Eine Finnen-Freundschaft in der Formel 1 wird sich zwischen Valtteri Bottas und Kimi Räikkönen sicherlich nicht mehr entwickeln. Nach ihrem Unfall vor drei Wochen in Russland, knallt es beim Mexiko GP erneut zwischen den Landsleuten. Der Crash folgt nahezu demselben Muster wie jener in Sochi.

Es läuft die 22. Rennrunde. Räikkönen hat sich nach seinem durch Motorenstrafen bedingten Start von P19 mittels der härteren Reifen bereits in die Top-10 vorgearbeitet. Von hinten prescht Bottas, nach seinem ersten Stopp, mit frischen Mediums heran. Auf der 1,2 Kilometer langen Start-Ziel-Geraden saugt sich der Williams an den Ferrari, zum Überholen reicht es nicht.

In Kurve vier versucht es Bottas über die Außenbahn erneut, kommt damit in Kurve fünf fast neben Räikkönen und probiert sich auf der Innenbahn vorbeizuquetschen - zu eng. Es knallt. Bottas trifft den Ferrari an der rechten Hinterachse, Räikkönens Auto wird ausgehebelt und rollt mit gebrochener Aufhängung aus. Die Rennleitung untersucht den Vorfall, entscheidet allerdings schnell auf Rennunfall - keine Strafen.

Für Kimi Räikkönen war das Rennen nach dem Crash vorbei, Foto: Sutton
Für Kimi Räikkönen war das Rennen nach dem Crash vorbei, Foto: Sutton

Räikkönen vs. Bottas: Gegenseitige Sticheleien

Die Beteiligten sehen das naturgemäß anders - wenngleich die Schuldzuweisungen diesmal unterschwelliger ausfallen als in Sochi. "Wie soll ich es sagen? Es war ziemlich erwartet. Manche lassen Dinge passieren, andere nicht ...", deutet Räikkönen mit einem schelmischen Lächeln an.

Ob die Situation also etwas mit dem Crash in Austin zu gehabt hätte, ein Art Revanche sei, fragt ein Journalist den Iceman. "Nein, ich denke es war das Rennen davor", scherzt Räikkönen, erstaunlich relaxt. "Vielleicht fühlt er sich nach Russland jetzt besser. Aber ich habe gegen niemanden etwas. Es verändert nichts (an unserer Beziehung, d. Red.). Es war einfach Racing", sagt Räikkönen.

Bottas gibt sich nach seinem dritten Platz ebenfalls halbwegs entspannt, weist die Schuld allerdings klar von sich. "Ich habe versucht, ihn in Kurve fünf zu überholen und wir sind kollidiert. Es war eine heftige Berührung und es ist sehr unglücklich, dass wieder wir zusammengestoßen sind. Schade, das hätte nicht passieren müssen. Er hätte nicht so fahren müssen, ich hatte keinen Platz", sagt Bottas.

Räikkönen widerspricht. "Ja, da war nicht viel Platz. Aber es war einfach eine Rennsituzation. Es ist passiert, was passiert ist. Ich war auch nicht überrascht, ich hatte ihn in der Kurve davor schon gesehen. Natürlich war es knapp und wenn du ihn fragst, wird er sicher mich beschuldigen. Aber wenn du innen über den Kerb fährst, war da sicher genug Platz", sagt Räikkönen.

"Aber gut, der ist auch rutschig und ihm ist das Vorderrad stehen geblieben", gesteht der Finne fair - vergisst allerdings nicht sich zu verteidigen. "Ich musste an einem Punkt auch irgendwann mal einlenken. Ich kann nicht einfach gerade ausfahren. Es ist sinnlos hier über Schuld zu diskutieren. Ihr wollt immer jemanden beschuldigen, aber das hilft niemandem", sagt Räikkönen.

Bottas wiederum ist auch damit nicht einverstanden. "Normalerweise kenne ich es so, dass in solchen Situationen genug Platz für zwei Autos ist, wenn du in eine Schikane fährst. Natürlich stecke ich nicht zurück, ich kämpfe um Positionen. Ich dachte, dass es eine gute Gelegenheit war, vorbeizukommen, aber dann ist es so ausgegangen. Aber es gibt für mich nichts zu besprechen, wir haben uns eben hartes Racing geliefert", sagt der Finne. Ob sich das genauso angehört hätte, wäre der Williams-Pilot ebenfalls ausgefallen?

Wohl kaum, hört man nur Teamchefin Claire Williams zu: "Es war ein Rennunfall, denn die Stewards haben niemanden bestraft. Wir haben keinen Schaden davongetragen und sind ein Glück besser da herausgekommen."

Valtteri Bottas beließ es diesmal bei leichter Kritik - immerhin kam er trotz des Crashs noch auf das Podium, Foto: Sutton
Valtteri Bottas beließ es diesmal bei leichter Kritik - immerhin kam er trotz des Crashs noch auf das Podium, Foto: Sutton

Ferrari hat keine Lust auf Beschuldigungen

Ganz anders Kimi Räikkönen. Er kann das Rennen in Mexiko nicht beenden. Dennoch gibt sich Williams' Pendant auf Ferrari-Seiten ebenfalls entspannt. "Ich möchte niemanden beschuldigen. Das war ein Rennunfall. Es ist in Russland passiert und es ist hier passiert. Das ist Formel 1. Das wichtigste ist, dass niemand dabei verletzt wurde. Unfälle sind aber Teil der Show", sagt Maurizio Arrivabene.

Damon Hill sieht das etwas anders und kritisiert Räikkönen: "Er ist nicht der Jüngste da draußen. Sebastian Vettel zeigt ihm wos lang geht und der Zwischenfall mit Bottas hätte vermieden werden können. Er hätte ihm mehr Platz geben können." Arrivabene kontert: "Ich möchte weder Kimi auf die eine, noch Seb auf die andere Weise beschuldigen. Wir müssen uns nicht entschuldigen und sie müssen sich nicht entschuldigen. Wir sind ein Team."

Räikkönen lieferte zunächst abermals eine starke Aufholjagd, Foto: Sutton
Räikkönen lieferte zunächst abermals eine starke Aufholjagd, Foto: Sutton

Räikkönen bleibt Lohn einer großen Aufholjagd versagt

Und der Beschuldigte selbst? Der muss sich einmal mehr mit einem bitteren Resultat abfinden. "Wir haben uns berührt. Ich habe das Heck verloren und bin ausgeschieden. Aber das passiert und ändert jetzt nichts. Ich habe die Bilder noch nicht gesehen, aber das Ergebnis war natürlich nicht ideal für mich. Es war ein beschissenes Wochenende, aber man kann nichts daran ändern", kommentiert Räikkönen seinen fünften Ausfall der Saison.

Tatsächlich wäre ohne den Zwischenfall sicherlich ein Resultat in den Top-5 möglich gewesen. Zwar musste Räikkönen bereits nach wenigen Runden die Bremsen kühlen, doch schaltete er darauf in den Schongang, sodass sie sich erholten. Dasselbe galt für die Reifen. "Ich hatte ein gutes Auto. Bei den Reifen war es am Anfang nur schwer zu wissen , wie lang sie halten würden. Aber das Auto hat sich gut angefühlt. Als ich angefangen habe zu pushen hatten wir einen guten Speed. Ich denke es wäre ein gutes Rennen geworden", sagt Räikkönen auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com.