An diesem denkwürdigen Rennsonntagabend in Austin hat selbst Kimi Räikkönen in seiner Medienrunde Redebedarf. Der Iceman präsentiert sich in Plauderlaune wie nur selten - und das, obwohl er in Runde 27 wegen eines Defekts der Bremskühlung seinen Ferrari in der Box abstellen musste. Verantwortlich dafür war er allerdings selbst. "Es war leider mein Fehler", gesteht Räikkönen ehrlich.

Was war passiert? Unmittelbar nach seinem Reifenwechsel auf Slicks rutschte Räikkönen von der Strecke und beförderte seinen Boliden in die Streckenbegrenzung. An noch kalten Reifen habe es jedenfalls nicht gelegen. "Das war okay als wir raus sind. Es war noch ziemlich rutschig und ich habe eine kleine Pfütze Wasser nicht gesehen. Dann habe ich einfach das Heck verloren. Leider war die Auslaufzone nicht groß genug, sodass ich zwar noch versucht habe gegenzulenken, mich dann aber entschieden habe, dass es okay wäre seitlich in die Mauer einzuschlagen, weil ich da schon nicht mehr sehr schnell war", schildert Räikkönen den Zwischenfall.

Räikkönen crasht, Arrivabene lobt

Eigentlich keine große Sache - doch war der Abflug bei weitem nicht alles. Kaum eingeschlagen, versuchte sich der Finne aus seine misslichen Lage zu retten. "Ich bin in einer Werbebande stecken geblieben und habe am Lenkrad versucht, den Vorderreifen aus der Bande zu befreien und habe es auch geschafft", beschreibt Räikkönen. Und tatsächlich: Der Ferrari ließ sich noch manövrieren, aufgrund der Schäden am Auto hatte die Fahrt allerdings mehr von Rallye als von Formel 1.

"Leider hatte ich dann eine kaputte Front und einen platten Reifen hinten und ich musste reinkommen. Das haben sie wieder hinbekommen, aber dann hat die Bremse vorne überhitzt als ich wieder rausgefahren bin und wir mussten das Rennen beenden. Das war unglücklich, weil das Auto bei diesen Bedingungen sehr gut funktioniert hat - sogar noch mit den Schäden. Nicht ideal", sagt Räikkönen.

Maurizio Arrivabene nimmt seinem Fahrer die Sache erstaunlich wenig krumm. Im Gegenteil. Räikkönen bekam sogar noch ein Lob von seinem Teamchef: "Für mich waren das keine schlechten News. Natürlich, er ist gecrasht, aber was mir gefällt, ist, dass er sehr hart versucht hat, aus der Barriere rauszukommen. Und das demonstriert, wie sich der Spirit des Teams in diesem Jahr um 360 Grad gedreht hat."

Kimi Räikkönen war mit den Aktionen eines Toro-Rosso-Piloten nicht einverstanden, Foto: Sutton
Kimi Räikkönen war mit den Aktionen eines Toro-Rosso-Piloten nicht einverstanden, Foto: Sutton

Räikkönen schießt gegen Rennleitung

Genauso wenig optimal wie der Abflug lief aus Sicht des Finnen sein Zweikampf mit Max Verstappen. "Dieser Typ drängt mich jedes Mal raus. Wenn das regulär ist, werde ich es nächstes Mal auch versuchen", beschwerte sich der Iceman am Funk über den 'Rambo'-Teenager und fehlendes Einschreiten der Rennleitung. Auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com zu diesem Zwischenfall gibt sich Räikkönen ruhiger, aber schlicht enttäuscht.

"Es gibt so viele Regeln. Wir haben Regeln, dass du dich beim Bremsen nicht mehr positionieren darfst. Dass du dem anderen Auto Platz lassen sollst, wenn es direkt neben dir ist ...", sagt Räikkönen. Aber dass seitens der Stewards offenbar mit zweierlei Maß gemessen werde, sei überhaupt nicht in Ordnung. "Manchmal wird einer für sowas bestraft, mal nicht. Das sollte nicht so sein. Ich will einfach, dass die Regeln für alle gleich sind", fordert Räikkönen. Eine klare Anspielung auf seinen Unfall mit Valtteri Bottas in Russland.

Grundsätzlich habe er ja nichts gegen harte Duelle. "Ich habe kein Problem mit einer harten Fahrweise, wir haben uns sogar berührt. Ich will nur, dass die Regeln für alle gleich sind, und da haben wir Klärungsbedarf. Am Ende ist das eben Racing. Da berührt man sich auch mal ein bisschen", sagt Räikkönen.

Ganz vergessen hat Räikkönen bei all dem Trubel hingegen seine beste Szene des Rennens. Der Iceman lieferte einen Raketenstart und arbeitete sich in einer furiose Startrunde vom 18. Startplatz bis auf Rang zehn.

Für solche Aktionen ist ein Iceman nicht zu begeistern, Foto: Sutton
Für solche Aktionen ist ein Iceman nicht zu begeistern, Foto: Sutton

Räikkönen der Regelmacher

Den ganzen Kram zum Renngeschehen einmal abgearbeitet mausert sich Räikkönen am späten Abend schließlich sogar noch zum Regelmacher - oder liefert zumindest einen Vorschlag, um die Formel-1-Wochenenden künftig interessanter zu gestalten. Aufhänger: Der spektakuläre Sonntag in Austin. "Aktuell haben wir erstes Training, zweites Training - und an manchen Orten können wir kaum fahren, weil wir Reifen sparen und Motoren schonen müssen. Die Leute sehen da nicht viele Autos fahren. Aber dafür kommen sie doch!", schildert der Finne das Problem.

Sein Lösungsvorschlag: "Um ehrlich zu sein, wäre es für mich viel schöner immer Zwei-Tage-Wochenenden zu fahren. Dann würden die Zuschauer auch immer Autos fahren sehen. Deshalb wäre es besser, es an zwei Tagen zu machen, wie hier. Es ist nicht zu stressig. Wenn man es plant, geht das. Heute Morgen war auch genug Zeit, um alles zu erledigen."

Von anderer Bespaßung der Fans hält der Iceman allerdings nichts. Nicht umsonst habe man ihn bei den vielfältigen Spaßaktionen der Teams als Racing-Ersatz am verregneten Samstag nicht gesehen. "Ehrliche Antwort? Das ist die Formel 1 und nicht der Zirkus. Klar sind die Leute nicht glücklich, wenn wir nicht fahren. Aber wir können sie nicht mit allem glücklich machen, sondern damit, dass wir fahren. Aber das kann jeder für sich entscheiden, ich bin aber hier zum Rennen fahren", sagt Räikkönen zu Motorsport-Magazin.com.