Red Bull segelt im Aufwind. Der Vorjahresärger um die schwächelnde Power Unit von Renault scheint 2016 wie weggeblasen. Nach zwei starken Rennen, inbesondere für Daniel Ricciardo, hat sich Red Bull zum Saisonstart als dritte Kraft erwiesen. Wider Erwarten: Eigentlich hatte Red Bull damit gerechnet, gegen Williams und Toro Rosso erst in der zweite Saisonhälfte Stiche setzen zu können. Doch offenbar hat Renault der Power Unit trotz bislang nur weniger investierter Token einen kräftigen Schub verliehen, das Chassis des RB12 stimmt ohnehin. Red Bull scheint diese Saison also wieder Flügel zu verleihen. Muss es auch: Schließlich steht jetzt ein langer Flug zum China GP an.

Das letzte Rennen: Jubel in Bahrain

Daniel Ricciardo startete beim vergangenen Wochenende in Bahrain eine Serie: Nach dem vierten Platz des Australiers in der Heimat, landete Ricciardo auch in der Wüste auf diesem Rang. Damit hat Red Bull erneut das Duell mit Williams um den Status als dritte Kraft hinter Mercedes und Ferrari gewonnen.

Ziemlich überraschend, ist der Kurs in Sakhir doch eine Power-Strecke, was dem Red Bull im Vergleich zu Konkurrenz auf dem Papier weniger schmeckt. "Auf einem solchen Kurs Williams - und auch die anderen Mercedes-Kundenteams - zu schlagen, ist eine super Leistung. Wir wissen alle, welches PS-Manko wir haben. Das macht dieses Ergebnis wirklich bewundernswert", sagte Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko schon nach dem Qualifying im Exklusiv-Interview mit Motorsport-Magazin.com.

Damit nicht genug. Noch dazu steuerte dieses Mal auch Daniil Kvyat als Siebter wertvolle Punkte bei. Nach einem völlig verwachsten Qualifying arbeitete sich der Russe im Rennen sehenswert nach vorne und rehabilitierte sich so von der durch einen Defekt bedingte Nullnummer in Australien.

Die Neuerungen: Keine Revolutionen

Red Bull reist mit den üblichen kleinen Weiterentwicklungen der Aerodynamik nach Shanghai. Einen großer Schritt, auch was die Power Unit betrifft, hat das Team erst für Mitte der Saison angekündigt. Ziel ist das Wochenende in Kanada.

Die Erwartungen: Gestiegen!

Nachdem Red Bull selbst auf der Motorenstrecke Bahrain stark ausgesehen hat, steigen die Erwartungen auf dem Shanghai International Circuit proportional mit den schnellen Kurven. "Es war gut zu sehen, dass wir die vorderen Teams herausfordern können. Auf den richtigen Strecken wird das interessant", kündigte Daniil Kvyat bereits nach dem Rennen in Bahrain indirekt einen weiteren Aufwärtstrend an. Marko schwärte unterdessen von einem fantastischen Auto, das Red Bull da gebaut habe.

Kvyat-Teamkollege Daniel Ricciardo erklärt derweil noch leicht verklausuliert: "Die Kurven eins, zwei und drei sind wie eine große Kurve, extrem lang und leicht bergauf, was den linken Vorderreifen extrem belastet. Insgesamt ist es einer der härtesten Kurse. Das macht es interessant ..." Kvyat bestätigt: "Kurve eins ist einzigartig, auch die schnellen Richtungswechsel Mitte der Runde sind herausfordernd. Ein sehr interessante und technische Strecke." Gerade sein geringer Reifenverschleiß gilt als ausgewiesene Stärke des RB12, entsprechend gut schmecken dürfte dem Boliden der Kurs in China.

Allerdings unterschätzt Red Bull die extrem lange Gerade im dritten Sektor nicht. Man weise noch immer ein PS-Manko im Bereich von 50 PS auf, heißt es aus dem Bullen-Lager. "Die Gerade auf dem Shanghai International Circuit ist super lang, was dort alles komplett anders macht als auf den meisten anderen Strecken. Wenn du von dieser Gerade kommst, musst du für eine der engsten Kurven im Kalender bremsen - also geht es von der höchsten Speed zur geringsten", sagt Ricciardo.

Die Statistik: Red Bull beim China GP

SiegePolesSchn. RundenPodiumPunktekm geführt
Red Bull 1 324 126409
Daniel Ricciardo - --- 20-
Daniil Kvyat - --- 1-

Red Bull: Shanghai Bilanz

Red Bull in Shanghai: Die Lieblingsstrecke von Red Bull Racing ist der Shanghai International Circuit sicherlich nicht. Sebastian Vettel raste 2009 zum bislang einzigen Erfolg für den Weltmeister-Rennstall - mehr Siege gab es für die einstigen Überflieger in China nicht. Selbst im Mega-Auto von 2011 erreichte der spätere Champion Vettel nur den zweiten Rang. Mark Webber sorgte mit den Plätzen zwei (2009) und drei (2011) für zwei weitere Podiumsplatzierungen.

Daniel Ricciardo in Shanghai: Der Australier verpasste nur 2012 bei seinem Debüt für Toro Rosso die Punkteränge. In den vergangenen drei Jahren erreichte Ricciardo die Ränge sieben, vier und neun.

Daniil Kvyat in Shanghai: Der junge Russe startete 2014 zum ersten Mal in China und nahm als Zehnter prompt einen Punkt mit. Im Vorjahr sah Kvyat aufgrund eines Motorschadens hingegen nicht das Ziel.

Die Prognose: Red Bull im Aufwind

  • Die Statistik sagt bisher etwas anderes, aber:
  • Die kurvenreiche Strecke sollte Red Bull liegen
  • Lange Gerade als Störfeuer im Bullen-Stall

Motorsport-Magazin.com meint: Red Bull hat bisher die (eigenen) Erwartungen an den Saisonstart übertroffen. Dass es damit ausgerechnet in China damit vorbei sein könnte, ist unwahrscheinlich. Zu sehr sollten Ricciardo und Kvyat im engen Kurvengeschlängel der Sektoren eins und zwei von dem starken Chassis des RB12 profitieren. Die lange Gerade ist zwar ein Ärgernis, doch eine überwindbare Hürde im erneuten Rennen um die dritte Kraft gegen Williams, Toro Rosso & Co. (Jonas Fehling)