Für Pascal Wehrlein beginnt am Sonntag beim Großen Preis von Australien ein neues Kapitel seiner Karriere. Der 21-jährige Deutsche startet in Melbourne in sein erstes Formel-1-Rennen. Doch wer glaubt, Wehrlein ist vor seiner Königsklassen-Premiere nervös, der irrt gewaltig. Beim Manor-Piloten regiert die Gelassenheit.

"Um ehrlich zu sein, war ich vor dem ersten DTM-Rennen aufgeregter beziehungsweise es war ein anderes Gefühl", gibt Wehrlein, der sich im Vorjahr zum jüngsten Champion der Tourenwagenserie krönte, zu. Hauptverantwortlich für diesen Umstand sei die gute Vorbereitung, die er in den letzten Jahren in der DTM genossen habe. "Ich bin gar nicht aufgeregt, um ehrlich zu sein. Klar, ich werde noch viel lernen müssen, es kommen viele neue Dinge auf mich zu, aber ich fühle mich gut vorbereitet, obwohl ich noch keinen einzigen Grand Prix gefahren bin", gibt Wehrlein selbstbewusst zu Protokoll.

McLaren und Renault auf Wehrleins Liste

Zufrieden mit seinem Debüt wäre Wehrlein bereits, wenn es ihm gelingen würde, den Australien GP zu beenden. Sollte Manor darüber hinaus auch noch in der Lage sein, mit anderen Teams mitzuhalten, was in der vergangenen Saison nicht der Fall war, würde das die ohnehin schon gute Laune des Rookies nur weiter heben. Wie sich das Kräfteverhältnis genau darstellt, weiß Wehrlein allerdings selbst noch nicht. "Wenn wir noch ein Stück weg sind, dann schätzen wir, nicht viel. Aber es ist immer schwierig, eine Prognose zu machen", betont er gegenüber Motorsport-Magazin.com.

Manor erhofft sich einen großen Sprung nach vorne, Foto: Sutton
Manor erhofft sich einen großen Sprung nach vorne, Foto: Sutton

Insgeheim hegt Wehrlein die Hoffnung, es bereits beim Saisonauftakt mit einigen anderen Rennställen aufnehmen zu können. Sauber, Renault, Haas und auch das nach wie vor schwächelnde McLaren-Honda stehen auf seiner Liste. Neben dem starken Mercedes-Motor, der nun im Heck des Manor-Boliden steckt, soll dazu unter anderem ein neuer Frontflügel seinen Beitrag leisten.

Wehrlein kein Freund des Simulators

Dass Wehrleins Premiere ausgerechnet im Albert Park zu Melbourne und damit auf keiner permanenten Rennstrecke stattfindet, kommt dem Deutschen ausgesprochen gelegen. "Ich fahre super gerne auf Stadtkursen", verrät er und fügt an, sich am Sonntag über Regen freuen zu würden. Dieser Wunsch wird Wehrlein zwar voraussichtlich verwehrt bleiben, am Freitag und Samstag könnte der Himmel aber in der Tat seine Schleusen öffnen.

Den Kurs selbst kennt Wehrlein bislang lediglich aus dem Mercedes-Simulator, doch auf diese Eindrücke gibt der Formel-1-Neuling ohnehin nicht allzu viel. "Man weiß, wie die Strecke funktioniert, aber man kann sich nicht darauf vorbereiten, weil das Auto und die Strecke in der Realität anders sind", weist er auf die Tücken der Simulation hin. "Deswegen mag ich es eigentlich nicht so, wenn man sagt, man hat sich darauf vorbereitet, denn man kann sich auf die Realität nicht vorbereiten. In der Realität sieht alles noch einmal anders als im Fernsehen aus."

Obwohl noch nicht ganz klar ist, wo Manor im Vergleich mit der Konkurrenz steht, Wehrlein wird sich vorerst darauf einstellen müssen, im Hinterfeld zu kämpfen. Für den seit jeher erfolgsverwöhnten Piloten eine veritable Umstellung. "Es ist ein anderes Gefühl, aber trotzdem hat man die Chance, sein Bestmögliches zu geben und das Maximum herauszuholen", betont er. "Wenn ich im Rennen 15. oder 18. werde, muss das nicht heißen, dass die Leistung schlecht war, sondern das war vielleicht Maximum und damit muss man dann zufrieden sein." Überrundungen habe er im Simulator jedenfalls nicht geübt, fügt der 21-Jährige schelmisch lächelnd an.

Manor mit konservativer Reifenwahl

Was Manor von den anderen Teams unterscheidet, ist die Reifenwahl für Melbourne. Als einziger Rennstall wählte Manor vier Sätze der Medium-Reifen für den Saisonauftakt. Alle anderen Teams entschlossen sich für eine geringere Anzahl der härtesten für Down Unter nominierten Mischung. Eine Entscheidung, die allerdings bereits im Dezember fiel, und in die Wehrlein folglich gar nicht involviert war, da er erst nach dem Jahreswechsel zum Team stieß. "Es gibt Autos, die haben von Haus aus weniger Reifenabbau als wir, weswegen wir etwas konservativer sein müssen - gerade beim ersten Rennen", erklärt er die Herangehensweise. "Aber das kann sich während der Saison auch ändern."

Egal, welche Reifenmischung sich am Auto befindet, im Rennen muss zumindest ein Wechsel vollzogen werden, um dem Reglement Genüge zu tun. Und diesbezüglich gibt es bei Manor noch einigen Nachholbedarf, denn im Zuge der Testfahrten kam das Team nicht dazu, Boxenstopps zu proben. "Die werden wir in den Freien Trainings üben", kündigt Wehrlein jedoch an, wohlwissend, dass es gewisse Unterschiede zur DTM gibt. "Aber zwei, drei Mal üben, dann passt es schon."

Wehrlein schon die Nummer 1 bei Manor

Pascal Wehrlein und sein Teamkollege Rio Haryanto, Foto: Motorsport-Magazin.com
Pascal Wehrlein und sein Teamkollege Rio Haryanto, Foto: Motorsport-Magazin.com

Wie Wehrlein ist auch sein Teamkollege Rio Haryanto ein Neuling in der Formel 1. Dennoch scheinen die Claims innerhalb des Team relativ klar abgesteckt, schließlich fährt der Indonesier, der zwei Jahre älter als Wehrlein ist, in erster Linie seiner üppigen Mitgift wegen in der Königsklasse, und nicht etwa, weil er bislang sportlich für Schlagzeilen sorgte.

Daher gilt Wehrlein, noch bevor ein Rennen absolviert wurde, bereits als Nummer eins im Team. Ein Umstand, der dem Mercedes-Junior durchaus behagt. "Ich sage nicht, dass ich in der Situation bin, denn ich bin noch kein einziges Rennen gefahren, aber wenn es so ist, gefällt mir die Situation, und ich werde alles geben, damit es so bleibt", hat er nicht vor, die Leader-Rolle abzugeben. Schließlich soll das Engagement bei Manor nur der erste Schritt auf der Karriereleiter sein, die bis zum Weltmeistertitel mit Mercedes führt.