"Bis das Safety-Car kam, hatte ich das Rennen richtig gut im Griff. Da war ich dominant unterwegs", sagte Nico Rosberg nach seinem bitteren Aus beim Russland GP mit leicht ironischem Unterton. Die erste Safety-Car-Phase begann schon nach drei Kurven. Und dann nahm das Unheil seinen Lauf.

Am Ende der Safety-Car-Phase merkte Rosberg erstmals, dass etwas nicht stimmt. "Was ist das denn jetzt? Das Gefühl hatte ich noch nie", so seine erste Reaktion. Ganz richtig ist das nicht. 2008 hatte er ein ähnliches Problem in Monaco, damals noch im Williams. Dort rauschte er mit Highspeed in die Schwimmadschikane.

Ganz so schlimm ging es in Sochi glücklicherweise nicht aus, auch wenn die sportlichen Folgen deutlich gravierender sind als vor einigen Jahren in Monaco. Die Chancen auf seinen ersten Weltmeistertitel sind weiter geschrumpft, in etwa auf die Größe des defekten Teils. Sie sind nur noch theoretischer Natur.

Gaspedal bleibt hängen

Was war passiert? Rosbergs Gaspedal funktionierte plötzlich nicht mehr richtig. Erst blieb es hängen, ging nicht mehr in die Ausgangsposition zurück, später kam es Rosberg immer weiter entgegen. "Es ist alles auf meinen Körper angepasst, da spüre ich jeden Millimeter. Erst recht, wenn auf einmal das Gaspedal zwei Zentimeter weiter in meine Richtung kommt."

Zunächst war das Problem, dass der Mercedes-Pilot zwar problemlos vom Gaspedal gehen konnte, das Pedal dann aber nicht in die Ausgangsstellung zurückkam. Dadurch lieferte die Power Unit immer Leistung, warum Rosberg die Kurven nicht mehr richtig nehmen konnte.

Gefahr soll übrigens nicht bestanden haben. Rosberg wurde noch im Auto von seinen Ingenieuren darüber informiert, dass es einen Mechanismus gibt, der im Notfall die Gaspedalstellung überstimmt. Normalerweise wird über Sensoren die Gaspedalstellung in ein elektrisches Signal umgewandelt, dass dann an den Motor weitergegeben wird. Ist die Überschneidung von Gas und Bremse zu hoch, macht die Drosselklappe zu, der Motor liefert keine Leistung mehr. Schnell fahren kann man so freilich nicht mehr.

Gaspedal kommt Rosberg entgegen

Der Dämpfer ist gelb eingekreist, das Gaspedal (rot) wird vom Bremspedal verdeckt, Foto: Sauber F1
Der Dämpfer ist gelb eingekreist, das Gaspedal (rot) wird vom Bremspedal verdeckt, Foto: Sauber F1

Doch es kam noch schlimmer: Das Gaspedal wanderte immer weiter in Rosbergs Richtung. Er musste den Fuß so weit zurückziehen, dass die Knie schon zu stark angewinkelt waren, um überhaupt noch lenken zu können. Deshalb kam er im Schleichtempo zurück an die Box, wo er den Silberpfeil letztendlich abstellen musste.

Schuld am Ausfall war der Gaspedaldämpfer. Früher war das Gaspedal über Mechanik direkt mit der Drosselklappe verbunden, ein Federmechanismus regelte die Übersetzung. Heute wird die Gaspedalstellung von Sensoren erfasst und an das Motorsteuergerät weitergegeben.

In einem Dämpfer fließt Flüssigkeit in kleinen Kanälen zwischen Kammern, Foto: ZF Sachs
In einem Dämpfer fließt Flüssigkeit in kleinen Kanälen zwischen Kammern, Foto: ZF Sachs

Damit der Fahrer das richtige Gefühl für das Gaspedal hat, befindet sich direkt hinter dem Pedal ein kleiner Dämpfer. Die Rückstellung des Pedals alleine, wäre auch einfach möglich. "Wir sind uns noch nicht sicher, ob eine Dichtung kaputtgegangen ist, oder das Metallteil", sagte Mercedes Motorsportchef Toto Wolff zu Motorsport-Magazin.com.

Ein Dämpfer erreicht seine Eigenschaften durch Flüssigkeit, die durch enge Kanäle fliest. Durch den Defekt ist Flüssigkeit ausgetreten, wodurch das Gaspedal länger und länger wurde. Der Austausch des defekten Teils hätte mindestens eine halbe Stunde gedauert. Die Pedalerie muss dafür zunächst ausgebaut werden.

Gaspedaldämpfer kein Zukaufteil

Der defekte Dämpfer ist übrigens kein Zukaufteil. Mercedes entwickelte das Teil mit externen Experten und fertigt es im Werk in Brackley. "Zu Beginn dieses Jahres sah es so aus, als hätten wir eine starke Zuverlässigkeit. Jetzt hatten wir einige Probleme, was überraschend kommt. Es wurde über die Saison hinweg schlechter, speziell in den letzten Monaten hatten wir mehr Schwierigkeiten", warnt Rosberg.

"Es gibt immer wieder Probleme, die auftreten können", beruhigte Niki Lauda bei Motorsport-Magazin.com. Dieser spezielle Defekt trat bei Mercedes zum ersten Mal überhaupt auf. Auch Motorsportchef Toto Wolff gibt sich noch ruhig: "Ich bin nicht allzu besorgt. Die mechanische Zuverlässigkeit war zuletzt nicht gut, aber der Fehler heute war ein verdammt kleiner Fehler mit großer Auswirkung."

Auch bei Lewis Hamilton gab es übrigens Probleme am Fahrzeug: 15 Runden vor dem Ende des Rennens arbeitete sein Heckflügel nicht mehr richtig. Sobald er den Heckflügel öffnete, wurden die Probleme größer. Auch im Verkehr kam es zu stärkeren Strömungsabrissen. "Wir wissen aber nicht, ob es am DRS-Mechanismus lag oder an Gummistücken, die sich im Flügel verfangen haben", so Wolff.