Zyniker würden wohl sagen, die Formel 1 hatte schon vor dem Rennen am Sonntag in Australien ihr Highlight. Am Samstag debütierte das neue Qualifying-Format und scheiterte bei der Premiere spektakulär. Anschließend gab es kaum jemanden, der dem Format etwas Gutes abgewinnen konnte. Doch während im Nachhinein jeder darüber schimpfen kann, mussten die Kommentatoren das ganze Desaster live verfolgen.

Etwas kommentieren, das offenbar nicht einmal alle Teams verstanden haben? Dazu noch lange Zeit ohne grafische Unterstützung? Kein einfacher Job. Motorsport-Magazin.com wollte von RTL-Kommentator Heiko Wasser, Sky-Kommentator Sascha Roos und ORF-Kommentator Ernst Hausleitner wissen, wie sie das wahrscheinlich einmalige Knock-Out-Qualifying der Formel-1-Geschichte erlebt haben.

"Wir hatten uns schon darauf eingestellt, dass es schwierig werden würde", blickt Hausleitner zurück. "Nicht nur, das Ganze zu kommentieren, sondern schon das Format an sich." Das finale Reglement bekamen die Kommentatoren auch nicht früher zu sehen, als die Öffentlichkeit. Relativ knapp, um sich perfekt auf den Saisonstart vorzubereiten.

"Auch die Tatsache, wie sich das Ganze im Vorfeld abgespielt hat, war unglücklich - wenn man es höflich formuliert", meint Hausleitner. Einmal hieß es, das neue Qualifying-Format wird doch nicht kommen, einmal hieß es, Q3 würde noch nach dem alten System gefahren. Am Ende kam das komplett neue Knock-Out-System in allen Abschnitten.

Heiko Wasser: Anderes Kommentieren

"Wir haben schon im Vorhinein gesagt, dass wir anders kommentieren müssen als früher", erinnert sich RTL-Kommentator Heiko Wasser an seine Vorbereitung. "Wir kümmern uns plötzlich nicht mehr um die schnellsten, sondern um die langsamsten."

"Dabei haben wir uns bei der Vorbereitung etwas blauäugig auf Grafiken verlassen, auf versprochene Hilfsmittel", bedauert Wasser. Doch die kamen nicht. Charlie Whiting höchstpersönlich kündigte am Freitag noch Infografiken an, die das Knock-Out-Qualifying verständlich machen würden.

Doch zu Beginn von Q1 war davon wenig zu sehen. "Die Zeiten waren mal weg, mal waren sie da, mal waren sie falsch", erinnert sich Sky-Kommentator Sascha Roos. Erst im Verlauf von Q1 wurde der 90-Sekunden-Countdown im TV-Bild angezeigt - nachdem schon einige Fahrer ausgeschieden waren. Roos hatte sich zuvor schon einen Notfallplan ausgearbeitet: "Ich hatte aufgeschrieben, ab welcher Zeit einer rausfällt. Insofern war ich nicht so sehr auf die Uhr angewiesen."

Augen auf dem Zeitenmonitor statt auf TV-Bild

Doch auch mit Einblendungen war es für die Kommentatoren schwierig, das Geschehen auf der Strecke richtig wiederzugeben. "Wir haben alles anders gemacht als normal. Wir haben nicht mehr auf die Action geachtet, nicht mehr auf Quersteher und schnelle Fahrten. Wir haben nur noch auf diese Grafiken, die dann ja irgendwann mal kamen, und auf den Zeitenmonitor geachtet", schildert Wasser das Geschehen in der RTL-Kabine.

"Jetzt hatten wir noch das Riesenglück, dass nicht so viel passiert ist", resümiert der RTL-Kommentator. "Man stelle sich bei diesem Format ein spektakuläres Qualifying vor: Wir haben dann diese runterlaufende Uhr, konzentrieren uns nur darauf, ob Fahrer XY rausfliegt, zählen den Countdown runter und dann passiert an einer anderen Stelle der Strecke ein Unfall, ein Dreher, irgendein großer Fehler und die Regie schaltet um und Du bist ganz woanders. Was machst Du dann?"

Ähnlich ging es auch in der Sky-Kommentatorenkabine zu. "Wir können natürlich nicht nur auf die Zeiten schauen", erklärt Roos. "Wir müssen auch schildern, was gerade passiert. Das heißt wir mussten ständig zwischen der Zeit und dem Bildschirm hin und herschwenken. Das machst Du normalerweise auch, aber da war es halt viel extremer. Wir wussten dann auch nicht genau, auf was man sich jetzt konzentrieren muss, aber es ging schon."

ORF-Mann Ernst Hausleitner sieht das Problem gar nicht so sehr auf Kommentatoren-Seite: "Wir dürfen nicht nur an uns denken: Wir sind Experten und dafür da, uns 365 Tage im Jahr mit der Materie auseinanderzusetzen. Aber man darf von einem Zuschauer zu Hause eine solche Konzentration und Aufmerksamkeit nicht erwarten. Der soll Freude daran haben, dass möglichst der Schnellste vorne steht und der weniger Schnelle nicht vorne steht."

Regie ebenfalls überfordert

Dafür soll eigentlich die Regie sorgen - doch auch die schien bei der Premiere des neuen Qualifying-Formates überfordert. "Ich will den Regisseur gar nicht verurteilen, aber der lag oft falsch. Oft wurde da Autos gezeigt, die nur nach Hause gecruist sind", meint Hausleitner.

Ähnlich erging es auch Roos: "Die Regie war komplett überfordert, sie haben immer Autos gezeigt, die eigentlich schon raus waren und keine Chance mehr hatten. Sie waren immer zu spät. Das ist natürlich auch verwirrend und schwierig für uns. Du denkst dann immer: Eigentlich müsste es doch anders sein, aber im Bild ist jetzt der. Was soll jetzt das?"

Heiko Wasser will die Schuld aber nicht nur bei den anderen suchen: "Ich bin ehrlich genug, um zu sagen, dass das keine absolut tolle Leistung von uns war. Trotz aller Vorbereitungen haben wir ein, zwei Sachen übersehen, haben uns ein, zweimal von den fehlenden Grafiken ins Boxhorn jagen lassen. So selbstkritisch müssen wir einfach sein. Es war nicht perfekt. Ich glaube nicht, dass wir den Zuschauer wirklich komplett glücklich gemacht haben. Dafür war es einfach zu kompliziert."

Allzu sehr müssen sich die drei aber nicht daran gewöhnen, das Qualifying mehr mit dem Zeitenmonitor, als mit dem Weltbild kommentieren zu müssen. Schon beim nächsten Rennen in Bahrain kehrt die Formel 1 zum alten Format zurück. Die drei TV-Kommentatoren sind darüber nicht besonders traurig.