Nach 23 Jahren Pause drehte die Formel 1 am Freitag wieder in Mexiko ihre Runden. Das Comeback verlief ausgesprochen turbulent: Viele Ausrutscher und Verbremser auf dem glatten Asphalt und dazu wechselhaftes Wetter machten es den Piloten nicht einfach, sich an das Autódromo Hermanos Rodríguez heranzutasten. Am Ende des Tages stand die Bestzeit für Mercedes-Pilot Nico Rosberg vor den beiden Red-Bull-Fahrern Daniil Kvyat und Daniel Ricciardo sowie dem frischgebackenen Weltmeister Lewis Hamilton.

Motorsport-Magazin.com nimmt die Longruns unter die Lupe und versucht, das Kräfteverhältnis mit Blick auf den Rennsonntag zu einzuordnen.

Ferrari und Red Bull halten mit Mercedes mit

Allzu viele Runden mit vollen Tanks liegen aufgrund einer von Romain Grosjean ausgelösten Rotphase und gegen Ende des Trainings einsetzendem Regen nicht vor. Die spärlichen Daten vermitteln aber, dass Lewis Hamilton, Nico Rosberg und Sebastian Vettel in der Lage waren, auf relativ konstantem Niveau ähnliche Zeiten im Bereich zwischen 1:24 bis 1:25 Minuten anzuschreiben. Auch Daniel Ricciardo wusste zu überzeugen, fuhr aber nur wenige Runden und absolvierte seine Volltanktests überdies relativ spät, sodass er bald in den Regen kam.

"Ich bin mit dem Ergebnis des heutigen Tages zufrieden. Wir scheinen schnell zu sein und ich konnte viele verschiedene Dinge am Auto ausprobieren", zog Rosberg ein durchaus wohlwollendes erstes Fazit, der es sich zum Ziel genommen hat, zumindest die Mini-WM in den letzten drei Saisonrennen gegen Hamilton für sich zu entscheiden. Achten muss Rosberg aber auch auf Vettel, mit dem er sich ein Duell um den zweiten Rang in der Gesamtwertung liefert. Momentan hat der Ferrari-Pilot die Nase um vier Punkte vorne und auch am Freitag agierte er mit Rosberg zumindest auf Augenhöhe.

Red Bull: Kurven hui, Gerade pfui

Red Bull fühlt sich in den Kurven wohl, Foto: Sutton
Red Bull fühlt sich in den Kurven wohl, Foto: Sutton

Besonders interessant ist ein Blick auf die Top-Speeds. Mexiko verfügt über eine ausgesprochen lange Gerade, auf der die höchsten Geschwindigkeiten der Saison erreicht werden. Die dünne Luft auf rund 2.200 Metern Seehöhe ermöglicht es den Piloten, mit steilen Heckflügeln zu fahren und dennoch ein hohes Tempo zu erreichen. Schnellster Mann des Tages war im ersten Training Hamilton mit 362,3 km/h, allerdings profitierte er dabei vom Windschatten des unmittelbar vor ihm fahrenden Kimi Räikkönen.

Mehr Aussagekraft haben daher die Werte des zweiten Trainings, und auch hier behauptete mit Rosberg ein Silberpfeil die Spitze. Der Deutsche schrieb 356,5 km/h an, unmittelbar gefolgt von den beiden Williams-Piloten Felipe Massa und Valtteri Bottas. Während Vettel und Räikkönen mit jeweils 353 km/h nicht wirklich abfielen, erreichten Ricciardo und Kvyat lediglich 346,8 beziehungsweise 347,0 km/h und befanden sich damit im letzten Drittel der Speed-Tabelle.

Top-Speeds im 2. Training

FahrerTeamMotorTopspeed
Nico RosbergMercedesMercedes356,5 km/h
Felipe MassaWilliamsMercedes356,4 km/h
Valtteri BottasWilliamsMercedes356,0 km/h
Nico HülkenbergForce IndiaMercedes355,3 km/h
Lewis HamiltonMercedesMercedes355,2 km/h
Pastor MaldonadoLotusMercedes354,5 km/h
Romain GrosjeanLotusMercedes353,4 km/h
Kimi RäikkönenFerrariFerrari353,4 km/h
Sebastian VettelFerrariFerrari353,1 km/h
Sergio PerezForce IndiaMercedes352,7 km/h
............
Daniil KvyatRed BullRenault347,0 km/h
Daniel RicciardoRed BullMercedes346,8 km/h

Überraschend kommt dies freilich nicht, das Leistungsdefizit des Renault-Motors ist hinlänglich bekannt. Dass Red Bull mit Mercedes und Ferrari über eine Runde dennoch auf Augenhöhe agierte, ist der traditionell guten Aerodynamik geschuldet. "Was wir auf der Gerade verlieren, gewinnen wir in den Kurven", erklärte Ricciardo. Dass die Strecke am Freitag noch ziemlich rutschig war, dürfte Red Bull ebenfalls in die Karten gespielt haben. Schon in Austin wussten Ricciardo und Kvyat auf nasser Piste zu überzeugen und waren teils schneller als Mercedes, da der Faktor Motor nicht so sehr zum Tragen kam. Erst als es abtrocknete, fielen die Bullen sukzessive zurück.

Fazit: Es kann nur gemutmaßt werden, ob die Spitze wirklich so eng zusammenbleibt. Die Strecke wird sich jedenfalls weiterentwickeln und an Grip zulegen, was Red Bull nicht unbedingt in die Karten spielen sollte. Eine weitere große Unbekannte ist das Wetter: Am Sonntag scheint Regen durchaus möglich, was das Kräfteverhältnis wohl gehörig durcheinander wirbeln würde. Kurz: Je mehr Grip, desto überlegener ist Mercedes zu erwarten, je rutschiger, desto besser stehen hingegen die Chancen der Konkurrenz. Außerdem gilt es zu bedenken, dass die Silberpfeile nicht selten in der Lage sind, im Verlauf eines Rennwochenendes mehr Performance als die anderen Teams zuzulegen.