Force India hat für 2016 große Ziele und plant, direkt beim ersten Rennen zu überraschen. Der Australien GP, den in den vergangenen sechs Jahren sechs verschiedene Piloten gewannen, erscheint dem Rennstall als geeignete Gelegenheit für einen Coup. Die vergangene Saison lief gut, die Testfahrten in Barcelona ebenso und Nico Hülkenberg hat inzwischen sogar mit der - von ihm früher ungeliebten - Strecke in Melbourne seinen Frieden gemacht.

Die Neuerungen: (Fast) alles beim Alten

Man musste schon sehr genau hinschauen, um bei der Präsentation des neuen Autos Unterschiede zum Vorgänger zu finden. Da sich der Bolide bei den Tests in Barcelona gut und zuverlässig präsentierte, ist auch jetzt nicht mehr mit weiteren Veränderungen zu rechnen. Allein ein Update bei der Aerodynamik war bis zum ersten Rennen noch geplant. Im Prinzip geht Force India aber in Melbourne mit jenem Chassis an den Start, das nach einer Weiterentwicklung im vergangenen Sommer konstant in die Punkte fuhr. In Sachen Motor hat Lieferant Mercedes dieselbe Spezifikation versprochen, mit der auch die Silberpfeile in Australien unterwegs sein werden.

Die Erwartungen: Träumen vom Podium

Sergio Perez schürt vor dem Saisonauftakt die Erwartungen mit der Aussage, dass man im Vergleich zum starken letzten Jahr "einen Schritt vorwärts gemacht" habe. 2015 erreichte Force India immerhin Platz fünf der Konkstrukteurswertung und konnte einen Podiumsplatz feiern. Was Australien angeht, hat sich Nico Hülkenberg inzwischen mit dem Albert Park Circuit angefreundet. "Melbourne war mal meine Unglücks-Strecke, aber das ist vorbei, denn ich habe in den letzten beiden Jahren hier gepunktet. Sektor zwei ist mein Highlight", so der Deutsche. Vielsagend fügte er an, dass der Kurs oft für Überraschungen gut sei.

Ganz ähnlich drückt es Teamchef Mallya aus: "Melbourne hat immer Unvorhergesehenes zu bieten." Auch er verweist noch einmal auf die gute Saisonvorbereitung. Im vergangenen Jahr verpasste der Rennstall noch den ersten Teil der Testfahrten. Ganz anders 2016: "Das Testen verlief weitgehend nach Plan. Wir konnten etwa 4000 Kilometer fahren und das Auto zeigte eine gute Zuverlässigkeit. Der Status Quo scheint derselbe zu sein wie in der zweiten Saisonhälfte 2015", bilanziert Mallya zufrieden.

Hülkenberg hatte in der Woche nach Barcelona sogar davon gesprochen, in diesem Jahr Williams als dritte Kraft ablösen zu wollen. Mischt man dieses Selbstbewusstsein mit den getätigten Andeutungen zu Melbourne, dann lässt sich davon der Glaube an ein sehr starkes Ergebnis zum Auftakt ableiten. Insgeheim sieht das Team wohl sogar die Gelegenheit für einen erneuten Podiumsplatz gekommen. Vor allem Hülkenberg, der in einem F1-Rennen noch nie unter die ersten drei kam, dürfte davon träumen.

Die Statistik: Force India beim Australien GP

SiegePolesSchn. RundenPodiumPunktekm geführt
Force India 0 000 3858
Nico Hülkenberg 0 000 140
Sergio Perez 0 000 60

Force India in Melbourne: Zwar kam das Mallyas Team im Albert Park noch nie in der Nähe der Podestplätze, Punkte sprangen für Force India in den letzten Jahren aber zumeist heraus. Das beste Ergebnis stammt aus der Saison 2014, als Nico Hülkenberg zum Auftakt Sechster wurde.

Nico Hülkenberg in Melbourne: Der Emmericher kommt zum fünften Mal in seiner Formel-1-Karriere als Einsatzpilot nach Melbourne. Anfänglich war Down Under für ihn wahrlich keine Reise wert: Bei den ersten beiden Starts schied Hülkenberg nach Kollisionen bereits in der ersten Runde aus, wohingegen er 2013 gar nicht erst an den Start gehen konnte, da sich Sauber dazu entschied, den Wagen aufgrund einer Störung im Benzinsystem zurückzuziehen. 2014 gelang es Hülkenberg dann aber endlich, das Pech abzuschütteln; er überquerte die Ziellinie als Sechster. Im Vorjahr machte der Deutsche als Siebter ebenfalls Punkte.

Nico Hülkenberg würde gerne mal nach dem Rennen Champagner verspritzen, Foto: Sutton
Nico Hülkenberg würde gerne mal nach dem Rennen Champagner verspritzen, Foto: Sutton

Sergio Perez in Melbourne: Das Australien-Debüt von Sergio Perez verlief 2011 extrem enttäuschend, denn der Mexikaner wurde in Diensten von Sauber als Siebter wegen eines nicht regelkonformen Heckflügels disqualifiziert. Im Jahr darauf erreichte Perez als Achter erstmalig die Punkteränge, während er diese 2013 um eine Position verpasste. In den vergangenen beiden Jahren holte der Mexikaner als Zehnter jeweils einen Zähler.

Die Prognose: Der Coup scheint möglich

  • Force India zeigt derzeit großes Selbstbewusstsein
  • Die Technik scheint zu passen
  • Hülkenberg hat sich mit der Strecke angefreundet
  • Die internen Erwartungen sind groß

Motorsport-Magazin.com meint: Bei Force India träumt man zum Saisonbeginn offenbar von einer Überraschung. Die Vorzeichen scheinen positiv. Die Vorbereitung für den Auftakt verlief gut. Nico Hülkenberg will so schnell wie möglich den Makel der "Podestlosigkeit" abstreifen. Doch noch gibt es in der Rechnung für den Australien GP viele Unbekannte. Wer hat bei den Tests schon alles gezeigt und wer kann in Melbourne noch zulegen? Der Konkurrenzkampf hinter den beiden Spitzenteams ist offen wie nie. Renault, Haas, und Toro Rosso haben größere (Re-)Formprozesse hinter sich als das Force-India-Team, das sich einer gewissen Konstanz in Personal, Technik und Leistung rühmen kann. Wie stark die Konkurrenz zum Auftakt ist, lässt sich daher schwer einschätzen. Die Chance von Hülkenberg und Perez dürfte am Sonntag vor allem darin bestehen, dass sich die anderen Rennställe zunächst noch einspielen müssen. (Matthias Schwerdtfeger)