Alle guten Dinge sind drei, heißt es so schön. Doch ob für Mercedes 2016 der Traum vom Titel-Triple tatsächlich wahr wird, steht noch in den Sternen. Oder in einem berühmten Pferdestall in Maranello. Ferrari bläst nach einem diesmal geordneten Winter zum Angriff auf das dominierende Team der vergangenen Jahre. Spätestens seit den Bestzeiten der Roten bei den Testfahrten schrillen bei den Silberpfeilen die Alarmglocken.

"Ferrari ist sehr, sehr nahe dran, das zeigen sie jeden Tag. Deswegen müssen wir gucken, dass wir alles rausholen aus dem Auto, um vorne zu bleiben", warnt Nico Rosberg. "Es gibt keinen Vorsprung", sagt Lewis Hamilton. "Ich denke, dass Ferrari eine Bedrohung für uns sein wird", ergänzt Niki Lauda. Ins Zittern vor Angst verfällt zwischen Stuttgart und Brackley deshalb aber niemand. Der eigenen Stärke ist man sich durchaus bewusst. Allen voran der Weltmeister. "Das Auto fühlt sich stark an, ich denke, wir werden gut unterwegs sein", sagt Hamilton.

Das Team: Mercedes hält alle Top-Leute

Neu im Team:

  • Manor Racing als neuer Motorenkunde
  • Pure Storage als neuer Partner für Datenverarbeitung

Nicht mehr im Team:

  • Motorenkunde Lotus wechselte/wurde zu Renault

Bei Mercedes bleibt 2016 das Weltmeisterteam der beiden Vorjahre komplett. Aufsichtsratschef Niki Lauda, Motorsportchef Toto Wolff, Technikchef Paddy Lowe und Power-Unit-Guru Andy Cowell sollen den Rennstall erneut zum großen Triumph führen. Selbst Pascal Wehrlein bleibt den Silberpfeilen trotz seines Renncockpits beim neuen Mercedes-Motorenkunden Manor Racing als Test- und Simulatorfahrer erhalten. Lotus wird unterdessen schon nach einem Jahr nicht mehr beliefert. Das Team aus Enstone wurde durch Renault übernommen und zum Werksteam umfunktioniert - entsprechend ausgestattet mit hauseigenen Aggregaten.

Das Auto: Duracell-Hase Mercedes F1 W07 Hybrid

Kugelsicher. Duracell-Hase. Marathon-Läufer. Kein Auto schmückten die Medien bei den Testfahrten mit mehr schmeichelnden Titeln als den neuen Mercedes Silberpfeil F1 W07 Hybrid. Ohne jede Übertreibung: Trotz mehr als 20 abgespulten Renndistanzen an den acht Testtagen , dem bewussten Versuch, die Technik über die Grenzen der Haltbarkeit zu treiben, wollte der W07 einfach nicht kollabieren. Ein kleines Getriebeproblem am letzten Testtag bleibt als einziger nennenswerter Zwischenfall nach 6000 Testkilometern in Erinnerung. Darauf, Schwächen und Ausfälle der Silberpfeile gnadenlos zu nutzen, sollte die Konkurrenz also lieber nicht hoffen.

Bleibt die Performance. Hier spielte Mercedes in Barcelona mit verdeckten Karten. Keine Zeit auf dem neuen ultrasoften Reifen legte Mercedes hin. Nicht einmal den Supersoft setzten die Weltmeister ein. Dennoch wird der Mercedes über die Winterpause alles andere als langsamer geworden sein. Wenigstens Indizien dafür lieferten die Testfahrten schließlich doch. In den Bestzeiten-Listen auf der Soft-Mischung rangierte Mercedes im Hundertstel-Bereich auf Augenhöhe mit Ferrari. Auf den Longruns der Rennsimulationen zeigte sich ein sehr ähnliches Bild. Der F1 W07 Hybrid ist also auch 2016 die Krone der F1-Schöpfung, allerdings könnte er sie sich mit dem Ferrari SF16-h teilen müssen.

Aus technischer Sicht hat sich bei Mercedes trotz konstanten Reglements im Vergleich mit den anderen Teams in der Winterpause noch mit am meisten getan. Besonders auffällig sind schon allein optisch gleich mehrere Neuerungen. Zunächst die riesige Airbox und die parallel geschrumpften Seitenkästen. Mercedes verspricht sich aerodynamische Vorteile durch diese Verlagerung der Power-Unit-Kühlung. Dann die deutlich filigraneren Bardge-Boards am zweiten Testtag.

Und schließlich die Revolution Ende der ersten Testwoche: eine neue Nase samt clever durchdachtem S-Schacht. Die Öffnung an der Unterseite erinnert an ein aufgerissenes Hai-Maul. Doch viel spannender ist der breite Auslass. Den hat Mercedes soweit nach hinten gelegt, dass die Luft erst nach dem Knick auf der Nase austritt - so lässt sich die Strömung über das Chassis wesentlich besser kontrollieren.

Die Fahrer: Hamilton vs. Rosberg 3.0

Geht der Krieg der Sterne in die dritte Runde? Möglich, aber wegen der erwarteten Stärke Ferraris könnte das rein teaminterne Duell bei Mercedes 2016 genauso gut ausfallen. Angesichts der drohenden roten Attacke könnte Mercedes sich gezwungen sehen, von der bisher erfolgreichen - und akribisch verfolgten - Linie absoluter Gleichbehandlung abzuweichen und auf einen seiner Piloten zu setzen. Entsprechend werden Lewis Hamilton und Nico Rosberg alles dafür geben, gleich zum Saisonstart ihre Maximal-Form abzurufen, um sich, falls nötig, durch das größere Punktekonto als Nummer eins im Team zu bewerben.

Passend dazu hat Toto Wolff gerade frisch verkündet, die teaminternen Regeln deutlich zu lockern. Rosberg und Hamilton sollen frei gegeneinander Rennen fahren.

Seine formidable Spätform der vergangenen Saison sollte Rosberg dazu also idealerweise über den Winter gerettet haben. Bei den Testfahrten verzichtete Mercedes auf jegliche Performance-Runs mit den weicheren Reifen, sodass sich hier keine ersten Rückschlüsse ziehen lassen. Einzig eine Kleinigkeit fiel in Barcelona auf: Wenn denn mal jemand klagte, war es Hamilton, nicht Rosberg. Auch wenn er mit seiner Kritik natürlich weniger auf den Silberpfeil als die neue Reifengeneration Pirellis zielte. Obendrein könnten die möglicherweise härter ausgelegten Funk-Beschränkungen Rosberg im Duell mit Hamilton mehr in die Karten spielen ...

Lewis HamiltonNico Rosberg
Runden656638
Kilometer3.0542.970
Bestzeit1:23.6221:23.022
ReifenSoftSoft
Durchschnittszeit Rennsimulation1:29.0701:29.337

Die Ziele: Erneute Titelverteidigung

Saisonziel: #wontriple

Redaktionskommentar: Der Weg zum Titel wird 2016 zum dritten Mal in Folge nur über Mercedes führen. Daran besteht kein Zweifel. Der F1 W07 ist zuverlässiger als jedes andere Auto. Das haben die Testfahrten erwiesen. Auch die Rennsimulationen legen nahe, dass zumindest ein kleiner Vorteil gegenüber dem Hauptkonkurrenten Ferrari geblieben ist. Vielleicht vermag die Scuderia, auf Augenhöhe zu gelangen. Doch die Standfestigkeit wird am Ende den Ausschlag pro Mercedes geben.

Pro:

  • Extreme Laufleistung bei den Testfahrten
  • Starke Rennsimulationen
  • Ausgereifte und bewährte Technik weiter optimiert
  • Rosberg scheint endlich den Killerinstinkt entdeckt haben ...

Contra:

  • Ist Lewis Hamilton nach drei Titeln noch 100 Prozent motiviert?
  • Ferrari ist wieder näher gekommen, wenn nicht auf Augenhöhe
  • Entwicklungskurve verflacht allmählich
  • Ferrari könnte vom teaminternen Mercedes-Duell profitieren

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