Testfahrten waren noch nie die Spezialität von Manor. Entweder das Team, welches früher unter den Namen Virgin und Marussia firmierte, nahm gar nicht teil, oder man konnte aufgrund vieler technischer Probleme nur eine Handvoll Runden absolvieren. Das ist 2016 anders. Zwar spult Manor in Barcelona keine Marathon-Fahrten wie Mercedes ab, doch das kleine Team arbeitet sich beständig durch sein Programm und hatte bislang mit vergleichsweise wenig technischen Schwierigkeiten zu kämpfen.

Am Mittwoch saß zum ersten Mal in der zweiten Testwoche Pascal Wehrlein im MRT05 und umkreiste den Circuit de Catalunya 79 Mal. Am Ende des Tages stand für den jungen Deutschen der zehnte Platz mit 3,8 Sekunden Rückstand auf die Bestzeit von Valtteri Bottas zu Buche. "Es war ein guter Tag", resümierte Wehrlein anschließend.

Wehrlein für Melbourne bereit

Zwei Testtage stehen in Barcelona noch auf dem Programm, um die Form für den Saisonauftakt in Melbourne zu finden. "Ich fühle mich immer bereit", gab Wehrlein selbstbewusst zu Protokoll. Bereit soll in Australien auch das Auto sein - und dieses wird noch das eine oder andere neue Teil verpasst bekommen. "Es wird definitiv noch mehr Performance kommen", versicherte Wehrlein auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com.

Für Manor ist das keine Selbstverständlichkeit. Im vergangenen Jahr wurde so gut wie gar keine Weiterentwicklung betrieben, da man ohnehin nur mit einem adaptierten 2014er-Boliden antrat. Doch mit dem Wechsel zu Mercedes-Motoren und der neuen Teamführung haben sich die Ansprüche deutlich gesteigert. "Das erste Ziel ist, den Rückstand, den wir letztes Jahr hatten, aufzuholen, und uns dann zu verbessern", gibt Wehrlein die Marschroute für den Saisonstart vor, ohne sich aber genau festlegen zu wollen, wo Manor momentan steht.

Sind für Manor die Zeiten als Hinterherfahrer vorbei?, Foto: Sutton
Sind für Manor die Zeiten als Hinterherfahrer vorbei?, Foto: Sutton

Wehrlein auf dem Weg zum Teamleader?

Doch nicht nur wo Manor steht, ist interessant, sondern auch Wehrleins Rolle selbst. Wie sein Teamkollege Rio Haryanto ist der 21-Jährige ein Rookie, verfügt aufgrund seiner Einsätze als Mercedes-Testpilot aber über ungleich mehr Erfahrung als der Indonesier, der mit mäßigem Erfolg mehrere Jahre in der GP2 verbrachte und in erster Linie aufgrund reichhaltiger Sponsorengelder den Sprung in die Königsklasse schaffte.

"Ich weiß nicht, ob ich der Teamleader bin oder nicht, aber ich habe ein gutes Gefühl im Team und arbeite mit den Ingenieuren gut zusammen", gibt sich der jüngste DTM-Champion der Geschichte bescheiden, sieht sich aber jedenfalls als Anführer in seinem ganz persönlichen Team: "Ich muss mit meinen Ingenieuren zusammenarbeiten und muss die Richtung vorgeben, was ich brauche, um schneller zu sein."

Wer sich letztlich zum Teamleader mausert, wird zu einem Gutteil von den Leistungen auf der Strecke abhängen. Und diesbezüglich dürfte Wehrlein - bei allem Respekt vor Haryanto - nicht die schlechtesten Karten haben.