Nach der Katastrophen-Saison 2014 mit null Punkten war die abgelaufene Saison für Sauber fast schon ein Segen: 36 Punkte in der Konstrukteursweltmeisterschaft, Rang acht noch vor McLaren. Doch der Schein trügt: Sauber hatte 2015 das zweitschlechteste Auto im Feld. 14 der 36 Punkte holten die Schweizer beim Saisonauftakt in Melbourne, wo nur elf Autos die Zielflagge sahen. Die Punkte wurden auf dem Silbertablett serviert, Sauber nutzte diese eine Chance.

Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Sauber C34 kein gutes Auto war. Ähnliche Big-Points gab es kein weiteres Mal in der Saison. Auch mit dem groß angekündigten Update in Singapur wurde es nicht wirklich besser. Abgesehen vom Russland GP konnten die Schweizer nur mit Glück Punkte abstauben. Trotzdem ist Teamchefin Monisha Kaltenborn vor dem Australien GP noch optimistisch. Punkte aus eigener Kraft? "Das haben wir auch letztes Jahr ein paar Mal geschafft, also warum sollten wir es dieses Jahr nicht schaffen?"

Kaltenborn schweigt nach dem Rennen

Sauber Teamchef Monisha Kaltenborn sieht die Situation nicht so dramatisch, Foto: Sutton
Sauber Teamchef Monisha Kaltenborn sieht die Situation nicht so dramatisch, Foto: Sutton

Die Testfahrten - mit verspätetem Debüt des neuen Autos - hatten es eigentlich erahnen lassen. Sauber fuhr in Melbourne unter ferner liefen, konnte sich mit Mühe und Not vor Manor halten. In der Pressemitteilung nach dem Saisonauftakt hat die Teamchefin nichts mehr zu sagen. Die Aussagen der Fahrer müssen reichen. Die sehen das Abschneiden zumindest realistisch schlecht.

Im Qualifying reichte es für Marcus Ericsson und Felipe Nasr immerhin noch zu den schmeichelhaften Plätzen 16 und 17 - weil Red Bull und das neue Haas-Team das Ausscheidungs-Qualifying noch schlechter hinbekamen.

Im Rennen wurden Ericsson und Nasr dann schnell von der Realität eingeholt. Am Start von Pascal Wehrlein überholt, fanden die Sauber-Piloten bis zum ersten Stopp keinen Weg am Manor vorbei. Der Schwede bekam beim Restart nach der Rot-Unterbrechung noch eine Durchfahrtsstrafe aufgebrummt, weil seine Mechaniker nach dem 15-Sekunden-Signal noch am Auto arbeiteten, später musste er den Sauber wegen Vibrationen am linken Hinterrad abstellen.

Große Schritte ohne Geld und Techniker?

Doch auch bei Nasr, dessen Rennen ohne nennenswerte Zwischenfällt verlief, fällt das Fazit nach dem Saisonauftakt bescheiden aus. "Positiv war lediglich, dass wir weitere, wichtige Daten zum C35 gewinnen konnten. Damit werden wir die Analyse im Detail fortsetzen und an unserer Performance arbeiten. Wir müssen den C35 in verschiedenen Bereichen verbessern. Da haben wir eine Menge Arbeit vor uns."

Das Team musste personell federn lassen, Foto: Sutton
Das Team musste personell federn lassen, Foto: Sutton

Ob in Hinwil riesen Schritte gemacht werden können, ist fraglich. Vor der Saison verlies nach mehr als 15 Jahren im Unternehmen der leitende Ingenieur an der Strecke, Giampaolo Dall'Ara das Team in Richtung DTM, unmittelbar vor Saisonbeginn wurde bekannt, dass auch der Technische Direktor Mark Smith Sauber verlässt. Aus persönlichen Gründen, wie offiziell kommuniziert wurde. Smith war erst im vergangenen Jahr zu Sauber gestoßen.

Einen Zusammenhang mit der einmal mehr prekären finanziellen Lage will Teamchefin Kaltenborn partout nicht sehen. "Daraus irgendein Konstrukt herzustellen, entbehrt jeder Grundlage", so die Österreicherin. "Wir werden unsere internen Dinge nicht nach außen tragen und wenn man jetzt die ganzen Dinge so zusammenpackt und versucht, Zusammenhänge herzustellen, stimmt das schlicht nicht."

Bevor Smith zu Sauber kam, hatte das Team auf einen Technischen Direktor verzichtet. Mit Smith kam auch eine neue Struktur, Aufgabe des Technischen Direktors ist es, die einzelnen Bereiche zu einem Gesamtkonstrukt zu formen. Bislang wurde Smith weder ersetzt, noch die Struktur entsprechend angepasst.

Gemeinsam mit den fehlenden finanziellen Mitteln droht Sauber sportlich weiter abzusteigen. Der Kampf gegen McLaren wird in diesem Jahr nicht zu gewinnen sein, Honda hat Fortschritte gemacht. Haas hat bereits bei seinem ersten Rennen gezeigt, dass die Amerikaner keine Spaßtruppe sind. Der realistische Hauptgegner ist in diesem Jahr Manor.

Kaltenborn nimmt Kampf um Platz 10 nicht an

Es ist der Kampf um Platz zehn in der Konstrukteursweltmeisterschaft, der Kampf ums blanke Überleben. In den letzten Jahren war der Unterschied zwischen dem vorletzten und letzten Platz vergleichsweise gering. Es ging um rund 5 Millionen Euro. Weil mit Haas nun ein elftes Team mitfährt, ist der Unterschief zwischen Rang elf und Rang zehn überleben oder sterben.

Die ersten zehn der Konstrukteurs-WM erhalten zu den Performance-orientierten Preisgeldern noch die gleichmäßigen Anteile. Jedes Team erhält dadurch über 40 Millionen Euro. Dazu kommen mindestens 15 Millionen für Platz zehn. Macht insgesamt rund 55 Millionen. Der Elfte wird mit rund 10 Millionen abgespeist. Das reicht nicht einmal dafür, die Motoren eine Saison lang zu leasen. Kaltenborn aber will davon nichts wissen. "Sauber denkt nicht an Platz elf." Für die Moral ist das wohl auch besser.