich habe nicht erwartet, dass so viele da so hart bremsen würden und bin in Seb reingerutscht. Dann nochmal in Kurve drei - eigentlich eine Vollgaspassage -, wo er hart gebremst hat. Ich konnte nicht mehr reagieren. Was da los war, weiß ich noch nicht genau. Das müssen wir ansehen. Ich entschuldige mich aber dafür. Ich habe das nicht kommen sehen. Der vielleicht mieseste Start meiner Karriere."

Er wisse, dass ihn jetzt jeder angreifen werde. "Aber Fehler sind menschlich und ich komme damit klar. Ich denke wir (er, Vettel und Ricciardo) werden uns jetzt aussprechen. Mehr können wir da nicht machen."