Renault war bei den ersten Testfahrten der Saison in Barcelona sozusagen das Last-Minute-Team. Da erst im Dezember der Vertrag zur Übernahme des Lotus-Teams unterzeichnet wurde, war der Zeitplan extrem eng. Wie der neue Teamchef Frederic Vasseur jedoch betonte, war es das erste Ziel des Teams, es zu den Testfahrten zu schaffen. "Wir wissen, dass es eine harte Situation ist. Wir haben das Team sehr spät übernommen und müssen mit der Situation umgehen, ein paar Risiken eingehen", sagte er.

341 Runden bewältigte Renault in Barcelona trotz technischer Probleme. "Wenn man ein mittelfristiges Projekt aufbauen will, muss man sich auf Zuverlässigkeit fokussieren. Es wäre ein großer Fehler, wenn wir versuchen würden, die Performance-Lücke in Barcelona zu schließen", mahnte Vasseur.

Auch die Ziele für den Saisonstart in Australien fallen bescheiden aus. Es spiele keine Rolle, ob Renault auf Platz elf oder auf Rang sieben ins Ziel komme. "Wir haben den Fahrplan von Carlos Ghosn [Renault-CEO] beim Launch erhalten und wir wissen, wo wir hinmüssen. Es ist egal, wo wir starten - wir müssen am Ende das Ziel erreichen", unterstrich Vasseur. "Carlos Ghosn hat uns Ziele für drei und fünf Jahre gesteckt, was ein Luxus ist."

Zuverlässigkeit steht bei Renault an erster Stelle, Foto: Sutton
Zuverlässigkeit steht bei Renault an erster Stelle, Foto: Sutton

Für den Teamchef bedeuten die mittel- bis langfristigen Ziele jedoch nicht, dass er sich 2016 erst einmal bequem zurücklehnen kann. "Ich will nicht, dass wir den einfachen Weg gehen und sagen: 'Wir befinden uns in einem Übergangsjahr und werden es damit verbringen, das Büro neu zu streichen. Und dann sehen wir uns 2017 wieder'", schilderte Vasseur im Interview mit L'Equipe. "Das wäre psychologisch nicht gut. Enstone ist ein Rennteam und wir müssen diesen Kampfgeist behalten, immer die letzte Hundertstel rauszuholen."

Es sei ein emotional wichtiges Erlebnis gewesen, in die Fabrik in Enstone zu kommen und zu sehen, dass die Mitarbeiter eine Verbindung zum Projekt haben. "Als wir das Team übernommen haben und nach Enstone gekommen sind, gab es viele Leute mit den alten Renault-Shirts", erklärte er lachend. Zuletzt ging Renault zwischen 2002 und 2009 als Werksteam an den Start und fuhr zwei Fahrer- und zwei Herstellertitel ein.

In den vergangenen Jahren mangelte es Lotus an finanziellen Ressourcen - diese Zeiten sollen nun ein Ende haben. "Wenn man in der Formel 1 an den Start gehen und die Ziele erreichen will, muss man die Ressourcen in Korrelation zum Ziel anpassen. Wir werden ein gutes Budget haben", kündigte Vasseur an. Daher besteht sogar die Möglichkeit, dass Renault im Laufe der Saison ein neues Auto vorstellen wird.

"Wir werden erst einmal sehen, wo wir in Melbourne stehen und dann eine Vorstellung davon bekommen, wie genau das Reglement für 2017 aussieht", sagte der Teamchef. "Aber selbst wenn wir auf 2017 umschalten, will ich vollen Einsatz für 2016." Noch habe das Team zudem nicht zwei separate Mannschaften, die parallel an zwei Autos arbeiten können. "Für uns zählt nicht das erste Ergebnis. An einem gewissen Punkt müssen wir zur Entwicklung des 2017er Autos wechseln, zumindest ein Teil des Teams. Es wird davon abhängen, wie viele Leute wir im Workshop haben. Wir werden im ersten Teil der Saison eine Entscheidung treffen", kündigte Vasseur an.