MSM: Sie haben in Ihrer Karriere in der Formel 1, unter andrem als Designer und Technischer Direktor, viele verschiedene Fabriken gesehen. Was ist an Hinwil speziell?
Mark Smith: Generell sind die Anlagen sehr eindrucksvoll. Die Sache, die heraussticht, ist der Windkanal. Er hat einen sehr guten Ruf, auch bei Leuten, die schon sehr lange in der Formel 1 arbeiten. Ich glaube, dass viele britische Ingenieure neidisch auf die Ausstattung sind, die Sauber hat. Aber auch der Rest ist sehr eindrucksvoll für ein kleines Team. Ich nehme an, dass vieles das BMW-Erbe ist. Aber wenn wir uns nur das Design-Büro ansehen: Es ist das schönste, das ich je in der Formel 1 gesehen habe. Es ist geräumig, es ist ruhig, es ist ein großartiger Ort, um zu arbeiten. Man hat hier alles, was man braucht.

Sie haben das BMW-Erbe angesprochen: Glauben oder befürchten Sie, dass es einen Stillstand geben könnte?
Nein, ich habe BMW nur angesprochen, weil ich annehme, dass vieles, das ich hier sehe, aus dieser Ära stammt. Ich gehe nicht herum und denke mir: 'Ah, das ist nicht ausreichend und das auch nicht.' Die Fabrik hat alles, was das Team braucht. Es gibt natürlich noch Werkzeuge, die wir gerne hätten. Werkzeuge, die Ingenieure haben möchten, aber das bezieht sich nicht auf die Anlage an sich. In Relation zu den Beschäftigten ist das Werk sehr groß, vor allem wenn ich es mit Force India vergleiche. Wir haben genügend Raum, um unsere Arbeit zu erledigen.

Sprachbarriere als Hindernis bei Sauber?

Man hört oft, dass sich Ferrari, Toro Rosso und Sauber schwer damit tun, Ingenieure von den britischen Teams abzuwerben, weil viele nicht von England weg wollen. Was hat Sie überzeugt, in die Schweiz zu kommen?
Ich weiß nicht, ob ich dieser These zustimmen kann. Denn alle Jungs, die von Großbritannien hierhergekommen sind, lieben es, hier zu leben und zu arbeiten. Meine Familie lebt noch in Großbritannien, weil ich erst kürzlich hierhergezogen bin. Ich liebe es schon nach ein paar Wochen, hier zu leben. Ich weiß, dass auch meine Frau morgen umziehen würde. Wir mögen den Lebensstil und die Umgebung hier. Ich weiß nicht, ob es für die Teams ein Problem ist, britische Ingenieure abzuwerben. Ich gehe mal einen Schritt weiter: Für uns ist es mit der Sprache immer ein bisschen peinlich. Denn die Briten tendieren dazu, bei Sprachen ein bisschen faul zu sein, weil überall wo man hinkommt, Englisch gesprochen wird. Auch vor meiner Formel-1-Zeit habe ich versucht, Französisch und Deutsch zu lernen. Aber die Leute antworten immer in Englisch. Es ist sehr Schwierig, seine Sprachkenntnisse zu verbessern. Aber für mich ist es ein bisschen peinlich, wenn ich in einem Meeting mit vier deutschsprachigen Personen bin und sie nur Englisch sprechen müssen, weil ich daran teilnehme. Aber ich bemühe mich.

In England gibt es das so genannte Formel-1-Valley. Dort sind die Teams und Zulieferer in einem sehr engen Umkreis angesiedelt. Merken Sie hier einen Unterschied?
Um ehrlich zu sein, keinen massiven Unterschied. Aber vielleicht liegt das an meiner Rolle, die ich im Team habe. Wenn ich 20 Jahre zurückgehe, als ich Teile designt habe und mit lokalen Zulieferern gearbeitet habe, dann wäre das vielleicht ein Problem gewesen. Aber ich bezweifle es, dass das dazu beiträgt, dass sich ein Team schwer tut, Leute einzustellen. Ich kann diese Sichtweise schon verstehen, aber ich glaube, das hängt davon ab, wie aktiv ein Unternehmen auf die Leute zugeht. Übrigens wollen viele britische Ingenieure zumindest einmal die Möglichkeit haben, für Ferrari, Toro Rosso oder Sauber zu arbeiten. Natürlich nicht jeder, aber ich denke nicht, dass eine natürliche Barriere besteht.

In der Formel 1 dreht sich viel ums Geld. Sie haben für Jordan, später Force India und Caterham gearbeitet, allerdings auch für Red Bull. Wie unterscheidet sich die Arbeit mit unterschiedlichen Ressourcen?
Es war nicht nur Red Bull: Als ich von 2001 bis 2004 bei Renault war, hatte Renault ein ziemlich gesundes Budget. Flavio Briatore war ziemlich gut darin, Partner und Sponsoren zu finden. Das Gute daran für einen Ingenieur ist: Man macht die technische Rechtfertigung und die Teile werden entwickelt. Es geht nicht nur um das Budget. Als ich zum Beispiel bei Jordan war, haben wir bei null begonnen. In kann nicht behaupten, dass es in den frühen und auch späten 90er Jahren oft vorgekommen wäre, dass wir etwas nicht finanzieren konnten, was wir gerne gehabt hätten. Es wurde immer ein Weg gefunden, um es zu finanzieren.

Mark Smith lobte die Bedingungen bei Renault Anfang der 2000er, Foto: Sutton
Mark Smith lobte die Bedingungen bei Renault Anfang der 2000er, Foto: Sutton

Autos und Entwicklung heute effizienter

Ich habe das Gefühl, dass damals für mehr Teams viel mehr Geld zur Verfügung stand. Damals konnte man einfacher Sponsoren finden. Mein Gefühl - das kann auch falsch sein - ist, dass wir damals immer Wege gefunden haben, um die Dinge zu finanzieren. Wenn wir beispielsweise eine Aufhängung wollten, die weniger nickt, dann haben wir nicht darüber nachgedacht, ob wir das machen könnten. Wir haben die Teile designt, sie wurden hergestellt und wir haben sie getestet - denn damals gab es noch Testfahrten. Heute ist es bei Teams wie Sauber oder Force India anders. Ich habe die letzten Jahre nicht mehr für ein großes Team gearbeitet, deshalb weiß ich nicht genau, wie frei sie dort sind und wie es mit der finanziellen Rechtfertigung aussieht, aber ich glaube, es ist eine Kombination aus zwei Dingen: der Größe des Teams und der Ära, in der wir sind. Es ist schwierig, viel reinzuwerfen.

Der Unterschied ist, um auf die Frage zurückzukommen, dass wir sehr viel vorsichtiger dabei sein müssen, wo wir die Prioritäten setzen. Früher hatten wir eine Theorie, dann haben wir die Teile einfach gebaut. Auch bei Jordan! Heute - und das ist noch etwas, das sich geändert hat - können wir Dinge simulieren. Das konnten wir damals nicht. Heute würden wir mit der Aufhängung Simulationen machen, statt teuer testen zu gehen, was vielleicht am Ende des Tages einen Kommentar des Fahrers bringt. Es sind viele Dinge. Wir müssen akzeptieren, dass wir ein limitiertes Budget haben und daraus das Meiste machen. Das bedeutet heute, dass wir möglichst viele aerodynamische Teile haben, die auch ans Auto gehen.

Nicht nur die Autos sind also heute viel effizienter, sondern auch die Entwicklung?
Sie ist definitiv viel effizienter! Ohne Zweifel nehme ich an, dass die kleinen Teams die effizientesten sind. Weil wir keine parallele Entwicklung betreiben können, Teile herstellen und dann testen. Es geht nur darum, Prioritäten zu setzen.

Glauben Sie, dass diese effiziente Entwicklung eine Chance für ein kleines Team ist?
Es gibt ein Limit für ein kleines Team, das mit begrenztem Budget arbeitet. Alles um Platz drei und vier in der Weltmeisterschaft ist unrealistisch. Für ein kleines Team ist das Ziel wahrscheinlich das vordere Mittelfeld. Es kann ziemlich mühsam sein, vom hinteren zum vorderen Ende des Mittelfelds zu gelangen. Wir müssen im Moment erst die Lücke schließen, um dort reinzukommen. Und in diesem Bereich kann sich das Kräfteverhältnis von Rennen zu Rennen ändern. Wir müssen realistisch sein. Die größten Ressourcen sind die Leute in einem Team. Heißt das also, je mehr Leute du hast, desto weiter vorne im Grid stehst du? So ist es nicht ganz. Du musst aber ein bestimmtes Level an Ressourcen haben, um mit den anderen Jungs zu konkurrieren, die das oder noch mehr haben. Das ist die Realität.

Caterham legte den Fokus nicht auf die Formel 1, kritisierte Smith, Foto: Sutton
Caterham legte den Fokus nicht auf die Formel 1, kritisierte Smith, Foto: Sutton

Zu viele Nebenschauplätze bei Caterham

Ich habe oft gehört, dass Force India viel effizienter gearbeitet haben soll als Caterham. Ist das auch Ihre Erfahrung?
Bevor ich diese Frage beantworte: Force India war definitiv ein Team, das sehr effizient gearbeitet hat. Aber man muss bei Force India bedenken: dieses Team habe ich von Tag eins an des Formel-1-Projekts begleitet. Das Team hat eine lange Geschichte in der Formel 1. Es gibt noch immer eine Menge Leute, die seit dem ersten Tag in das Projekt involviert sind. Und auch schon zuvor in der F3 und F3000 mit Eddie Jordan Racing dabei waren. Das ist ein Rennteam, das sich über die Jahre entwickelt hat. Das mag ich persönlich auch an Sauber sehr. Es ist ein Rennteam, das einen ähnlichen Hintergrund hat. Die Wurzeln liegen im Racing.

Caterham war ein anderes Team. Caterham wurde von einem Mann gegründet, der sehr an der Formel 1 interessiert war [Tony Fernandes]. Es wurde über Nacht gestartet. Natürlich hat es ein paar Monate gedauert, um ein Team auf die Beine zu stellen, das ein Auto designen konnte, mit dem man Rennen fahren konnte. Aber im Vergleich wurde es quasi über Nacht ins Leben gerufen und hatte deshalb nicht diesen Hintergrund. Man kann keine Gruppe von Leuten mit Formel-1-Erfahrung nehmen und sie einfach zusammenwerfen und erwarten, dass es funktioniert.

Der zweite Aspekt, wenn ich ganz ehrlich bin, ist: Caterham F1 wurde von zu vielen anderen Projekten abgelenkt. Die Queenspark Rangers, MotoGP, GP2... all diese Dinge waren gleichzeitig im Gange. Es gab keinen klaren Fokus auf die Formel 1. Ich glaube nicht, dass es technisch ineffizient war, aber es war beim Management der Finanzen innerhalb und außerhalb des Teams ineffizient. Das sind die Unterschiede: Jordan - und jetzt Force India - und Sauber sind Rennteams. Sie sind aus kleinen Teams, die rein dafür da waren, um Rennen zu fahren, zu modernen Formel-1-Teams gewachsen.

Wir haben schon über die Simulations-Möglichkeiten für Ingenieure gesprochen. Für die Fahrer gibt es bei Sauber aber noch keinen Simulator. Ist das ein großer Nachteil?
Hier geht es wieder um Prioritäten. Meiner Meinung nach ist ein Fahrer in einem Simulator ein sehr wertvolles Werkzeug, und zwar aus zweierlei Gründen: Einmal aus Sicht des Fahrers, der sich an möglicherweise neue Strecken gewöhnen kann, die immer mal wieder kommen. In vorherigen Teams habe ich den Nutzen gesehen und man hört es auch von anderen, dass die Fahrer dann auf neuen Strecken nicht so lange brauchen, um auf Geschwindigkeit zu kommen. Eine neue Strecke das erste Mal in einem Simulator zu fahren, ist ein Vorteil, aber ob er klein, mittel oder sogar groß ist, hängt vom jeweiligen Fahrer ab.

Simulatoren sind ein wichtiges Werkzeug aus der Sicht von Smith, Foto: Santander
Simulatoren sind ein wichtiges Werkzeug aus der Sicht von Smith, Foto: Santander

Für mich liegt der große Vorteil jedoch darin, ein Ingenieurswerkzeug zu haben. Die Möglichkeit, so viele 'Was-passiert-wenn'-Szenarien wie möglich mit dem Fahrer zu testen. Wir können unsere Aerokonfiguration oder unsere Aufhängungskinematik in den Simulationsmodellen testen. Aber da haben wir keinen Fahrer, der jedoch ein integraler Bestandteil ist. Wir kennen die Limits von Simulationsmodellen, wenn es darum geht, dass der Fahrer nicht darauf reagieren kann. Aber sobald man den Fahrer im Simulator hat, ist er da. Das ist ein weiterer Faktor, der den Realismusgrad erhöht.

Aber das ist keine Sache, die über Nacht passiert. Man muss diese Dinge stetig weiterentwickeln. Wir evaluieren aber im Moment Optionen. Es ist ziemlich einfach, ein oder zwei Tage mit den Fahrern in kommerziell verfügbaren Simulatoren zu verbringen. Aber ein eigener Simulator steht definitiv auf unserer Wunschliste, das ist kein Geheimnis. Wir wissen sehr genau, was auf dem Markt ist. Aber: Wenn man als Beispiel nimmt, dass ein solcher Simulator eine Millionen Euro kostet. Würden wir diese Million lieber für einen Simulator ausgeben oder für Entwicklungen, die später das Auto schneller machen? Im Moment würden wir die Entwicklungen bevorzugen, die das Auto schneller machen. Hier kriegen wir mehr Leistung fürs Geld. Wenn wir einen Weg finden, einen Simulator im Haus zu haben, ohne die anderen Projekte zu sehr zu beeinträchtigen, dann wäre es eine gute Lösung, denn er wäre ein sehr wertvolles Ingenieurswerkzeug.

Früchte erst mit einem Jahr Verspätung sichtbar

Sie sind erst sehr kurz bei Sauber. Wann glauben Sie, wird Ihre Arbeit auf der Strecke Früchte tragen?
Ich hätte es bevorzugt, zwei oder drei Monate früher beim Team anzufangen, wenn es möglich gewesen wäre. Denn es ist schon sehr viel Designarbeit für das 2016er Auto im Gange. Aber es ist nicht zu spät, um es zu beeinflussen. Als ich hier angekommen bin, waren bereits viele Designarbeiten in Arbeit. Aber heutzutage wird ein so großer Batzen von der Power Unit bestimmt. Es gibt sehr viel Peripherie. Energiespeicher, Steuergeräte, der Kühlbedarf ist viel höher. Die Mitte des Autos beeinflusst das Chassis und die Aufhängung. Bei vielen dieser Dinge ist man eingeschränkt. Wir designen zwar unsere eigene Aufhängung, benutzen aber das Getriebe von jemand anderem. Deshalb haben wir keine komplette Freiheit bei den Fahrwerkspunkten. Das sind Limitationen, die man nicht hat, wenn man sein eigenes Getriebe entwickelt. Gleichzeitig gibt es andere Wege, um Einfluss zu haben. Einige sind im Verborgenen. Wir sind ein Team und es gab hier eine Weile keinen Technischen Direktor, deshalb herrscht eine andere Dynamik, wie die Leute zwischen den Abteilungen miteinander arbeiten. Ich denke, ich habe in kurzer Zeit schon dabei geholfen, das zu integrieren.

Ich glaube, dass ich auf das nächstjährige Auto einen Einfluss haben kann, aber wenn man 20 Jahre zurückgeht, sieht man: Wenn ein Chefdesigner von einem Team zum anderen gegangen ist, dann hat man die Konsequenzen in der folgenden Saison sehr gut erkennen können. Denn das Auto wird wahrscheinlich nicht ähnlich ausgesehen haben wie das, für das der alte Chefdesigner zuständig war. Damals gab es einen Chefdesigner und sechs Designer. Heute ist es eine große Organisation. Eine Person kann schwer radikale Dinge ändern, sodass die Dinge auch nach außen sehr unterschiedlich aussehen. Das ist eher eine unwahrscheinliche Folge. Es geht eher um Abläufe und Entwicklungsrichtungen. Diese Dinge sollten sich in einer Verbesserung der Performance widerspiegeln. Aber ich werde nichts direkt am Bodywork designen. Da haben wir eine Abteilung voll mit Spezialisten, die das machen. Ich kann mit dem Chef der Abteilung arbeiten und wir können Entwicklungsrichtungen diskutieren. Das nächstjährige Auto wird anders aussehen, aber ich sage nicht, dass das an mir liegt. Es geht darum, wie man mit den Menschen arbeitet und wenn Leute in eine leicht andere Richtung arbeiten, sieht man leichte Änderungen am Auto.

Smith lobt Designer-Kollege Adrian Newey, Foto: Sutton
Smith lobt Designer-Kollege Adrian Newey, Foto: Sutton

Sie sind als Technischer Direktor zu Sauber gekommen. Diese Rolle haben Sie auch schon in einigen anderen Teams ausgeübt. Macht ein Technischer Direktor in jedem Team dasselbe oder gibt es hier Unterschiede?
Bei den Teams, bei denen ich als Technischer Direktor gearbeitet habe, war es sehr ähnlich. Bei Red Bull war es vielleicht ein bisschen anders. Ich bin als stellvertretender Technischer Direktor zu Red Bull gekommen und wurde dann Technischer Direktor. Und dann kam Adrian zum Team. Dadurch war die Dynamik etwas anders, als man es erwartet hatte. Adrian ist ein sehr erfahrener und erfolgreicher Mann. Die Rolle des Technischen Direktors in diesem Team zu dieser Zeit war ein bisschen anders. Bei Force India, Caterham und Sauber ist die Rolle ziemlich gleich.

Wie war es, mit Adrian zu arbeiten?
Das war gut! Adrian ist jemand, der die meiste Zeit damit verbringt, das Auto zu designen. So wie man ihn kennt. Ich kann mir vorstellen, dass das auch heute noch so ist. Als ich dort war, war er am Zeichenbrett in seinem Büro und hat die generelle Architektur des Autos bestimmt. Darin ist er sehr gut, das liebt er. Aber er ist auch ein sehr talentierter und erfahrener Ingenieur.

Aber er arbeitet noch immer mit Papier und Stift und nicht mit CAD...
Nein, aber das kann ich wegen seines Hintergrunds verstehen. Er ist wahrscheinlich die einzige Person in der Formel 1, die so arbeiten kann. Ich glaube, jeder andere müsste CAD benutzen. Aber wenn er so arbeiten will, ist es wahrscheinlich die beste Art, ihn so arbeiten zu lassen.

Power Units als größte Herausforderung

Wenn Sie in Ihrer Karriere zurückblicken: Was war für Sie die größte technische Herausforderung?
Ganz ehrlich: Ich glaube, es sind die aktuellen Power Units. Ich denke gerade über andere Dinge nach... Schmalere Spur, gestufte Unterböden... das war alles nicht so groß wie die Integration der modernen Power Units. Ich glaube, der Beleg dafür war beim ersten Jerez-Test sehr gut sichtbar, als am ersten Tag fast niemand gefahren ist. Für mich ist das die Änderung, die heraussticht. Auf jeden Fall die herausforderndste.

Wenn Sie sich eine technische Erfindung der Vergangenheit zurückwünschen könnten, die es heute in dieser Form nicht mehr in der Formel 1 gibt, was wäre das?
Wahrscheinlich die aktive Radaufhängung. Damit will ich aber nicht sagen, dass wir jetzt wieder aktive Radaufhängungen haben sollten, aber ich finde in der Art und Weise, wie wir die aerodynamische Plattform, Fahrzeughöhe und das Ansprechverhalten kontrollieren konnten, ist das interessant.

Hat das etwas damit zu tun, dass Ingenieure alles kontrollieren wollen und mit einer aktiven Aufhängung die Fahrer mehr kontrolliert werden?
Vielleicht. Wir tendieren dazu, alles um Bodenfreiheit und Ansprechverhalten des Autos zu verbessern. Alles hat einen Einfluss auf die Aerodynamik. Alles was eine bessere Plattform für die Aerodynamik ist, bringt Schwierigkeiten beim Überfahren von Kerbs und Bodenwellen mit sich. Ich habe nicht mit der aktiven Aufhängung gearbeitet, aber ich denke, mit ihr kann man beides bekommen - stabile Aerodynamik und gute Aufhängungseigenschaften.

Fernando Alonso gab laut Smith das beste Feedback von allen Fahrern, Foto: Sutton
Fernando Alonso gab laut Smith das beste Feedback von allen Fahrern, Foto: Sutton

Alonso als Top-Ingenieur

Wie wichtig ist eigentlich der Fahrer für einen Ingenieur?
Der Fahrer ist wirklich wichtig. Sein Feedback ist wertvoll. Wir haben Daten, auf die wir uns stützen, aber wir stützen uns auch auf das Feedback des Fahrers. Es gibt immer Unterschiede zwischen den Fahrern, wer besseres Feedback geben kann und wer weniger gute Rückmeldungen gibt. Das liegt in der menschlichen Natur. Aber am Ende des Tages ist der Fahrer ein Teil des Pakets und das Paket muss für ihn arbeiten.

Sie haben mit sehr vielen Fahrern gearbeitet. Wer konnte das beste Feedback geben?
Man muss dazu sagen, dass sich meine Rolle sehr stark auf das Design bezieht, deshalb habe ich nicht mein ganzes Leben an der Strecke verbracht. Aber ich würde sagen Fernando Alonso. Als er erst Testfahrer bei Renault war und später Rennfahrer. Ich habe nicht eng mit ihm zusammengearbeitet, weil ich Chefdesigner war, aber sein Feedback war wirklich gut.

Sie haben auch das erste Auto designt, mit dem Michael Schumacher in der Formel 1 gestartet ist...
Leider haben wir ihn nicht sehr lange bei uns behalten. Ja, ich war in das Design dieses Autos involviert und ich habe sehr spezielle Erinnerungen daran. Drei Leute haben dieses Auto designt und es wurde in der Konstrukteurs-WM Fünfter. Das war ein sehr spezieller Weg, um die Formel 1 zu kommen. Ich kann mich erinnern, wie Andrea de Cesaris das Auto in Silverstone zum ersten Mal getestet hat. Wir haben ihn gefragt, ob er glaubt, dass wir mit diesem Auto unter die Top-6 bei den Konstrukteuren kommen können. Er meinte auf jeden Fall. Und das war beim allerersten Test in Silverstone. Und am Ende wurden wir sogar Fünfter mit einem sehr kleinen Team - die Dinge waren damals anders.

Wenn Sie Ihre Arbeit damals und heute vergleichen. Was ist anders?
In den ersten beiden Saisons bin ich nicht mitgereist. Im dritten Jahr war ich Dateningenieur an Rubens Auto. Da hat man dann natürlich deutlich mehr Kontakt mit den Fahrern. Aber heute gibt es wahrscheinlich mehr Kontakt mit dem Fahrer als damals. Nicht während des Runs, um ein bestimmtes Problem zu lösen, dafür haben wir Renn- und Performance-Ingenieure. Aber verstehen und mit den Fahrern über die generellen Limits des Autos diskutieren, um die Schwächen langfristig auszumerzen, das ist der Schlüsselkontakt.

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