Es war die Szene des spektakulären China GPs: Sebastian Vettel fährt seinem Teamkollegen Kimi Räikkönen in der ersten Kurve ins Auto. Räikkönen verliert dabei seinen Frontflügel, Vettel beschädigt sich seinen und verliert zudem Plätze. Der lachende Dritte: Daniil Kvyat. Der Russe geht innen vorbei und sichert sich vorerst Platz zwei.

Doch für Vettel ist klar: Kvyat ist schuld an seiner Kollision mit Räikkönen. Er musste dem Red-Bull-Piloten ausweichen. Wäre er ihm nicht ausgewichen, wäre der Ferrari mit dem Red Bull kollidiert. Noch im Auto schimpfte der vierfache Weltmeister über Kvyat, nannte die Aktion 'selbstmörderisch' (im Wortlaut: suicidal) und beschimpfte den Russen als 'verrückten Mann' (im Wortlaut: mad man).

Red Bulls Motorsportberater Dr. Helmut Marko, jahrelang Vettels Motorsport-Ziehvater, kann der Reaktion seines ehemaligen Schützlings überhaupt nichts abgewinnen. "Ich kann seine Aussage in keiner Weise nachvollziehen, ich glaube, das kann niemand nachvollziehen", sagte der Österreicher im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com.

Marko: Keine Harakiri-Aktion von Kvyat

"Sebastian fährt in den Räikkönen rein und macht unseren armen Kvyat dafür zum Schuldigen", so Marko weiter. "Ich glaube, wenn er sich das in Ruhe ansieht, revidiert er seine Äußerung. Wenn man sich die Äußerungen von Sergio Marchionne ansieht, dann ist das glaube ich klargestellt. Wenn Ferrari selbst sagt, das war ein Rennunfall, dann war es auf jeden Fall ein Rennunfall und keine Harakiri-Aktion von Kvyat."

Marko und Vettel trafen sich nach dem Rennen noch am Flughafen in Shanghai und konnten über den Zwischenfall sprechen. "Mein Eindruck ist, dass es ähnlich war wie 2014 in Silverstone, als sich Vettel und Alonso über den Boxenfunk gegenseitig angeschwärzt haben, in der Hoffnung, dass der andere eine Strafe bekommt - aber das ist Gott sei Dank vorbei." Damals fuhr Vettel übrigens noch für Red Bull.

Aber auch nach dem Rennen ließ Vettel nicht locker, konfrontierte Kvyat noch vor der Siegerehrung mit der Szene. "Du bist da reingeschossen wie ein Torpedo", so der Ferrari-Pilot. "Wenn ich die Linie gehalten hätte, wären wir gecrasht."

Kvyat reagierte gelassen: "Das ist halt Racing", sagte er Vettel ins Gesicht. Später auf dem Podium wurde er noch konkreter: "Ich hatte einen echt guten Start. Dann siehst du die Lücke und willst sie dann natürlich auch haben. Natürlich war das riskant, da hat Seb recht. Aber wenn du aufs Podium willst, musst du Risiko gehen. Damit muss jeder rechnen."

Marko gefiel nicht nur Kvyats Aktion auf der Rennstrecke, sondern auch, wie er sich im Wortgefecht mit Vettel bewies: "Da hat Kvyat sehr gut reagiert." Nachtragen wird Marko die Verbal-Attacke seinem ehemaligen Schützling nicht: "Mein Gott, das belebt und es ist gut, wenn sowas am Radio kommt - das sind Emotionen. Der vierfache Weltmeister gegen seinen Nachfolger macht das Ganze noch besser, oder?"