"Was ist denn ein S-Schacht?! Ich wusste nicht mal, dass wir eine neue Nase haben." Lewis Hamilton reagierte in Brasilien verwirrt auf Fragen nach dem angeblichen Technik-Clou, mit dem Mercedes am Freitag aufwartete. Eine verdächtige Beule beziehungsweise Luftöffnung auf der Front des Silberpfeils sorgte im Fahrerlager für zahlreiche Spekulationen. Schon am Donnerstag kursierten Bilder des Teils in den Medien. Zunächst wurde angenommen, dass es sich dabei um eine Aero-Öffnung handelte, die den Luftstrom an der Vorderachse verbessern soll.

Im 1. Training am Freitag fuhren Rosberg und Hamilton tatsächlich mit dem Nasen-Update, das als Test für die Saison 2016 gilt. Im 2. Training baute das Team jedoch wieder zurück auf die Spezifikation der vergangenen Rennen. Auch im weiteren Verlauf des Wochenendes wird Mercedes das Nasen-Update in der Garage lassen. "Alle Nasen, die wir probiert haben, sind nur für das nächste Jahr", sagte Rosberg. "Fürs Qualifying haben wir wieder die alte Version."

Testet Mercedes hier einen neuen S-Schacht für 2016?, Foto: Sutton
Testet Mercedes hier einen neuen S-Schacht für 2016?, Foto: Sutton

Was steckt hinter der Beule?

Doch was genau bringt das neue Teil an der Front? Von einem echten S-Schacht, der im Qualifying oder Rennen zum Einsatz kommen könnte, kann wohl erst einmal keine Rede sein. Für den Grand-Prix-Einsatz dieser Luftfluss-Konfiguration wäre ein neuer FIA-Crashtest nötig gewesen. Dieser ist laut Medienberichten jedoch nicht erfolgt. Mercedes könnte stattdessen die Beule an der Oberseite der Front angebaut haben, um Tests mit Blick auf die Chassis-Höhe für 2016 durchzuführen.

Allerdings war an dem oberen Chassis-Hubbel deutlich eine Öffnung zu sehen, unterhalb des Chassis zudem ein Lufteinlass. Es kann also zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass Mercedes einen S-Schacht für die kommende Saison getestet hat. Das macht der so genannte S-Duct: Vorne an der Nase wird Luft gesammelt, die über einen Schacht an die Oberseite des Chassis gelangt und dort ausgeblasen wird. Somit lassen sich die Strömungen über dem Chassis besser kontrollieren, bei geschickter Führung sogar der Luftwiderstand reduzieren.

So sah die Unterseite des Mercedes im Brasilien-Training aus, Foto: Sutton
So sah die Unterseite des Mercedes im Brasilien-Training aus, Foto: Sutton

Fokus voll auf 2016

Was auch immer genau hinter dem Aero-Bauteil steckt: Mercedes ist offenbar bereit, seine Vorbereitungen auf das Rennwochenende einzuschränken, um weitere Daten für das 2016er-Auto zu sammeln. Das machte Rosberg ziemlich deutlich. "Warum testen wir neue Dinge?", so der Trainingsschnellste. "Weil beide Weltmeisterschaften rum sind. Das Team hat die Hersteller-Meisterschaft gewonnen und Lewis die Fahrerwertung. Es gibt dieses Jahr also nichts mehr zu tun."

Im 2. Training war die Beule am Silberpfeil wieder verschwunden, Foto: Sutton
Im 2. Training war die Beule am Silberpfeil wieder verschwunden, Foto: Sutton

Das ist allerdings nicht ganz korrekt. Während es für Hamilton in der Tat nichts mehr zu holen gibt, steht für Rosberg zumindest noch die Vize-Weltmeisterschaft auf dem Spiel. Bei 21 Punkten Vorsprung auf Verfolger Sebastian Vettel allerdings vielmehr eine reine Formalität, sofern nichts Ungewöhnliches mehr passiert. Rosberg machte klar, worauf Mercedes nun den Fokus gelegt hat: "Die Position ist für mich nicht wichtig. Wichtiger ist es, für das nächste Jahr zu lernen und zu testen."

Mercedes-Technikchef Paddy Lowe bestätigte zumindest, dass die Silberpfeile in Brasilien herumexperimentieren. "Wir arbeiteten unser normales Freitagsprogramm ohne Probleme ab und probierten in der ersten Session einige Teile aus", sagte Lowe. Welchen Einfluss die Updates hatten, wollte sich das Mercedes-Lager natürlich nicht entlocken lassen. Rosberg: "Ich weiß es nicht. Es ist noch sehr früh. Das müssen wir jetzt sehen."