Der Shanghai International Circuit ist Austragungsort des dritten Weltmeisterschaftslaufs der Formel-1-Saison 2016. Die Strecke ist vor allem für ihre Extreme bekannt: Das größte Fahrerlager des gesamten Formel-1-Zirkus, die längste Gerade, die größte Boxenanlage inklusive monströser Brücken, die verrückteste Kurve, die einzige Boxeneinfahrt mit eigenem Streckenposten. Das alles in Form des chinesischen Schriftzeichens Shang.

Der Shanghai International Circuit wurde zwar erst 2004 eröffnet, dennoch gibt es jedes Jahr kleine Änderungen an der Strecke. In diesem Jahr wurden die Randsteine an den Scheitelpunkten der Kurven 9, 10, 11 und 16 erneuert. Die Kerbs an der Innenseite sind nun fünf Zentimeter höher, sind rund drei Meter lang und einen Meter breit. Dadurch soll das Abkürzen besser unterbunden werden.

  • Längste Gerade im Rennkalender
  • Schneckenkurve nach Start/Ziel
  • Vorderachse besonders beansprucht
  • Streckencharakteristik anders als Melbourne und Bahrain
  • Neue Kerbs sollen Abkürzen verhindern
  • Weiterhin zwei lange DRS-Zonen

Shanghai International Circuit: Hier sind Extreme zu Hause

Das Layout des Shanghai International Circuit, Foto: Motorsport-Magazin.com
Das Layout des Shanghai International Circuit, Foto: Motorsport-Magazin.com

Der Shanghai International Circuit ist nicht nur wegen seiner Extreme architektonisch äußerst anspruchsvoll. Das Team rund um den deutschen Streckenarchitekten Herman Tilke stand beim Bau der Strecke einer besonderen Herausforderung gegenüber: Die Strecke außerhalb der Mega-Metropole Shanghai befindet sich im Sumpf-Gebiet. Der Asphalt schwimmt deshalb auf Unmengen von Styropor, um ein Absinken der Strecke zu verhindern.

Nicht nur die Anlage an sich strotzt nur so vor Größe und Gigantismus, auch die Strecke. Kaum eine Strecke im Rennkalender ist so breit wie China. Das macht Überholen leichter, aber noch lange nicht zum Kinderspiel. Viele lange Geraden laden zusätzlich zum Überholen ein, doch in den schnellen und flüssigen Kurvenpassagen ist es schwierig, dem Vordermann zu folgen.

Streckenverlauf: Die ungewöhnlichste Kurve des Jahres

Herausragendes Merkmal der Strecke ist fraglos die erste Kurvenkombination. Die Fahrer lenken gefühlt eine Ewigkeit, um die berühmtberüchtigte Schneckenkurve zu durchfahren. Am Ende der Start- und Zielgeraden geht es zunächst noch schnell nach rechts. Die anfangs offene Kurve macht aber immer weiter zu, es geht fast 360 Grad durch die Rechtskurve, bis plötzlich ein extrem enger Linksknick kommt.

Für die Fahrer ist diese Passage eine große Herausforderung, weil noch in der Kurve Geschwindigkeit abgebaut werden muss. Wenn die Hinterachse überbremst, geht es ins Kiesbett. "Das ist eine ziemlich spezielle Sektion, dort hatte ich in meiner ersten Saison meinen ersten großen Fehler, als ich mich dort gedreht habe", erinnert sich Toro-Rosso-Pilot Carlos Sainz zurück.

Doch die Schneckenkurve ist nicht die einzige interessante Kurve auf dem Shanghai International Circuit. Im Mittelsektor wartet nach der ersten Haarnadelkurve eine schnelle Kurvenkombination auf die Piloten, die wiederum direkt in einer Doppel-Links-Ecke mündet, bevor es auf die Gegengerade geht.

Am Ende der Gegengeraden befindet sich die erste DRS-Messstelle. Die langgezogene Rechtskurve, die auf die längste Gerade der Formel 1 führt, ist elementar. Fährt man die Kurve etwas zu weit außen oder etwas zu weit innen aus, wird der Scheitelpunkt verpasst, Schwung für die 1,2 Kilometer Vollgas fehlt. Wer überholen will, braucht hier nicht nur Dampf an der Kette, sondern vor allem viel Schwung durch die endlos scheinende Rechtskurve.

Erst 450 Meter nach der entscheidenden Rechtskurve darf der Heckflügel aufgeklappt werden. Bis zum Bremspunkt für die bevorstehende Haarnadel-Rechts fahren die Piloten noch einmal mehr als einen halben Kilometer. Hier ist die der beste Überholpunkt der Strecke. Hier werden Rennen verloren und gewonnen.

Doch auch der letzte Linksknick vor Start und Ziel hat es noch einmal in sich. Wer sich zu weit raustragen lässt, verliert viel Zeit auf dem Rasenteppich. Außerdem befindet sich der Messpunkt für die zweite DRS-Zone lediglich 35 Meter vor dem Scheitelpunkt. Hier gilt es, nah am Vordermann dran zu sein. Die zweite DRS-Zone beginnt dann 98 Meter nach der letzten Kurve.

Die außenherum verlaufende Boxeneinfahrt hat schon für Dramen gesorgt. Nach Hamiltons WM-Panne 2007 wurde die Auslaufzone sogar asphaltiert. Nicht genug für Pastor Maldonado, der den Lotus dort trotzdem in den Reifenstapel setzte. Seitdem gibt es eine eigene Flagge für den Boxeneinfahrt. Wird hier gelb geschwenkt, darf auf der Strecke weiter Gas gegeben werden.

Streckendaten
Länge: 5,451 Kilometer
Runden: 56
GP-Distanz: 305,066 Kilometer
Rundenrekord: 1:32,238 (MSC, 2004)
Kurven: 16
Weg bis Kurve 1: 267 Meter
Länge Boxengasse: 382 Meter
Zeit in Box bei 80 km/h: 17,2 Sekunden

Technik-Herausforderung: Umgang mit den Reifen

In Shanghai ist alles gefragt: Gutes Fahrwerk in den langsamen Ecken, gute Aerodynamik in den schnellen Kurven, viel Power auf den langen Geraden. Dazu gute Bremsen für die beiden Haarnadelkurven. In China besteht nur, wer das komplette Rennauto hat.

Besonders wichtig ist auch der Umgang mit den Reifen. Die langgezogenen Kurven gehen vor allem auf die Vorderachse. Kurve 1 und Kurve 13 im Speziellen beanspruchen den linken Vorderreifen extrem. Bei kühlen Temperaturen gibt es Graining-Gefahr.

Shanghai: Unvergessene Momente

Michael Schumacher feierte seinen letzten Sieg in Shanghai, Foto: Sutton
Michael Schumacher feierte seinen letzten Sieg in Shanghai, Foto: Sutton

Schumachers letzter Sieg: Sieg Nummer 91, den letzten seiner großen Karriere, feierte Michael Schumacher auf dem Shanghai International Circuit. Nach schwierigem Qualifying auf unterlegenen Bridgestone-Reifen machte sich die Konkurrenz schon lustig über Schumacher. "Armer, alter Michael", frotzelte Fernando Alonso am Boxenfunk. Am Rennsonntag dann eines der besten Rennen des Rekordweltmeisters überhaupt. Sieg und Führung in der WM inklusive.

Hamilton verlor den WM-Titel 2007 im Kiesbett von China, Foto: Sutton
Hamilton verlor den WM-Titel 2007 im Kiesbett von China, Foto: Sutton

Hamiltons verlorene WM: 2007 wäre Lewis Hamilton fast die Sensation geglückt: Weltmeister im Rookie-Jahr. Wären da nicht die letzten beiden WM-Läufe gewesen. Auf völlig abgefahrenen Intermediates versuchte sich Lewis Hamilton zurück an die Box zu retten. Doch der McLaren-Pilot fuhr zu schnell in die Boxeneinfahrt, blieb im Kiesbett stecken und verlor damit den WM-Titel.

Rosbergs erster Sieg: Lange musste Nico Rosberg auf seinen ersten Grand-Prix-Sieg warten. Am 15.04.2012 war es endlich so weit: Der Mercedes AMG F1 W03 passte perfekt auf den Shanghai International Circuit, Rosberg dominierte das gesamte Wochenende. Hätte die Boxencrew nicht gepatzt, hätte es womöglich einen Mercedes-Doppelsiegt gegeben mit Michael Schumacher auf Rang zwei gegeben.

China GP: Die letzten Rennen

Jahr Sieger 2. Platz 3. Platz Pole Schn. Runde
2015 Hamilton Rosberg Vettel Hamilton Hamilton
2014 Hamilton Rosberg Alonso Hamilton Rosberg
2013 Alonso Räikkönen Hamilton Hamilton Vettel
2012 Rosberg Button Hamilton Rosberg Kobayashi
2011 Hamilton Vettel Webber Vettel Webber