Nicht nur das Qualifying, auch das Training sorgt in der Formel 1 zurzeit für Ärger bei den Fans. Zumindest in Deutschland. Hintergrund ist hier jedoch nicht ein ungeliebtes neues Format, sondern die Übertragung im deutschen Free-TV. Zur Saison 2016 sicherte sich der Nachrichtensender n-tv die Free-TV-Rechte für die Live-Übertragung der freien Trainings in Deutschland, löste nach drei Jahren den Münchener Sportkanal Sport 1 ab. Zuletzt hatte n-tv schon 2012 von den Freitagstrainings berichtet.

Damit befindet sich die Formel in der aktuellen Saison hierzulande wieder komplett in kölscher TV-Hand - wie RTL gehört auch n-tv zur Mediengruppe RTL Deutschland. "Wir freuen uns, dass die Königsklasse des Motorsports zurück bei n-tv ist. Der Zuschauer wird in gewohnt hoher Qualität die Formel 1 präsentiert bekommen", kündigte Sportchef Timo Latsch Mitte Februar an. n-tv zeige freitags die Testläufe der Saison 2016, hieß es in einer Pressemitteilung. Die Live-Übertragungen ergänzten das Angebot des Schwestersenders RTL: Los gehe es am Freitag, den 18. März mit dem freien Training vor dem Rennen in Melbourne.

n-tv ohne Live-Bilder aus Bahrain: Genscher und Apple statt F1

Das erste Training aus dem Albert Park zu bei uns nächtlicher Stunde gab es jedoch nicht live im Programm von n-tv zu sehen, erst das zweite Training zur Frühstückszeit übertrug der Sender. Zwei Wochen später in Bahrain folgte aus Sicht vieler Fans dann der Gau: Diesmal waren weder FP1 noch FP2 - entgegen der ursprünglichen Ankündigung - im Free-TV zu sehen. Statt der eigentlich geplanten Live-Übertragung der ersten Session sendete n-tv spontan ein Spezial zum kurz zuvor bekannt gewordenen Todesfall des ehemaligen Außenministers Hans-Dietrich Genscher.

"Im Todesfall einer wichtigen Politikerpersönlichkeit wie Hans-Dietrich Genscher ist es die Aufgabe eines Nachrichtensenders, das Programmschema sofort aufzubrechen", erklärt n-tv auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com die Programmänderung.

n-tv: technische Schwierigkeiten bei Live-Stream im Netz

Einzig eine kurze Einblendung verwies während des Genscher-Spezials auf eine Live-Übertragung des F1-Trainings auf dem News-Portal des Senders. Diese entpuppte sich jedoch als irreführend. So beschwerten sich zahlreiche Fans in den Sozialen Medien, auf ntv.de habe es nur einen Live-Ticker gegeben, keinen Live-Stream.

"Wir haben uns entschieden, das freie Training stattdessen in unserem Eventstream auf n-tv.de zu zeigen. Hier gab es leider technische Schwierigkeiten, die wir bitten zu entschuldigen", erklärt n-tv dazu gegenüber Motorsport-Magazin.com. Ab 14 Uhr habe der Online-Stream aber funktioniert, heißt es. Das wäre eine halbe Stunde vor Ende des Trainings. Die meisten Fans dürften die Suche nach dem Stream zu diesem Zeitpunkt längst aufgegeben haben.

Live oder nicht? So sendet n-tv jetzt weiter

Ohnehin herrschte bei einem Teil der Formel-1-Anhänger Verständnis wegen dieses Sonderfalls. Ganz im Gegenteil zur Nicht-Übertragung von FP2. Das zweite Training hatte n-tv bereits zuvor nicht live angesetzt. Stattdessen sahen die Zuschauer eine relativ zeitlose Dokumentation über Apple-Gründer Steve Jobs.

n-tv erklärt dazu nur allgemein: "Als Nachrichtensender berichten wir über tagesaktuelle Geschehnisse. Diese Informationen nehmen natürlich einen großen Raum in unserem Programm ein." Dementsprechend wähle n-tv aus, welches der freien Trainings der Sender live zeige. "Und ob es - wie im Fall in Monaco - sogar möglich ist, beide Trainingsläufe auszustrahlen", heißt es.

Komplettes Live-Paket beider F1-Trainings 2016 nur in Monaco

Dass Monaco besonders herausgestellt wird, verwundert wenig. So ist der Grand Prix im Fürstentum das einzige Rennen im weiteren Saisonverlauf, bei dem n-tv nach jetzigem Stand eine vollständige Live-Übertragung beider Trainings am Freitag plant. Nachfragen, warum sich n-tv die Rechte überhaupt gesichert habe, wenn man diese nicht in vollem Umfang nutze, blieb ohne über die oben dokumentierten, generellen Informationen hinausgehende Antwort.

Bei allen übrigen Rennwochenenden bleibt es unterdessen entweder ausschließlich bei halbstündigen Zusammenfassungen des gesamten Trainingstages - etwa beim bevorstehenden China GP sowie den drei Wochenenden in Aserbaidschan, Japan und Malaysia -, oder Live-Übertragungen einer der beiden Sessions an den verbleibenden 14 Wochenenden. Meist handelt es sich hierbei um das FP2, sodass zumindest eine Kurz-Zusammenfassung des Geschehens im ersten Training möglich sein wird.

Die n-tv Programmplanung der Freien Trainings für den Rest der Formel-1-Saison:
Grand Prix Session Live Zusammenfassung
China FP1/2-x
Russland FP2x-
Spanien FP2x-
Monaco FP1/2x-
Kanada FP1x-
Europa FP1/2-x
Österreich FP2x-
Großbritannien FP2x-
Ungarn FP2x-
Deutschland FP2x-
Belgien FP2x-
Italien FP2x-
Singapur FP2x-
Malaysia FP1/2-x
Japan FP1/2-x
USA FP2x-
Mexiko FP2x-
Brasilien FP2x-
Abu Dhabi FP2x-

Zudem zeigt n-tv sonntags, in der Regel um 18.20 Uhr, bei Amerika-GPs gegen Mitternacht, Zusammenfassungen des jeweiligen Rennens im Magazin "Formel 1 Inside"

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Ein Nachrichtensender wie n-tv muss über das tagesaktuelle Geschehen berichten. Täglich und aktuell sind dabei keine Plastikwörter, sondern müssen bei einem seriösen Sender Standard sein. Flexibilität und schnelle Reaktionen auf die Nachrichtenlage genießen daher völlig zurecht oberste Priorität.

Es ist richtig, dass gewisse Themen bei einer alle Bereiche der Gesellschaft abdeckenden Ausrichtung einfach vorgehen - auch vor der Formel 1. Die Frage ist daher vielmehr, ob sich ein Sender wie n-tv überhaupt dazu eignet, Sportformate wie die F1 auszustrahlen. Bei einem originären Sportsender - wie zuletzt Sport1 - sind die Free-TV-Rechte daher besser aufgehoben. (Jonas Fehling)