Fangen wir einmal mit Qualifying-Format an. Sind Sie bei allem mitgekommen?
Dr. Helmut Marko: Nein, wir haben uns im ersten Quali-Segement schon einmal in die Irre leiten lassen. Wenn der Fahrer ein bisschen langsamer rein kommt und wir draußen den Boxenstopp draußen machen müssen, geht es um Sekunden. Ob das neue Format notwendig ist? Also, das ganze Qualifying ist eigentlich zum Schmeißen. Man sollte das sofort wieder ändern. Wenn zum Schluss Rosberg nicht mehr attackiert, dann fährt niemand.

Können Sie sich vorstellen, dass am Fernseher die Leute das nicht einmal verstehen, was da passiert?
Dr. Helmut Marko: Ja, und warum man nicht ein zweites Mal heraus fährt, so wie bei Ricciardo. Gut, wir sind aus den ersten Vier herausgefallen. Aber wir haben es dann sowieso vorgezogen, einen Reifensatz für das Rennen aufzusparen, weil das taktisch klüger ist. Aber das bekommt dann kein Zuschauer mit. Das ganze Format passt nicht. Zum Schluss, wo die Spannung immer am höchsten gewesen ist, ist Fadesse.

Sollte man zum alten Format zurückkehren oder das neue anpassen?
Dr. Helmut Marko: Wir sollten sofort zurück zum alten Format. Es hat ja funktioniert. Es war gut. Und das, was man erreichen wollte - nämlich, dass Mercedes in irgend einer Weise bestraft wird - ist voll in die Hose gegangen. Sie haben das stärkste Auto. Sie brauchen in Q1 nur einen Reifensatz. Alle anderen haben bis zu drei Reifensätze verwenden müssen. Wenn, dann sollte man ihnen ein Gewichtshandicap geben. Aber das ist ja auch nicht im Sinne des Sports.

Aber dass man zumindest noch ein, zwei Qualifyings abwartet?
Dr. Helmut Marko: Nein, das ändert sich dann ja auch nicht. Diese Fadesse wird bleiben. Es ist vom Konzept her schon falsch.

Bei einem Piloten hat man sich bei Red Bull verpokert. Lichtblick ist aber auf jeden Fall Toro Rosso - vor allem Max Verstappen.
Dr. Helmut Marko: Er war gut. Aber auch Sainz war gut. Das haben wir auch erwartet. Das Auto ist gut und sie sind mit dem Ferrari-Motor PS-mäßig sehr gut unterwegs. Und im Mittelfeld ist es sehr knapp. Da ging es um Zehntel oder Hundertstel. Der letzte Run von Ricciardo war nicht optimal.

Hätten Sie sich von der Red Bull-Performance insgesamt etwas mehr erhofft, besonders hier, wo es nicht so sehr auf Power ankommt?
Dr. Helmut Marko: Das Maximum wäre der fünfte Platz gewesen. Wir hätten Verstappen und den einen Williams schlagen können.

Wir ist Ihr Eindruck vom Kräfteverhältnis insgesamt? War der Abstand von Mercedes zu Ferrari so wie prognostiziert?
Dr. Helmut Marko: Es war so, wie wir es prognostiziert beziehungsweise intern errechnet haben. Wobei wir immer noch nicht wissen, ob Mercedes mit voller Leistung gefahren ist.

Was ist denn Ihr prognostizierter Abstand zu Mercedes?
Dr. Helmut Marko: So, wie es aussieht, ist es mindestens eine halbe Sekunde zu Ferrari. Und der Rest des Feldes ist über eine Sekunde hinten.

Gegen Mercedes ist wieder kein Kraut gewachsen, Foto: Sutton
Gegen Mercedes ist wieder kein Kraut gewachsen, Foto: Sutton

Glauben Sie, dass sich morgen an der Performance etwas ändern wird oder wird die Rennperformance ähnlich aussehen wie im Qualifying?
Dr. Helmut Marko: An der Spitze ändert sich überhaupt nichts. Ab Platz vier wird es spannend. Da kommt es darauf an, wie der Reifenverschleiß ist, wer wie viele neue Reifen zur Verfügung hat, wie die Strategien aussehen und die Boxenstopps ablaufen werden. Das wird das einzig spannende am morgigen Rennen.

Haben Sie Angst, dass die beiden Toro Rosso-Piloten und Ricciardo Probleme mit der Strategie haben werden, weil sie auf gebrauchten Supersoft-Reifen losfahren müssen, wohingegen die Fahrer dahinter den Reifentyp aussuchen können? Daher ist ein früher erster Stopp wahrscheinlich und sie bleiben im Verkehr hängen.
Dr. Helmut Marko: Das werden wir uns jetzt genau anschauen. Aber im Nachhinein wäre es natürlich besser gewesen, Neunter zu werden. Nur, in der Dichte kannst du schnell auch 14. werden, wenn du Platz neun anpeilst. Ricciardo hätte genauso gut Fünfter sein können. Das wäre möglich gewesen. Dann hätte das schon anders ausgesehen.