McLaren erlebte beim Formel-1-Saisonstart in Australien Licht und Schatten, wobei das dunkle Element mit Abstand überwog. Zwar wies das Traditionsteam nach den Testfahrten auch im scharfen Wettbewerb eine gegenüber 2015 klar verbesserte Pace nach - beide Boliden erreichten den zweiten Abschnitt des Qualifying. Doch sorgte im Rennen nicht nur der Horror-Crash von Fernando Alonso für einen herben Dämpfer.

Sportlich passte einfach nicht viel zusammen. Jenson Button sah zwar die Zielflagge, aber nur als Vierzehnter. Beim bevorstehenden Rennen in Bahrain droht wegen der langen Geraden erneut Ungemach. Noch dazu hatte McLaren zwischen den Wochenenden allein damit mehr als gut zu tun, das Wrack von Fernando Alonso wieder herzurichten. Damit nicht genug: Noch ist der Start des spanischen Top-Piloten beim Wüstenrennen unsicher ...

Das letzte Rennen: Horror-Crash Down Under

Die heftige 46G-Kollision von Fernando Alonso mit Esteban Gutierrez und gleich zwei Barrieren auf einmal überschattete das komplette McLaren-Rennwochenende in Melbourne. Neben des Ausfalls sorgte auch Jenson Button mit Platz 14 nicht für Jubelstimmung in Woking. "Wir haben auf der Strategie-Seite ein paar Fehlentscheidungen getroffen, aber das ist Teil der Lernkurve mit den neuen Reifenregeln", erklärt der Brite das schwache Resultat.

Man habe die Daten genau analysiert, um es schon in Bahrain deutlich besser zu machen. Die Pace des MP4-31 selbst sei gut. Diesen Eindruck hatte auch Alonso bis zu seinem Unfall. "Melbourne war auf dem Papier kein gutes Rennen für uns, aber ich hatte vor dem Unfall ein paar gute Duelle und das Auto hat sich vielversprechend angefühlt", sagt der Spanier. "Ich hoffe, in Bahrain können wir mehr davon bekommen."

Die Neuerungen: Grundsanierung des Alonso-Wracks

Doch noch ist fraglich, ob Alonso überhaupt dabei sein wird. Nach seinem Crash gilt es in Bahrain zunächst, den Ärzten der FIA am Donnerstag einen Besuch abzustatten. Erst wenn sie Alonso nach einem Check grünes Licht geben, darf er am Wochenende ins Auto steigen. Ansonsten muss McLaren irgendwie noch Stoffel Vandoorne einfliegen. Der belgische Ersatzfahrer testet zurzeit mit der Super Formula in Japan.

Trainieren konnte Alonso bislang jedenfalls offenbar nicht. Darauf deuten seine Postings in den Sozialen Medien hin. Einfliegen wird Alonso aber auf jeden Fall. "Ich bin sehr glücklich, nach dem Crash in Australien nach Bahrain zu fahren. Ich kann es gar nicht erwarten, wieder ins Auto zu steigen", sagt Alonso, der in Dubai wohnt, die vergangenen Tage zur Genesung allerdings in seiner spanischen Heimat verbrachte.

Währenddessen liefen in Woking und Sakura die Werke auf Hochtouren, um den beschädigten Alonso-McLaren wieder aufzubauen. Nahezu alles musste repariert oder gar komplett getauscht werden. "Nach genauen Untersuchungen sind wir sehr enttäuscht, dass der ICE und ein Großteil der umliegenden Teile heftig beschädigt worden sind, da die Gewalt des Unfalls einfach zu groß war. Wir werden in Bahrain die komplette Power Unit ersetzen", sagt Honda-Chef Yusuke Hasegawa.

In Sachen Chassis sorgte die Sitzschale Alonso für Wirbel. Zunächst hieß es, sie sei durch den Unfall gebrochen gewesen. Inzwischen spricht McLaren nur noch von einem angeknacksten Sitz, was nur zeige, wie gut dieses Element die Energie des Unfalls absorbiert und damit seinen Zweck erfüllt habe. Entsprechend gewaltig war der Aufwand für Reparaturen. "Es war eine große Leistung der Teams in Woking und Sakura, die mit Vollgas an den Teilen für dieses Rennen gearbeitet haben, um sicherzustellen, dass wir wieder auf den Damm kommen nachdem das Chassis beschädigt wurde. Ich bin sehr beeindruckt, wie schnell sie es hinbekommen haben", lobt Alonso.

Die Erwartungen: Harter Kampf im Mittelfeld

Viel Zeit für neue Teile blieb dementsprechend nicht übrig. Dennoch scheint McLaren einen Weg gefunden zu haben, das Ziel, jedes Wochenende neue Aerodynamik-Features mitzubringen, in Bahrain zu erfüllen. "Wir geben noch immer alles, jedes Rennen Upgrades zu bringen", sagt Alonso. Entsprechend brauche man nun genügend Zeit im Training, all das auf der Strecke mit dem neuen Chassis auszuprobieren. Dass es anders als in Australien wohl kaum regnen wird, hilft McLaren dabei naturgemäß sehr.

Genauso wichtig dafür ist die Zuverlässigkeit. Die sei in Melbourne bereits gut gewesen, was ein klar verbessertes Paket nachweise, sagt Alonso. "Jetzt freue ich mich darauf zu sehen, was unser Paket auf einem für uns zuletzt herausfordernden Kurs zu leisten im Stande ist", ergänzt der Spanier mit Blick auf Bahrain. Die Erwartungen seines Teamkollegen zeugen ebenfalls von großer Zuversicht. "Obwohl es unsere Ergebnisse in Australien nicht zeigen, hat sich unser Paket sehr gut zu fahren angefühlt. Das Team hat sehr hart daran gearbeitet, bei der Fahrbarkeit zwischen Testfahrten unter erstem Rennen einen Schritt nach vorne zu machen", sagt Button.

Dennoch warnt er angesichts des Streckenlayouts in der Wüste vor überzogenen Erwartungen. "Bahrain ist definitiv eine schwierige Strecke für uns, weil es eine Highspeed-Strecke ist", sagt der Brite. "Aber wir haben eine solide Basis gelegt und die Energierückgewinnung verbessert, sodass es auch dabei ein paar positive Dinge gibt", sagt Button. Daher freue er sich sehr auf das anstehende Wochenende. Zusätzlich Mut macht die Einschätzung des McLaren-Renndirektors. "Die Daten zeigen eine klare Verbesserung gegenüber des letztjährigen Pakets", sagt Eric Boullier.

Wenn dieses Mal auch die Strategie gelinge, könne McLaren in Bahrain ein repräsentativeres Ergebnis als in Melbourne einfahren, ergänzt Button. "Ich hoffe, wir können in dem Pack im Mittelfeld mitmischen - ein sehr enges Gebiet im Feld, weshalb wir so schnell es geht das Maximum aus unserem Paket herausholen müssen", sagt der einmalige Bahrain-Sieger. "Es gibt auf jeden Fall noch viel mehr Potential und Performance", verspricht Boullier.

Die Statistik: McLaren beim Bahrain GP

SiegePolesSchn. RundenPodiumPunktekm geführt
McLaren 0 024 7543
Fernando Alonso 3 113 65533
Jenson Button 1 002 28206

McLaren: Bahrain Bilanz

McLaren in Bahrain: Einen Sieg konnte McLaren beim Großen Preis von Bahrain noch nicht bejubeln. Die bisher beste Platzierung für die Truppe aus Woking fuhr Lewis Hamilton mit dem zweiten Rang 2008 heraus. Hinzu kommen drei dritte Plätze, die auf das Konto von Kimi Räikkönen (2005, 2006) und erneut Hamilton (2010) gehen.

Fernando Alonso in Bahrain: Mit drei Erfolgen ist Fernando Alonso der Rekordsieger im Golfstaat. Der Spanier gewann das Rennen in seinen Weltmeisterjahren 2005 und 2006 und fügte 2010 einen weiteren Erfolg hinzu. Bei seinen bislang elf Teilnahmen schaffte Alonso mit Ausnahme des Vorjahres, als er Elfer wurde, jedes Mal den Sprung in die Top-10.

Jenson Button in Bahrain: Jenson Button machte auf dem Bahrain International Circuit bislang gemischte Erfahrungen. Einem Sieg im Brawn-Boliden (2009) und einem dritten Rang für BAR-Honda (2004) stehen sechs Rennen gegenüber, in denen er das Ziel nicht erreichte. In Diensten von McLaren konnte Button in Bahrain noch keine Bäume ausreißen. Sein bestes Ergebnis ist ein siebter Platz im Jahr 2010.

Damals noch in Ferrari-Farben: Fernando Alonso ist mit drei Erfolgen Rekordsieger in Bahrain, Foto: Sutton
Damals noch in Ferrari-Farben: Fernando Alonso ist mit drei Erfolgen Rekordsieger in Bahrain, Foto: Sutton

Die Prognose: Punkte fast in Reichweite

  • Melbourne hat wahres Potential kaschiert
  • Konkurrenz dennoch leicht voraus
  • Ideales Wochenende und Pech der Gegner kann Top-10 ermöglichen
  • Aber: Wie fit ist Alonso wirklich?

Motorsport-Magazin.com meint: McLaren wird sich in Bahrain noch strecken müssen, um ein Punkteresultat zu erzielen. Der Power Unit von Honda fehlt es im Vergleich mit der Konkurrenz noch immer zu sehr an Leistung. Das werden Alonso und Button auf den vier langen Geraden zu spüren bekommen. Dennoch kann das Team bei einem im Vergleich zu Australien 'normalen' Wochenende zumindest an der Tür zu den Top-10 anklopfen. Um Einzutreten braucht es jedoch (noch) Fehler der Konkurrenz. Die Fahrbarkeit ist nach großen Problemen bei den Tests zwar schon besser geworden, doch reicht das einfach nicht, um im Infield bereits ausreichend Zeit herauszufahren. (Jonas Fehling)