In einer Presserunde mit spanischen Medien blickte Toro Rosso-Pilot Carlos Sainz auf sein erstes Jahr in der Formel 1 zurück und wagte einen Ausblick in die neue Saison. Die Motivation ist immer noch groß, auch wenn Sainz von seinem Teamkollegen Max Verstappen 2015 in die Schranken gewiesen wurde. Sainz wurde mit fast 30 Punkten Rückstand auf Verstappen 15. in der Fahrerwertung, fiel allerdings auch zweimal öfter aus als sein Teamkollege.

Verstappen der neue Senna?

Sainz' Teamkollege wurde nach seinem Rookie-Jahr mit Lob überschüttet. David Coulthard beispielsweise schwärmte von Verstappens Performance beim Großen Preis von Brasilien: "Das war absolut fantastisch, bis hin zur Perfektion." Eddie Jordan ging sogar noch einen großen Schritt weiter. "Ich habe ihn mit Schumacher und Senna verglichen. Ich habe das Gefühl, dass er zum jetzigen Zeitpunkt seiner Karriere so gut ist", sagte der ehemalige Teamchef.

Die Lobpreisungen sind auch an Sainz nicht spurlos vorbeigegangen. Selbstbewusst spinnt er den Vergleich weiter. "Wenn er der neue Senna sein soll und ich ihn schlage, was bin dann ich? Ich mache mir allerdings nicht so viel daraus, was die Medien behaupten", sagte er. "Wenn ich höre, was Horner, Marko, Alonso oder Vettel sagen, dann beruhigt mich das. Denn die Leute sehen, was ich tue."

Verstappen stand zweifellos mehr im Fokus als sein Teamkollege - im Guten wie aber auch im Schlechten. Unvergessen das gewagte, aber erfolgreiche Überholmanöver in Spa-Francorchamps, als er an Sauber-Mann Felipe Nasr spektakulär vorbeizog. Unvergessen aber auch der Auffahrunfall in Monaco, als er auf der Start-Zielgerade Romain Grosjean ins Heck krachte. Er hat unterschätzt, dass der andere bremst für die Kurve. Er hat Riesen-Glück gehabt, dass nichts passiert ist. Ein Anfängerfehler, die dürfen nicht passieren", schimpfte Grosjean nach dem Rennen.

Sainz bewertet seine Leistungsfähigkeit um keinen Deut schlechter als die seines Teamkollegen. "Max hatte dieses Jahr nur drei Überholmanöver mehr als ich. Aber es fühlt sich im Fernsehen so an, als hätte er mehr gehabt", sagte er. "Ich habe aber viele andere spektakuläre Dinge gebracht, die man nicht im TV sehen konnte. Aber das Team hat sie gesehen. Die Telemetrie und die Zahlen lügen nicht."

Trotz aller Ruhe und Gelassenheit steht Sainz unter Druck. Denn mit dem Red Bull-Junior Pierre Gasly scharrt ein Jungspund mit den Hufen. Der GP2-Pilot ist entschlossen: "Es wird freie Plätze bei Toro Rosso in der Formel 1 geben. Ich rechne mir gute Chancen aus." Dies ist Sainz auch nicht entgangen. "Es stimmt, dass ich jetzt mehr unter Druck stehe", sagte er. "Aber meine Karriere läuft bereits seit 2014 so. Jedes Jahr heißt es 'Alles oder nichts'. Jetzt, da ich die Formel 1 gut kenne, weiß ich, wo und wie ich mich verbessern muss."

Toro Rosso 2016 keine Gefahr für Red Bull

In Hinblick auf die neue Saison teilt Sainz die Ansicht des Red Bull Motorsportberaters Dr. Helmut Markos nicht, Toro Rosso könnte auf eine Runde schneller sein. "Wenn wir von den bestehenden PS-Zahlen ausgehen, dann hat Toro Rosso einen Vorteil von ungefähr fünf bis sechs Zehntel pro Runde" erklärte Marko gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Nur haben sie das Manko, dass man ihnen nicht den aktuellen Motor gibt, sondern den aus 2015 - mit keinerlei Weiterentwicklung."

Genau hier sieht Sainz Toro Rosso im Nachteil. "Wir müssen berücksichtigen, dass unser Budget niedriger ist und die Fahrer sind jünger. Man kann nicht erwarten, dass wir vor ihnen stehen werden", sagte er. Dennoch stimmt ihn die bisherige Entwicklung seines neuen Dienstfahrzeugs positiv. "Die Daten, die ich aus Faenza bekomme, sehen gut aus und wir sollten einen Schritt vorwärts machen. Aus aerodynamischer Sicht gibt es nicht viel Spielraum, aber der Ferrari-Antrieb ist stärker."

Dass ihm Verstappen einheizen wird, davon geht Sainz aus. Aber er sieht sich selbst gut aufgestellt. Der Masterplan ist unverändert. "Mein Ziel ist es, zu Red Bull zu gehen und der beste Fahrer und Weltmeister zu werden", so Sainz. Aber bis dahin muss er sich noch beweisen. Am besten zunächst im direkten Vergleich mit Verstappen. "Ich weiß, dass ich sie (Red Bull; Anm. d. Verf.) beeindrucken muss."