Spionage ist in der Formel 1 nichts Neues. Dennoch werden Fälle wie jener von Benjamin Hoyle selten publik. Der Motoren-Mann, der offiziell bis Ende Dezember noch immer bei Mercedes High Performance Powertrains in Brixworth angestellt ist, soll während seines Freistellungsjahres gegen die Auflagen des Arbeitsgebers verstoßen haben.

Mercedes wirft Hoyle vor, sich unrechtmäßig Zugang zu sensiblen Daten verschafft zu haben, als ihm der Zugangs dazu bereits verwehrt war. Bereits am 21. Mai informierte der Brite seinen Arbeitgeber darüber, den bis Dezember 2015 laufenden Vertrag nicht verlängern zu wollen. Als Mercedes herausfand, dass Hoyle bei Ferrari anheuern will, bekam er bestimmte Auflagen für sein Freistellungsjahr.

Ferrari hingegen dementierte inzwischen gegenüber Motorsport-Magazin.com, dass es einen Vertrag mit Hoyle gebe. "B. Hoyle hat keinen Vertrag mit Ferrari unterschrieben", heißt es aus Maranello.

Auch wenn in der Klageschrift die Rede davon ist, dass nicht nur Hoyle selbst, sondern auch möglicherweise Ferrari einen unrechtmäßigen Vorteil erlangt hätte, geht Mercedes nicht gegen Ferrari vor, sondern nur gegen den eigenen Angestellten. "Es ist kein aggressives Vorgehen gegen ein anderes Team oder eine Organisation", stellt ein Mercedes-Sprecher klar.

Diese Differenzierung kann noch entscheidend sein. Beim Spionageskandal 2007 zwischen McLaren und Ferrari entkam McLaren in erster Instanz noch einer Strafe, weil das Gericht davon ausgegangen war, dass sich McLarens Chefdesigner Mike Coughlan und Ferraris Teamkoordinator Nigel Stepney nur als Einzelpersonen schuldig gemacht hatten.

Im weiteren Verlauf gelangten durch das Zerwürfnis zwischen McLaren und Fernando Alonso allerdings noch weitere Details ans Tageslicht, die belegten, dass McLarens Teamführung von der Spionage wusste. Daraufhin wurden McLaren alle Punkte in der Konstrukteurswertung der Saison 2007 gestrichen und zudem eine Geldstrafe in Höhe von 100 Millionen Dollar gegen den Rennstall verhängt.

Ecclestone: Ferrari hatte Hilfe von Mercedes

Ferrari halt also vorerst nichts zu befürchten. Mercedes fordert von Hoyle die Rückgabe sämtlicher Dokumente sowie die Zahlung der Gerichtskosten. Insbesonders geht es Mercedes aber darum, dass Hoyle wegen der Nichteinhaltung der Bedingungen seines Freistellungsjahres ein weiteres komplettes Jahr nirgends angestellt werden darf. Egal ob bei Ferrari oder irgendeinem anderen Unternehmen.

Ferraris Performance-Sprung beim Motor in dieser Saison soll übrigens nicht von ungefähr kommen. "Sie hatten beim Motor Hilfe von Mercedes", sagte Bernie Ecclestone im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com noch kryptisch. Tatsächlich bekam Ferrari Hilfe von Mercedes, weil sich einige Ingenieure von Brixworth nach Maranello verabschiedeten. Zu den Bedingungen dieser Trennungen wollte sich Mercedes auf Nachfrage aber nicht äußern.