Bei Mercedes wird auch vor dem Rennen in Mexiko fleißig weitergestichelt. Während sich Nico Rosberg über seine vierte Pole Position in Folge freute, wirkte Teamkollege und Dauerrivale Lewis Hamilton nur wenig beeindruckt. Einen guten Job habe der Nico schon gemacht, räumte der Brite ein. Um sich dann kurz laut zu erkundigen, wie viele der letzten vier Rennen er gewonnen habe. Drei lautete die Antwort, die vermutlich auch Hamilton kannte.

"Ich persönlich kümmere mich nicht so sehr um Poles", sagte Hamilton in einem Ton der Überzeugung. "Ich bin froh über jede, die ich erzielt habe. Aber für mich zählen die Rennen. Wenn du deine Karriere beendest, dann zählen die Siege und die Weltmeisterschaften, das ist der Grund." Zuvor hatte Hamilton elf Pole Positions auf seinem Weg zur Titelverteidigung erzielt. Doch Rosberg konnte ihn zuletzt zumindest in dieser Kategorie besiegen.

4. Pole in Folge für Rosberg beim Mexiko GP, Foto: Sutton
4. Pole in Folge für Rosberg beim Mexiko GP, Foto: Sutton

Rosberg: Freut mich für Lewis...

Fehlt nur noch der Sieg, auf den Rosberg seit neun Rennen warten muss. Die Pole in Mexiko bedeutet theoretisch die beste Ausgangslage. Hamilton sah das jedoch etwas anders. Laut dem Briten biete Startplatz 2 die bessere Chance auf den Rennsieg. "Ich denke, dass das besser ist", sagte er. "Vor dem Wochenende habe ich darüber nachgedacht, dass es schwierig wird, den Mann hinter mir aufzuhalten, wenn ich auf Pole stehe."

Damit spielte er auf den Windschatten an, der auf der 1,3 km langen Start/Ziel-Geraden sicherlich eine Rolle spielen wird. Über Hamiltons Vermutungen konnte Rosberg unterdessen nur müde lächeln. "Das freut mich für ihn", sagte er. "Ich bin lieber auf Platz 1." Und das am liebsten auch nach dem Ende des drittletzten Rennen des Jahres. Es ist schon fast zur Tradition geworden, dass der Zweikampf der Silberpfeile nach dem Start mit höchster Spannung erwartet wird. Daran wird sich in Mexiko nichts ändern.

Shakehands der Silberpfeile nach dem Qualifying, Foto: Sutton
Shakehands der Silberpfeile nach dem Qualifying, Foto: Sutton

Wolff: Bin nicht der Oberlehrer

Vor allem der Mercedes-Kommandostand schaut genau hin, wie die beiden Teamkollegen miteinander umgehen. Eine kollektive Aussprache hatte es nach dem Start-Ärger in Austin nicht gegeben. "Ich bin nicht der Oberlehrer", sagte Toto Wolff. "Bis zu einer gewissen Stufe liegt die Verantwortung in ihren Händen. Manchmal ist es härter und kniffliger, aber die Grundregel bleibt: Wir wollen keine Kontroversen und Spannungen im Team."

Dafür dürfte es inzwischen allerdings etwas zu spät sein. Zu viel ist vorgefallen zwischen den beiden ambitionierten Mercedes-Piloten. Trotzdem hält Mercedes an seiner zweiten Regel fest: Hamilton und Rosberg dürfen weiter frei gegeneinander fahren – solange es nicht zum Crash kommt. "Deshalb sind wir doch alle hier", sagte Wolff. "Wir wollen sehen, wie sie gegeneinander racen statt vor dem Rennstart abzusprechen, wer als Erster und wer als Zweiter durch die Kurve fährt. Das wäre viel unspannender."

Toto Wolff sieht sich nicht als Oberlehrer, Foto: Sutton
Toto Wolff sieht sich nicht als Oberlehrer, Foto: Sutton

Austin-Ärger abgehakt

Laut dem Mercedes-Motorsportchef sei beiden Fahrern bewusst, dass ein überharter Einsatz Ärger nach sich ziehen kann. Doch wie immer gilt: Wo ist die Grenze? Nach Austin hatte Wolff seine erste Meinung jedenfalls korrigiert, sprach nicht mehr von einem überharten Manöver Hamiltons beim Start. "Das Thema ist jetzt wirklich für mich abgehakt", sagte Rosberg auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. "Ich habe jetzt ein Rennen, das ich gewinnen möchte. Das war‘s." Also keine andere Herangehensweise diesmal beim Start? Rosberg: "Das müsst ihr abwarten..."

Dabei wirkte Rosberg jetzt wieder ausgeglichener als an den vorangegangenen Tagen. Auf die Vermutung von Wolff hin, dass er im Qualifying mit Wut im Bauch zur Pole gefahren sei, entgegnete Rosberg: "Überhaupt nicht. Das habe ich abgehakt. Da gibt es keinen Unterschied, ich greife an wie immer. Ich bin nicht wütend, das wäre nicht die richtige Herangehensweise. Ich mache jetzt einfach weiter. Drei Rennen stehen noch aus, Business as usual und immer volle Attacke."

Gelingt Rosberg der erste Sieg seit dem Rennen in Österreich?, Foto: Mercedes-Benz
Gelingt Rosberg der erste Sieg seit dem Rennen in Österreich?, Foto: Mercedes-Benz

Keine Kontroversen

Dennoch ist für die meisten Beobachter im Fahrerlager nicht ausgeschlossen, dass Rosberg beim nächsten heiklen Duell mit Hamilton nicht klein beigibt. Vielleicht auch um zu beweisen, dass er sich nicht mit der Rolle der Nummer 2 zufriedengibt.

Mercedes dürfte am Ende ziemlich egal sein, welcher der beiden Fahrer oben steht – solange es ein Silberpfeil ist. "Für das Team ist das immer eine Herausforderung", sagte Wolff. "Wir unterstützen sie dabei, weiter hart zu fahren und ihre Ergebnisse zu optimieren. Für das Team ist es aber wichtig, dass es keine Kontoversen gibt. Und wenn die Autos kollidieren, dann führt das zu Kontroversen."