Die Luft für Red Bull bei der Motorensuche wird immer dünner. Konnte sich das Team bislang mit keinem Hersteller auf die Lieferung von aktuellen Motoren ab 2016 einigen, hat nun die FIA der theoretischen Möglichkeit, Vorjahres-Aggregate zu verwenden, einen Riegel vorgeschoben. Jeder Hersteller darf bis zum 28. Februar 2016 nur eine Power Unit homologieren lassen und die Kunden dürfen auch nur diese einsetzen. Nur alle Teams gemeinsam könnten die Regeln ändern. Manor, die in dieser Saison ein altes Aggregat von Ferrari verwenden, haben mit Mercedes bereits einen neuen Partner gefunden. Red Bull aber steht nach der Trennung von Renault nun vor dem Aus. Motorsport-Magazin.com beleuchtet die möglichen Szenarien des viermaligen Weltmeister-Teams.

Variante 1: Red Bull steigt aus

Gehen bei Red Bull die Lichter aus?, Foto: Motorsport-Magazin.com
Gehen bei Red Bull die Lichter aus?, Foto: Motorsport-Magazin.com

Derzeit die wahrscheinlichste Möglichkeit. Kein Hersteller will Red Bull beliefern, um einen direkten Konkurrenten nicht zu stärken. Zwischen Mercedes und Red Bull gab es nach Angaben von Niki Lauda nie ernsthafte Gespräche, inzwischen sei durch die Übereinkunft mit Manor jedoch die Kapazitätsgrenze bei Mercedes erreicht. Ferrari galt zuletzt als aussichtsreichster Kandidat, doch das Team ruderte zurück und bot nur noch Vorjahresmotoren an, die Toro Rosso zwar genommen hätte, aber nicht Red Bull. Und laut Dr. Helmut Marko hätte es ohnehin nur eine gesamtheitliche Lösung gegeben. Die neuen Regeln machen eine derartige Variante allerdings unmöglich. Und ob eine Reunion mit Renault Sinn macht und überhaupt zustande kommt, erscheint unwahrscheinlich. Es sieht ganz danach aus, als muss sich der Formel-1-Zirkus von Red Bull und Toro Rosso verabschieden. Hoffnungsschimmer ist jedoch die felsenfeste Überzeugung von Bernie Ecclestone, der 2016 auf jeden Fall mit 22 Autos rechnet.

Wahrscheinlichkeit: 55 Prozent

Variante 2: Renault liefert Motoren

Renault könnte von einem Kunden wie Red Bull profitieren, Foto: Sutton
Renault könnte von einem Kunden wie Red Bull profitieren, Foto: Sutton

Von den aktuellen Herstellern ist wenn überhaupt Renault noch die wahrscheinlichste Lösung. Zwar stand die Trennung zum Jahresende bereits fest, doch Christian Horner erklärte zuletzt gegenüber Sky Sports, offiziell sei noch nichts beendet. Der Vertrag lief ursprünglich bis 2016. Klar ist: Red Bull gab Renault die Hauptschuld an der seit vergangenem Jahr durchlaufenen sportlichen Misere und äußerte dies öffentlich und oftmals in sehr harschem Ton. Von der erfolgreichen Basis, die von 2010 bis 2013 zu vier Titeln führte, war nichts mehr übrig. Das Vertrauensverhältnis war zerstört.

Geht Red Bull allerdings einen Schritt auf Renault zu, könnte es vielleicht noch zu einem Umdenken auch bei Renault kommen. Denn kaufen die Franzosen Lotus tatsächlich, hätten sie mit Red Bull ein starkes Kundenteam, wodurch auch das eigene Werksteam profitieren würde. Red Bull hätte den Vorteil, dass sich das Design des Autos aufgrund der gleichen Power Unit nicht großartig verändern müsste. Die Frage ist: Springt Red Bull über seinen Schatten oder ist ihnen der Ausstieg lieber?

Wahrscheinlichkeit: 20 Prozent

Variante 3: Ferrari liefert Motoren

Gesteigertes Interesse an einem Kunden Red Bull hat man bei Ferrari nicht, Foto: Sutton
Gesteigertes Interesse an einem Kunden Red Bull hat man bei Ferrari nicht, Foto: Sutton

Ohne die Regeländerung der FIA wäre eine Zusammenarbeit zwischen Red Bull und Ferrari trotz der Entwicklungen der vergangenen Wochen noch möglich gewesen, denn die Österreicher hätten einen Vorjahresmotor wohl akzeptiert, wenn es die letzte Spezifikation anno 2015 gewesen wäre. Doch die neuen Regeln - vorausgesetzt, die Teams ändern sie nicht einstimmig ab - machen dieses Arrangement unmöglich. Und die aktuellsten Motoren will Ferrari auf keinen Fall liefern, zu groß scheint der Widerstand im Team. Verständlich, will man sich die in diesem Jahr zurückgewonnene Stärke nicht hausgemacht wieder nehmen lassen.

Zudem ist auch unklar, wie Ferrari beide Red-Bull-Teams beliefern soll. Mit dem eigenen Werksteam, Haas und Sauber gibt es bereits drei Teams, ob die Roten überhaupt die Kapazität für fünf Teams hätten (abgesehen von den laut Reglement ohnehin maximal erlaubten vier Teams), ist unklar. Ferrari scheint daher keine wirkliche Option für Red Bull zu sein.

Wahrscheinlichkeit: 10 Prozent

Variante 4: Mercedes liefert Motoren

Haben sich deutlich gegen eine Partnerschafz ausgesprochen: Toto Wolff und Niki Lauda, Foto: Mercedes-Benz
Haben sich deutlich gegen eine Partnerschafz ausgesprochen: Toto Wolff und Niki Lauda, Foto: Mercedes-Benz

Das ist quasi ausgeschlossen. Bereits mehrfach äußerten sich Toto Wolff und Niki Lauda deutlich und unmissverständlich, dass Mercedes keine Aggregate nach Milton Keynes liefern wird. Zwar meinte RB-Teamchef Christian Horner bei ServusTV, die Entscheidung liege nicht bei Wolff, doch hierauf fand Lauda eine klare Antwort, in dem er klarstellte, dass es eine Gemeinschaftsentscheidung vom Vorstand und den Teamverantwortlichen sei. Zudem habe man durch die Übereinkunft mit Manor die Kapazitätsgrenze von vier Teams erreicht.

Der einzige Vermittler könnte Bernie Ecclestone sein, der bereits in Japan Druck ausgeübt haben soll, in dem er die Mercedes' während des Rennens kaum im Bilden zeigen ließ. Ob das den Tatsachen entspricht oder doch nur eine strategische Neuausrichtung der Weltregie dafür verantwortlich war, bleibt unklar. Da sich Mercedes aber wohl kaum zwingen lässt, fällt diese Option für Red Bull weg.

Wahrscheinlichkeit: 5 Prozent

Variante 5: Ein anderer Hersteller liefert die Motoren

Eine Power Unit kann man nicht in ein paar Monaten entwickeln, Foto: Renault Sport F1
Eine Power Unit kann man nicht in ein paar Monaten entwickeln, Foto: Renault Sport F1

Hier kann man das "quasi" vor ausgeschlossen getrost streichen. Eine Power Unit benötigt eine lange Vorlaufzeit für Entwicklung und Testphase. Honda hatte bereits mehr als ein Jahr zur Verfügung, dennoch reichte es nicht, um über den Status der Hinterbänkler hinwegzukommen. Arbeitet Red Bull also nicht bereits lange mit einem neuen Hersteller zusammen oder entwickelt das Team nicht selbst bereits seit geraumer Zeit einen neuen Motor - was wohl nicht unbemerkt geblieben wäre - ist diese Variante ausgeschlossen.

Wahrscheinlichkeit: 0 Prozent

Variante 6: Red Bull startet mit anderen Motoren

2013 fuhr Marussia mit Cosworth-Motoren, Foto: Sutton
2013 fuhr Marussia mit Cosworth-Motoren, Foto: Sutton

Nach Einführung der V8-Motoren 2006 durfte Toro Rosso mit gedrosselten Zehn-Zylinder-Motoren fahren, da Minardi - das Vorgängerteam - eine Sondergenehmigung hatte, um Kosten zu sparen. Diese wurde auch nach der Übernahme durch Red Bull beibehalten. Nun könnte RB selbst von einer derartigen Regelung profitieren. Gerüchten zufolge plant man, die Österreicher mit V8-Motoren fahren zu lassen, die über das alte KERS verfügen und zudem noch Vorteile beim Gewicht erhalten. Hier könnte Cosworth eine Alternative sein, die sich nach Ende der V8-Ära 2013 zurückgezogen hatten. Optimal wäre diese Option nicht, für den Sport jedoch deutlich besser als der Ausstieg der beiden Teams.

Wahrscheinlichkeit: 10 Prozent