So schön das letzte Jahr ausgeklungen ist, so tragisch beginnt das neue. Nach McLaren-Koryphäe Tyler Alexander ist mit Maria Teresa de Filippis die Grande Dame der Formel 1 verstorben. Die Italienerin wurde stolze 89 Jahre alt und kam in ihrer Karriere in der Königsklasse auf drei Rennen.

Zufällig zum Erfolg

Doch wo es heute für Motorsportlerinnen immer noch schwierig ist, in der Formel 1 Fuß zu fassen, war dies zu Zeiten de Filippis absolut undenkbar. Ihre Karriere war auch weniger geplant. Viel mehr spielte der Zufall eine Rolle. "Ich hatte drei Brüder, die hatten untereinander gewettet. Der eine sagte, ich könne überhaupt nicht Auto fahren. Der andere sagte, ich könne sogar sehr gut Auto fahren", sagte de Filippis einst im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com.

Dass sich die Power-Frau eher für Pferde interessierte, war den Brüdern letztlich egal. Einer von ihnen meldete das Schwesterherz bei einem Bergrennen in der Nähe von Neapel an. Schließlich hatte sie einen Fiat Topolino. Und strafte den Bruder, der gegen sie wettete, Lügen: De Filippis beendete das Rennen mit einem Klassensieg.

Startschuss zur Erfolgsstory

Der Sieg brachte ihr nicht nur den Respekt ihrer Brüder ein. De Filippis hat den Reiz des Motorsports erkannt und wollte nun mehr. "Da wurde dann natürlich meine Lust geweckt und ich bin gleich das nächste Bergrennen gefahren. Dort bin ich Zweite geworden. Und dann habe ich mir sofort ein Rennauto gekauft", blickte die Italienerin zurück. Dass sie ihr eingeschlagener Weg einmal in die Königsklasse führen sollte, war zu dem Zeitpunkt allerdings noch nicht abzusehen.

Dass ihr Geld in einen Fiat-Giannini gut investiert war, stellte sich im Laufe der nächsten fünf Jahre heraus. Mit dem Rennwagen fuhr de Filippis von 1949 bis 1953 zahlreiche Siege ein. 1955 gelang der Italienerin der große Wurf: Sie wurde Werkspilotin bei Maserati. Mit dem italienischen Team belegte sie Rang neun bei der legendären Targa Florio, wurde Dritte bei den 10 Stunden von Messina. Bei der Mille Miglia im Jahr darauf schied sie allerdings als Klassenführende vorzeitig aus.

De Filippis war ein gern gesehener Gast im Paddock, Foto: Dr. Peter Maierhofer
De Filippis war ein gern gesehener Gast im Paddock, Foto: Dr. Peter Maierhofer

Alle Wege führen in die F1

1958 dann die Sensation: De Filippis wurde als erste Frau von Maserati in die Formel 1 befördert. Mit dem Maserati 250F, mit dem Juan Manuel Fangio im Vorjahr Weltmeister wurde, konnte die Italienerin überzeugen. Beim berüchtigten Grand Prix von Syrakus wurde de Filippis sagenhafte Fünfte.

Eine Frau mischte die Männerdomäne ordentlich auf. Doch ihre Kollegen reagierten positiv auf die junge Racerin. "Ich wurde in gewisser Weise gut behütet. Ich war das Nesthäkchen, wir waren Freunde. Jeder hat mir geholfen, jeder hat mir irgendetwas beigebrach - aber das galt nur im Fahrerlager", sagte de Filippis.

Im Cockpit wurden dann aber harte Bandagen aufgezogen. "Auf der Strecke war das dann anders. Da kämpften wir gegeneinander. Da gab es keine Freunde mehr, da waren wir Gegner", so de Filippis. Freundschaften waren damals üblicher als dies heutzutage im Motorsport der Fall ist. "Die Situation war damals vollkommen anders als heute. Die Rennfahrer hatten auch viele private Kontakte zueinander. Die Fünfzigerjahre waren eine große, aber auch eine sehr traurige Periode. Es sind viele meiner Freunde während der Rennen tödlich verunglückt. Und dass ich heute überhaupt da sitzen und das erzählen kann, ist nicht selbstverständlich."

Frühes Karriereende

Die Freundschaft zu Jean Behra bedeutete de Filippis besonders viel. Der Franzose verunglückte am 1. August 1959 auf der Avus in Berlin tödlich. De Filippis zog daraus ihre Konsequenzen: "Als ich die Nachricht vom Unglück hörte, entschloss ich mich, sofort mit dem Rennfahren aufzuhören. Schluss, aus und vorbei."

Dem Motorsport blieb die Italienerin trotzdem verbunden. Sie war Vizepräsidentin des Club International des anciens Pilotes de Grand Prix F1. Die moderne Formel 1 interessierte sie aber herzlich wenig. "Die dreht sich doch nur noch um Technik - es geht überhaupt nicht mehr um das Fahren, um die Fahrer. Ich sage immer: Das ist eine Techniker- und Mechaniker-Weltmeisterschaft."