Nico Rosberg stand beim Comeback des Großen Preises von Mexiko unter ganz besonderer Beobachtung. Würde der Deutsche erneut gegen seinen Mercedes-Teamkollegen Lewis Hamilton den Kürzeren ziehen oder sich im stallinternen Duell endlich wieder einmal durchsetzen?

Schlussendlich war letzteres der Fall. Rosberg fuhr auf dem Autódromo Hermanos Rodríguez einen souveränen Sieg ein und demonstrierte, dass er das Gewinnen doch noch nicht verlernt hat. Motorsport-Magazin.com präsentiert die Analyse zum Mexiko GP.

Rosberg legt Start-Schwäche ab

Mit der kritischsten Situation des Rennens sah sich Rosberg unmittelbar zu Beginn des Grand Prix' konfrontiert. Der Deutsche war zuletzt beim Erlöschen der Ampeln mehrfach nicht gut weggekommen und hatte die Führung an Hamilton verloren. Diesmal lief jedoch alles glatt. Rosberg entschied den 900 Meter langen Start-Sprint bis zur ersten Kurve für sich und kontrollierte von da an das Rennen.

Rosberg gelang es sogleich, aus dem DRS-Fenster herauszufahren und bot Hamilton damit gar nicht erst die Chance, einen Angriff zu lancieren. Teilweise schraubte der Wahl-Monegasse seinen Vorsprung auf bis zu 2,8 Sekunden. Nach der ersten Serie der Boxenstopps, die zwischen den Runden 26 und 28 stattfanden, bot sich ein ähnliches Bild: Rosberg kontrollierte das Tempo und behauptete stets einen Vorsprung von mehr als zwei Sekunden auf Hamilton.

Mercedes bittet zum Überraschungs-Stopp

Als bereits alles damit rechnete, dass die Positionen bezogen waren, überraschte Mercedes sowohl die Öffentlichkeit als auch seine Piloten. Rosberg wurde in Runde 46 ein zweites Mal zum Stopp beordert. Aus Sicherheitsgründen, wie Motorsportchef Toto Wolff später erklärte. Man habe Angst gehabt, die Reifen würden die verbleibende Distanz nicht durchstehen.

"Nach dem ersten Stint auf den Option-Reifen haben wir einen höheren Reifenabbau festgestellt, als wir erwartet hatten. Einer der Reifen von Lewis war sogar bis auf 0% Gummi herunter", erläuterte der Österreicher. "Der Stint, den wir mit dem Prime-Reifen fahren wollten, war bereits am Limit. Mit dieser Information im Hinterkopf und einem Vorsprung auf das nächste Auto, der einen Boxenstopp ermöglichte, war es die weniger riskante Option, beide Autos noch einmal hereinzuholen."

Während Rosberg der Anweisung des Kommandostands umgehend Folge leistete, zierte sich Hamilton zunächst und ließ sich auf eine Diskussion mit seinem Renningenieur Peter Bonnington ein. Der Brite sah plötzlich die Möglichkeit vor Augen, das Rennen zu gewinnen, würde er auf einen Stopp verzichten. Nach einer deutlichen Ansage von Bonnigton ("Das ist ein Befehl!") fügte sich der frischgebackene Weltmeister schlussendlich aber doch und steuerte die Boxen an.

Weil wenige Runden später das Safety Car auf die Strecke kam, war die Entscheidung von Mercedes goldrichtig, noch einmal zu stoppen.

Wäre Rosberg mit seinem ursprünglichen Reifensatz bis zum Rennende durchgefahren, hätten die Pneus beim Fallen der Zielflagge 45 Runden auf dem Buckel gehabt, bei Hamilton wären es 43 gewesen.

Rosberg hielt Hamilton auf Distanz, Foto: Sutton
Rosberg hielt Hamilton auf Distanz, Foto: Sutton

Eine stattliche Anzahl, allerdings fuhr Sergio Perez sogar 53 Umläufe auf ein und demselben Satz und auch Valtteri Bottas' Medium-Reifen waren zum Zeitpunkt seines zweiten Boxenstopps 45 Runden alt. Hätten Rosberg und Hamilton nicht über so einen großen Vorsprung auf die Konkurrenz verfügt - der Rückstand des zu diesem Zeitpunkt Drittplatzierten Daniil Kvyat betrug mehr als eine halbe Minute -, Mercedes hätte sich den zusätzlichen Boxenstopp wohl gespart. Dank der enormen Überlegenheit konnten sich die Silberpfeile diesen Luxus aber leisten.

Hamilton kommt nicht an Rosberg ran

Nachdem das Safety Car die Strecke wieder verlassen hatte, stellte sich der Kräfteverhältnis zwischen Rosberg und Hamilton weiterhin unverändert dar. Der Deutsche behauptete stets einen Vorsprung von mehr als einer Sekunde und ermöglichte Hamilton damit gar nicht erst eine DRS-unterstützte Attacke.

"Ich pushte sehr hart, gab absolut alles und ich glaube, dass ich eine bessere Pace als Nico hatte. Aber leider kann man hier einem anderen Auto nicht folgen. Je näher man rankommt, desto mehr verhält es sich wie mit zwei negativen Polen eines Magneten - man stößt sich gegenseitig ab", erklärte Hamilton, warum er nie nahe genug an seinen Vordermann herankam.

Somit feierte Rosberg einen letztlich ungefährdeten Sieg, zu dem er bereits am Start den Grundstein legte. Zittern um seinen ersten Erfolg seit Juni musste der 30-Jährige nur kurz, als Hamilton sich ein Wortgefecht mit dem Kommandostand um den zweiten Boxenstopp lieferte. Da der nunmehrige Dreifach-Champion aber keinen Eklat heraufbeschwor, stand Rosbergs Erfolg nie wirklich in Frage.

Safety Car kostet Kvyat das Podium

Während die Mercedes-Piloten an der Spitze des Feldes außer Reichweite der Konkurrenz ihre Runden drehten, ereignete sich dahinter ein kleines Drama. Daniil Kvyat, der das gesamte bisherige Rennen an der dritten Stelle gelegen war und das Podium bereits vor Augen hatte, wurde zum Opfer des von Sebastian Vettel hervorgerufenen Safety Cars und verlor seinen Platz an Valtteri Bottas.

Kvyat musste Bottas ziehen lassen, Foto: Sutton
Kvyat musste Bottas ziehen lassen, Foto: Sutton

Bis zur Safety-Car-Phase hatte Kvyat alle Trümpfe in der Hand gehabt. Der Red-Bull-Pilot lag vor Bottas, der nach einem ausgesprochen frühen Boxenstopp zudem noch einmal die Reifen hätte wechseln müssen, während Kvyat auf einer Ein-Stopp-Strategie war. Trotz eines Top-Speed-Nachteils von knapp 15 km/h hielt Kvyat seinen Widersacher stets rund zwei Sekunden auf Distanz und sah sich keinen Angriffen ausgesetzt.

Als dann jedoch Safety Car auf den Plan gerufen wurde, löste sich Bottas' strategischer Nachteil in Luft auf. Sowohl er als auch Kvyat stoppten und lagen plötzlich unmittelbar hintereinander. Als das Rennen wieder freigegeben wurde, hatte der Williams-Pilot keine Probleme, an Kvyat vorbeizuziehen und sich den dritten Platz auf dem Treppchen zu sichern.

"Ich denke schon", antwortete Kvyat nach dem Rennen auf die Frage, ob ihm das Safety Car das Podium gestohlen habe. "Ich weiß nicht, wie Bottas auf den Prime-Reifen gefahren ist, aber ich habe ihn vor dem Safety Car ziemlich locker kontrolliert." Mit diesem Erfolg schob sich Bottas in der Weltmeisterschaft an seinem Landsmann Kimi Räikkönen, mit dem er zuvor kollidiert war, auf den vierten Platz vorbei.