Nicht Rosberg, nicht Vettel, nicht Hamilton. Der eigentliche Star des Brasilien Grand Prix überquerte die Ziellinie als Zehnter. In einem relativ unspektakulären Rennen sorgte Max Verstappen für die nötige Würze. Das Supertalent kämpfte wie ein Wilder um Platzierungen, setzte an unmöglichen Stellen zu Überholmanövern an und wurde nach Massas Disqualifikation mit zwei WM-Punkten belohnt. Eine spektakuläre Vorstellung des Niederländers, der sich trotz – oder wegen – seines jungen Alters vor niemandem in der Formel 1 versteckt.

In Interlagos gelang dem 18-Jährigen gar ein weiterer Meilenstein in seiner noch jungen Karriere. Zum sechsten Mal in Folge fuhr Verstappen in die Punkteränge und leistete damit Historisches. Keinem anderen Toro-Rosso-Fahrer war es zuvor in der Geschichte gelungen, sechs Rennen hintereinander zu punkten. Nun überholte er sogar Sebastian Vettel, der 2008 in fünf aufeinanderfolgenden Grands Prix Punkte holte.

Starke Leistung wird mit Punkten belohnt: Max Verstappen in Brasilien, Foto: Sutton
Starke Leistung wird mit Punkten belohnt: Max Verstappen in Brasilien, Foto: Sutton

Einer wie Schumacher und Senna?

Zumeist löste Verstappen in seiner Rookie-Saison Begeisterungsstürme im Fahrerlager aus. So auch in Sao Paulo, wo sich zwei Formel-1-Ikonen kaum noch einkriegten nach Verstappens Performance. "Das war absolut fantastisch, bis hin zur Perfektion", überschlug sich David Coulthard mit Lob. TV-Kollege Eddie Jordan stimmte fröhlich mit ein. "Ich habe ihn mit Schumacher und Senna verglichen", so der frühere Teamchef. "Ich habe das Gefühl, dass er zum jetzigen Zeitpunkt seiner Karriere so gut ist. Was meinst du, David?" Coulthard: "Darauf kannst du wetten."

Nun ist es wohl schwierig, Rennfahrer aus unterschiedlichen Epochen zu einem Fixpunkt ihrer Karriere miteinander zu vergleichen. Zu viel hat sich innerhalb der vergangenen 30 Jahre verändert. Doch eines ist klar: Knüpft Verstappen an seine bisherigen Leistungen in der Formel 1 an, steht einer großen Karriere nicht viel im Wege. "Er hat den Speed und ist clever und talentiert genug, um die Weltmeisterschaft zu gewinnen", war zumindest Papa Jos Verstappen schon jetzt überzeugt.

Fokussiert, bisweilen aber nicht verkrampft: Verstappen Junior, Foto: Sutton
Fokussiert, bisweilen aber nicht verkrampft: Verstappen Junior, Foto: Sutton

Räikkönen als Vorbild

Dass Verstappen wirklich clever ist, bewies er erneut in Interlagos. Dort sorgte er für das Überholmanöver des Rennens, als er Sergio Perez in den engen Senna Esses überrumpelte. Anschließend sorgte Verstappen Junior für einen Lacher, als er verriet, wie er dazu kam, an dieser doch eher ungewöhnlichen Stelle zu überholen. Vorbild: Kimi Räikkönen im Jahr 2012. Der Finne setzte sich damals an gleicher Stelle gegen Michael Schumacher durch.

"Ich habe sowas vor ein paar Jahren zwischen Räikkönen und Schumacher gesehen", sagte Verstappen gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Ich fand, das sah gut aus – und dann hatte ich die Gelegenheit, das auch mal zu tun." Einfach mal probieren. Das ging bei Verstappen nicht immer gut, siehe Grosjean in Monaco. Doch das Toptalent ist merklich gereift. Aktuell gibt es keinen anderen Fahrer in der Formel 1, der häufiger in den letzten Rennen in die Top-10 fuhr.

Verstappens großartiges Überholnmanöver gegen Sergio Perez, Foto: Sutton
Verstappens großartiges Überholnmanöver gegen Sergio Perez, Foto: Sutton

Kimi: Schön für Verstappen

Dass Räikkönen für Verstappen als eine Art überholendes Vorbild diente, schmeichelte selbst dem Ferrari-Star ein wenig. "Schön für ihn, dass er an den Leuten vorbeigekommen ist", sagte Räikkönen gegenüber Motorsport-Magazin.com, um dann einzuschränken: "Du versuchst überall zu überholen. Ich bin sicher, dass es die meisten Überholmanöver in diesem Rennen hier so oder so ähnlich schon mal gegeben hat."

Doch es sind genau diese Aktionen, die den Fans in Erinnerung bleiben. Wegen seiner manchmal wagemutigen und auch nicht immer wohlbedachten Überholmanöver wird Verstappen von vielen Fans gefeiert. Einer, der sich mal was traut, heißt es. Fast schon legendär, wie er sich beim Großen Preis von Singapur der Teamorderansage widersetzte und sein eigenes Ding durchzog. Ob er nun der neue Showman der Formel 1 ist, wurde Verstappen in Brasilien gefragt. "Ich fühle mich nicht so. Ich habe nur mein Bestes gegeben", antwortete er kurz angebunden.

Das Teamduell bei Toro Rosso geht klar an Max Verstappen, Foto: Sutton
Das Teamduell bei Toro Rosso geht klar an Max Verstappen, Foto: Sutton

Held einer ganzen Nation

Das reichte immerhin, um Rookie-Teamkollege Carlos Sainz vollkommen in den Schatten zu stellen. 31 Punkte mehr als der junge Spanier konnte Verstappen bislang erzielen. Ein klarer Sieg im wichtigen Teamduell, der dank Red Bull großen Einfluss auf die weitere Karriere in der Formel 1 haben kann – sofern Red Bull in der Formel 1 bleibt… Daran wäre inzwischen selbst einer ganzen Nation gelegen. Verstappen hat einen neuen Formel-1-Boom in den Niederlanden ausgelöst.

Es gibt Gespräche über eine Rückkehr des Traditionskurses von Zandvoort in den Rennkalender. 2019 oder 2020 könnte es soweit sein. "Dass sich Max Verstappen so gut schlägt, ist positiv", sagte Lokalpolitiker Jerry Kramer, der sich derzeit für einen Niederlande Grand Prix stark macht. Und wenn selbst der weltbekannte DJ Armin van Buuren auf Twitter (1,3 Mio. Follower) seinem Landsmann zum Brasilien-Rennen gratuliert, wird klar: auf dem kleinen Max ruhen große Hoffnungen.