Das neue Reifenreglement bringt Licht und Schatten in die Formel 1. Für die Rennen versprechen drei Mischungen mehr Vielfalt bei den Strategien. Weil der Unterscheid zwischen der weichsten und der härtesten Reifenmischung größer ist als bei nur zwei Mischungen, wird das Feld zu Beginn besser durcheinandergewürfelt, weil die acht schnellsten auf den Q2-Reifen starten müssen - in der Regel die weichsten Reifen, die nicht lange halten.

Was im Rennen toll ist, sorgt zuvor allerdings für reichlich Verwirrung. So ist nie genau bekannt, mit wie vielen Reifen welcher Spezifikation ein Fahrer ins Qualifying geht. Nach jeder Trainingssitzung müssen zwei Sets zurückgegeben werden - welche, bestimmen die Teams.

Im Fall von Melbourne war das äußerst undurchsichtig. Durch den Regen wurde kaum gefahren, die Teams nutzten ihre zwei Reifensätze gar nicht aus. So gaben sie einfach die Reifensätze zurück, von denen sie glauben, sie am Wochenende am wenigsten zu benötigen. Weil die Rückgabe nicht öffentlich gemacht wird, wusste im Qualifying niemand genau, wer noch welche Reifen übrig hat.

Pirelli gegen FIA

Das Reglement sagt eigentlich, dass die Reifen an den Lieferanten zurückgegeben werden müssen. Also könnte Pirelli diese Daten liefern. Pirelli aber sagt, die Reifen werden an die FIA zurückgegeben, man selbst würde erst unmittelbar vor dem Qualifying Informationen über die zurückgegebenen Sätze bekommen. Somit ist es unmöglich, zum Qualifying schon zu sagen, wer noch welche Reifen hat.

Bei normalem Verlauf nutzen die Rennställe die zwei Sätze in den Trainingssitzungen auch aus, die sie zurückgeben müssen. Hier hilft dann nur, genau Protokoll zu führen, wer welche Reifen fuhr. Allerdings ist nicht unbedingt gesagt, dass die Teams jene Reifen zurückgeben, die auch gefahren wurden. Möglicherweise werden Reifen nur angefahren. Die Regel sollte allerdings schon sein, dass die Sätze zurückgegeben werden, die auch im Training gefahren werden.

Pirelli will selbst dafür sorgen, dass mehr Daten über die Reifen zur Verfügung stehen. Nach Informationen von Motorsport-Magazin.com stellen sich die Italiener aber so lange quer, bis endgültig klar ist, mit welchem Qualifying-Format weitergemacht wird. Erst dann macht es für sie Sinn, ein System auszuklügeln.

Im vergangenen Jahr war es einfacher: Zwar wurde auch hier nicht kommuniziert, wer welche Reifensätze zurückgegeben hat, allerdings gab es nur zwei Mischungen. Zudem war auch die Zusammensetzung der insgesamt 13 Trockensätze vorgegeben. Somit war es eigentlich klar, dass alle Teams vier Sätze Prime und zwei Sätze Option vor dem Qualifying zurückgeben.

Entwertung des Trainings

Durch das neue Reifenreglement gibt es noch ein ganz anderes Problem: Das Training wird abgewertet. Weil einige Teams vor der Saison zu konservative Reifenwahlen getroffen haben, müssen sie die ungeliebten Sätze in den Trainingssitzungen loswerden. So fuhr Sebastian Vettel im ersten Freien Training zum Bahrain GP beispielsweise nur mit den härtesten Reifen, weil diese im weiteren Verlauf des Wochenendes nicht mehr benötigt werden.

Im Verlauf der Saison wird sich das allerdings angleichen: Für Überseerennen müssen die Teams 15 Wochen vor dem Event ihre Reifenwahl bekanntgeben. Das bedeutete für Melbourne und Bahrain, dass die Teams Reifen auswählen mussten, ohne die neuen Autos jemals gefahren zu sein. Die Auswahl wird sich wohl über die Saison hinweg ausnivellieren.