Mercedes dominierte das Wochenende in Mexico City in gewohnter Manier. Erste Startreihe, Doppelsieg, alle Runden geführt, schnellste Rennrunde. Trotzdem gab es bei den Silberpfeilen am Sonntagnachmittag Stress. Grund dafür war genau diese Dominanz. Weil sich beide Ferraris selbst aus dem Rennen nahmen, war Red Bull noch der ärgste Verfolger.

Obwohl Daniil Kvyat eine Glanzvorstellung ablieferte, lagen Welten zwischen ihm und den Mercedes. In Runde 45 lag der Russe bereits 35 Sekunden hinter dem Silberpfeil-Duo. Obwohl Mercedes auf einer klaren Einstopp-Strategie unterwegs war, entschied man sich ob des großen Vorsprungs am Kommandostand einen Sicherheitsstopp einzulegen.

Mercedes' Angst: Kommt das Safety-Car zu einem ungünstigen Zeitpunkt, könnten die Verfolger einen Boxenstopp geschenkt bekommen und am Ende mit frischeren Reifen angreifen. Außerdem wurde nach dem ersten Stint auf den weichen Reifen ein erhöhter Reifenverschleiß festgestellt. "Einer der Reifen von Lewis war sogar bis auf 0 Prozent Gummi herunter. Der Stint, den wir mit dem Prime-Reifen fahren wollten, war bereits am Limit", erklärt Toto Wolff. Dieses Risiko wollte Mercedes nicht eingehen und setzte beide Piloten auf Plan B.

Rosberg kommt mit Ärger aber ohne Murren

Als Führender wurde Rosberg in Runde 46 als Erster reingeholt. "Das kam sehr überraschend", gab Rosberg später selbst zu. "Es hat mich auch genervt, weil ich zu diesem Zeitpunkt einen super Rhythmus hatte und eine gute Lücke. Ein Boxenstopp ist ein extra Risiko. Zunächst der Boxenstopp selbst, dann die neuen Reifen - da fängt alles wieder bei null an. Er kommt erst zwei Runden später und hat dann wieder die frischeren Reifen - darauf hatte ich keine Lust."

"Ich hatte auf jeden Fall das Gefühl, das Rennen kontrolliert zu haben. Ich hatte immer ein Auge auf ihn und habe immer, wenn er versucht hat, ein bisschen ranzukommen, ein bisschen Gas gegeben und die Lücke aufgemacht", sagte Rosberg zu Motorsport-Magazin.com.

Doch ohne mit der Wimper zu zucken kam Rosberg zum Stopp. "Ich brauche nicht nachzufragen, weil ich top Experten habe, die sich das zurechtlegen." Dann war Teamkollege Hamilton an der Reihe. "Wir ändern auf Plan B, komm an die Box", wurde Hamilton über den Boxenfunk mitgeteilt. Doch der Brite zögerte, kam nicht rein. "Darf ich fragen warum?", antwortete er. "Bono [Peter Bonnington, Hamiltons Renningenieur], ihr müsst seine Reifen checken, meine sind in Ordnung."

Hamilton fordert Reifen-Check

Bei den Teams ist es üblich, dass die Reifen nach einem Stopp genau analysiert werden. Die Mechaniker tragen den aufgesammelten Gummi ab und können anschließend genau messen, zu wie viel Prozent die Pneus abgetragen sind. "Bitte checkt diese Reifen und teilt mir das Ergebnis mit. Ich will Feedback", forderte Hamilton.

Erst nach einer noch deutlichen Aufforderung folgte Hamilton seinem Team. "Das ist ein Befehl", sagte ihm Bonnington. In Runde 48 kam Hamilton schließlich zum Reifenwechsel. Wäre er draußen geblieben, hätte er das Rennen wahrscheinlich - ohne Safety-Car - gewonnen. Die Strategie war von Anfang an auf einen Stopp ausgelegt.

Hätte Hamilton mit nur einem Stopp gewonnen?, Foto: Sutton
Hätte Hamilton mit nur einem Stopp gewonnen?, Foto: Sutton

Wäre Hamilton nicht reingekommen, wäre der nächste Eklat perfekt gewesen. Rosberg fürchtete das allerdings nicht: "Das darf nicht passieren, deshalb habe ich das null gefürchtet. Es wird auch nie passieren, dass wir auf einmal zwei komplett unterschiedliche Strategien fahren." Aus Team-Sicht klar, aber der Unsicherheitsfaktor Lewis Hamilton bleibt. "Das kann man natürlich nicht kontrollieren", weiß auch Rosberg. "Aber die Bedenken hatte ich nie. Gezuckt hat er mit Sicherheit."

Das Zucken fiel wohl etwas stärker aus. Das Team versuchte Hamilton am Funk mit Sicherheitsgründen zu überzeugen. "Es gab aber kein Risiko, es gab für mich nichts zu verlieren", wird er von der BBC zitiert. "Wir haben die Konstrukteursweltmeisterschaft gewonnen, das Team hat gewonnen, also lasst mich doch ein Risiko eingehen. Aber wir haben gemacht, was wir gemacht haben und haben am Ende noch immer einen Doppelsieg stehen."

Lauda: Egal, was Fahrer wollen

Niki Lauda machte seinen Standpunkt nach dem Rennen klar: "Das Team hat entschieden, dass wir noch einen Boxenstopp machen. Das ist einfach zu entscheiden: Die Strategie wird an der Boxenmauer gemacht und dort wird sie auch entschieden. Ob die Fahrer das mögen oder nicht, ist egal."

Egal war es Lewis Hamilton nicht, auch wenn Lauda das anders sah: "Ich denke nicht, dass er verärgert ist." Bei Hamilton selbst hörte sich das etwas anders an. "Ich habe der Entscheidung nicht zugestimmt, aber das Team trifft die Entscheidung und ich richte mich die meiste Zeit danach."

Auch Motorsportchef Toto Wolff, der den schreibenden Journalisten nach dem Rennen nicht mehr für Fragen zur Verfügung stand, äußerte in der Presseausendung des Teams Verständnis für Hamilton: "Rennfahrer haben Emotionen und wenn sie nicht jedes Mal gewinnen wollten, wären sie nicht die Talente, die sie sind. Aber wir haben am Kommandostand den Überblick und Lewis folgte unserer Anweisung, an die Box zu gehen. Danach kam das Safety Car heraus und machte das Thema obsolet: Wir hätten ohnehin mit beiden Autos frische Reifen abgeholt."