Die Formel 1 und die Spannung. Seit jeher beschäftigt dieses Thema Regelmacher, Fans und Journalisten. Besonders im Lauf der zurückliegenden Saison 2015 drehten sich viele Gespräche darum, wie sich in der Königklasse mehr packende Rennaction generieren lässt. Hintergrund: Während in der Formel 1 die Eintracht Mercedes vorne dominierte, Lewis Hamilton und Nico Rosberg zumeinst brav hintereinander herfuhren und Doppelsiege in Serie feierten, ging es in der MotoGP an der Spitze ordentlich zur Sache.

Nicht selten witzelte die Zweirad-Fraktion dementsprechend über ihre Pendant auf vier Rädern - der Begriff Formel Fad war geboren. "Es gab nicht viel Racing. Man weiß, auf wen man bei diesem Rennen sein Geld setzen soll. Und so war es das gesamte Jahr. Man kann mehr oder weniger den Sieger schon sehr früh voraussagen. Das ist nicht das, was die Leute wollen. Sie wollen zu den Rennen gehen und vier oder fünf Fahrer sehen, die das Rennen gewinnen können. Nicht nur eine Person", gesteht selbst F1-Boss Bernie Ecclestone im Exklusiv-Interview mit Motorsport-Magazin.com.

Zu viel Dominanz schadet dem Dominator selbst

"Unsere Dominanz ist schlecht für die Formel 1. Es macht das Racing langweilig. Von dem Moment an, zu dem du eine dominante Kraft wirst, leidest du und auch deine Marke leidet. Denn du wirst die dunkle Seite der Macht", ergänzt Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff in der britischen Daily Mail einen unangenehme Nebenwirkung der Erfolge des Weltmeisterteams der vergangenen Jahre.

Zumindest im Mittelfeld bekommen die Fans reichlich Action geboten, Foto: Sutton
Zumindest im Mittelfeld bekommen die Fans reichlich Action geboten, Foto: Sutton

Die Formel 1 insgesamt muss sich dabei nicht einmal komplett verstecken. Zumindest das Mittelfeld bot auch 2015 reichlich Überholaction und erstklassiges Racing. "Ja, zu 100 Prozent", bestätigt Ecclestone Motorsport-Magazin.com. Die Grundlagen für fesselnde Grands Prix sind also durchaus vorhanden. Nur müssen diese nun vom Mittelfeld auch auf die Spitze übertragen werden.

Einen Vorschlag, dies umzusetzen unterbreitet nun Wolff selbst. Um der Rennserie insgesamt zu helfen könne Mercedes seine Fahrer von Saisonbeginn an 100 Prozent frei gegeneinander fahren lassen - nicht erst nach Gewinn beider Weltmeistertitel wie bisher. "Ich möchte, dass die Dominanz weitergeht, aber wenn es so wie jetzt weitergeht, muss ich nachdenken, was zu tun ist, dass wir nicht der Feind werden und wie wir der Show helfen können. Vielleicht müssen wir die beiden komplett von der Leine lassen. Das wäre eine Lösung", sagt der Motorsportchef.

Umsetzen könne Mercedes dies etwa, in dem künftig jede Seite der Garage ihre Rennstrategie frei wählt. Allerdings warnt Wolff erneut vor den Problemen eines allzu harten teaminternen Kampfes. "Ich will nicht, dass sie im Team kämpfen. Boxer sehe ich gerne kämpfen, aber nicht die Trainer, Physios und alle um den Ring herum. Die Boxer sollen sehr hart kämpfen, aber wenn der Kampf beendet ist kannst du Sportsmann sein und deinen Gegner in die Arme nehmen. Aber da gibt es ein Dilemma - in der Theorie ist es leicht", weiß Wolff.

Red Bull dürfte Mercedes kurzfristig nicht gefährlich werden, Foto: Sutton
Red Bull dürfte Mercedes kurzfristig nicht gefährlich werden, Foto: Sutton

Greifen Ferrari, Renault, Red Bull, McLaren, Willams an?

Damit nicht genug. Die Konkurrenz außerhalb des Mercedes-Lagers dürfe man ebenso nicht unterschätzen. Ferrari haben die Silberpfeile ohnehin im Visier. "Sie sind auf dem richtigen Weg, um noch weitere Fortschritte zu machen", sagt Niki Lauda Italiens Gazetta dello Sport. Doch mittelfristig dürfe man auch Red Bull nicht unterschätzen, ergänzt Wolff. 2016 treten die ehemaligen Serienweltmeister mit TAG-Heuer gebrandeten Motoren an und legen nach zwei schwachen Saisons vor der großen Regelrevolution 2017 offiziell ein Rehabilitierungsjahr ein, bevor sie wieder ganz vorne angreifen möchten. "Ich traue denen immer viel zu, die können schon was. Man darf nie den Fehler machen, sie zu unterschätzen", sagt Wolff mit Blick auf die Zukunft.

Esteban Gutierrez, noch Ferrari-Testfahrer und künftig Pilot des neuen Haas F1 Teams, sieht unterdessen die Chancen auf mehr Spannung an der Spitze bereits im kommenden Jahr für gegeben. Allerdings ebenfalls noch nicht wegen Red Bull oder Renault. "Das ist eher etwas für die folgenden Jahre. Aber ich glaube, dass McLaren sich erholen wird. Es ist ein sehr gutes Team und ich denke nicht, dass ihr Auto allzu schlecht war - was das Chassis angeht -, soweit ich das gesehen habe", sagt Gutierrez der spanischen Marca. "Persönlich denke ich, dass es zwischen den ersten drei bis vier Teams enger werden wird. Ich glaube, dass der Formel 1 eine gute Zeit bevorsteht", ergänzt Gutierrez.