Die Gesamtsumme ist gigantisch. Eine knappe Milliarde, genauer gesagt 965 Millionen US-Dollar, so berichtete Autosport vergangene Woche, fließen ab sofort in Raten an zehn Rennställe der Formel 1. Es handelt sich um die Preisgelder für die vergangene F1-Saison 2015. Deshalb auch zehn Teams - Haas F1 geht leer aus, weil der US-Rennstall erst seit diesem Jahr in der Königsklasse mitmischt. Apropos König - königlich ist die effektiv ausgeschüttete Summe am Ende nicht für jedes Team.

Die soziale Schere der Formel 1

Hintergrund: Kassiert wird in der Formel 1 nach zwei Maßstäben. Zunächst gibt es für alle einen leistungsbezogenen Anteil an der Gesamtsumme. Dieser bemisst sich nach der Position in der Konstrukteurswertung. Vom Erstplatzierten (Mercedes) bis zum Zehnten (Manor) geht die Schere weit auseinander - von minimal 47 bis maximal 97 Millionen US-Dollar. Mit diesem Verteilungsschlüssel und -maßstab geht die gesamte Boxengasse weitestgehend d'accord. Für miese Stimmung sorgt regelmäßig ein anderer Faktor.

Dieser ist der zweite Maßstab: diverse Boni an einzelne Teams, alles separat mit F1-Boss Bernie Ecclestone ausgekungelt und vertraglich fixiert, aktuell bis 2020. Während die Hälfte der Rennställe hier komplett leer ausgeht, kassieren Mercedes, Red Bull, McLaren, Williams und Ferrari auf diese Weise extreme Zusatzmillionen. Insbesondere Ferrari bekommt eine fette Sonderauszahlung. Der Bonus der Scuderia allein ist schon größer als die höchste Kohle-Kategorie bei der Zuteilung nach Leistung. Ein System, das vonseiten Force Indias und Saubers bereits vor der Europäischen Kommission angeschwärzt wurde.

Preisgelder der Formel-1-Saison 2015 in Millionen US-Dollar:

Team (WM-Platz)GesamtLeistungBonusAnteil
Ferrari (2.)1928710519,90%
Mercedes (1.)171977417,72%
Red Bull (4.)144707414,92%
Williams (3.)8373109,02%
McLaren (9.)8250328,50%
Force India (5.)6767-6,94%
Lotus/Renault (6.)6464-6,63%
Toro Rosso (7.)5757-5,91%
Sauber (8.)5454-5,60%
Manor (10.)4747-4,87%
Summe965670295100%

Auf dem Konto hat Ferrari zehnmal mehr Tradition als Williams

Kritisch äußern sich jedoch nicht nur Teams, die auf Boni komplett verzichten müssen. Auch auf der Sonnenseite sitzt der Frust teilweise tief. So fällt jetzt Williams zwar nicht mit einer Klage in die Tür, stört sich jedoch an den Konditionen des aktuellen Verteilungsschlüssels. Den eigenen Traditionsbonus in Höhe von zehn Millionen Dollar empfindet der Rennstall aus Grove angesichts der zehnfachen Summe für Ferrari als unangemessen. "Ich habe kein Problem damit, dass Ferrari einen Traditionsbonus erhält, aber er sollte einfach nicht so groß sein wie er ist", zitiert Autosport Claire Williams.

Die stellvertretende Teamchefin räumt allerdings ein, dass alle Teams den aktuell geltenden Bedingungen einmal zugestimmt hätten. Daher brauche man sich jetzt nicht überzogen beklagen. Man könne bis zu den nächsten Verhandlungen ohnehin nichts an den Deals ändern. "Meine Lebensmotto ist: Wenn du etwas nicht ändern kannst, dann mach dir deshalb keine Sorgen. Wir haben sowieso genug andere Dinge, um die wir uns sorgen können", sagt Williams. "Wir haben es versucht, viele Teams haben diese Gespräche versucht, aber wie Bernie schon betont hat, haben wir alle unter den aktuellen Bedingungen unterschrieben", stellt Williams klar.

Williams setzt auf Neuverhandlungen für 2020

Stattdessen setzt sie auf einen faireren Verteilungsschlüssel beim nächsten Vertragsabschluss für die Zeit nach 2020. "Wir müssen den richtigen Moment abwarten. Ich vermute, dass wir weit vor 2020 neue Bedingungen aushandeln werden. Ich hoffe, dass eine Neufassung und eine Umverteilung zu den Dingen gehören, die bei diesen Gesprächen auf dem Tisch liegen", sagt Williams. Die Hürden auf diesem Weg sind der Teamchefin gut bekannt. "Ich weiß nicht, ob das möglich sein wird - es ist eben die Formel 1 -, aber ich hoffe darauf. Ich glaube fest daran, dass der Sport eine faire Basis braucht, um erfolgreich zu sein", sagt Williams.

Hoffnungsschimmer: Die zu verteilende Gesamtsumme wächst. Von 2014 auf 2015 erhöhte sich die Ausschüttung um neun Prozent - von 883 auf eben 965 Millionen US-Dollar. Sie berechnet sich nach dem Gesamtumsatz des Formel-1-Vermarkters FOM: 65 Prozent gehen laut Concorde-Agreement an die Teams.