Der Freitag in Sochi. Erst Diesel, dann Regen. Und kaum Autos auf der Strecke. Die Fans dürften sich bedankt haben. "Es war unglaublich langweilig", meinte rückblickend auch Lewis Hamilton. "Es war für die Fahrer langweilig, für die Fans, die Ingenieure und auch die Medien. Und ich hatte einen Tag weniger im Auto. Also glaubt mir, das war kein schöner Tag für mich, weil ich jeden Tag als Rennfahrer als Segen betrachte. Wenn du das nicht nutzen kannst, ist es einfach blöd."

Es bleibt die Crux der Formel 1. Die Freitage können endlos lang werden, wenn die Autos nicht fahren. Vor einiger Zeit wurde bereits ein zusätzlicher Reifen von Pirelli eingeführt, um für mehr Action auf der Strecke zu sorgen. In der Tat ist auch mehr los, die Lösung hat funktioniert. Doch es bleiben diese Tage, an denen der Fan vornehmlich auf den leeren Asphalt schauen muss. Nach dem Ausfall-Tag in Sochi kamen erneut Diskussionen auf, ob das arrivierte Wochenendformat noch zeitgemäß ist.

Lewis Hamilton denkt über die Zukunft nach - und über Ferrari, Foto: Sutton
Lewis Hamilton denkt über die Zukunft nach - und über Ferrari, Foto: Sutton

Vorbild: MotoGP

"So wie es jetzt ist, ist es nicht perfekt", sagte Romain Grosjean. "Wir müssen vielleicht überlegen, ob wir die Session verschieben sollten, wenn es nass ist. Aber meistens funktioniert es ja." Verschiebungen sind angesichts der extrem engen Zeitpläne – nicht nur in der Formel 1 – allerdings alles andere als einfach umzusetzen. Der Lotus-Pilot zeigte sich jedoch angetan von den Fan-Aktionen im Rahmen der MotoGP.

An diesem Wochenende boten die Herren Rossi, Lorenzo, Marquez und Co. in Japan eine unterhaltsame Show auf Mini-Bikes. In der Formel 1 gibt es Vergleichbares höchstens im Rahmen von Sponsoren-Events. Die Masse der Fans bleibt oftmals außen vor. "Vielleicht könnten wir so etwas in der Formel 1 hinbekommen, mit Karts zum Beispiel", meinte Grosjean. "Aber das ist auch schwierig: Wir wollen ja kein zusätzliches Risiko in Kauf nehmen."

Hamilton begrüßt Änderungen zu 1000 Prozent

Risiko als Spaßbremse? In der Formel 1 wird nur ungern mit Traditionen gebrochen. Das gilt auch für das traditionelle Wochenendformat, das in den vergangenen Jahrzehnten kaum verändert worden ist. Change we need, wie es einst bei US-Präsident Barack Obama so schön hieß? "Aus Sicht eines Formel-1-Fans: zu 1000 Prozent", machte sich Hamilton für Neuerungen in der Königsklasse stark. "Ich bin seit neun Jahren hier, und es ist immer der gleiche Donnerstag, Freitag und Samstag. Das Qualifying hat sich etwas geändert, aber vom Prinzip her ist es immer das Gleiche."

Eine konkrete Idee hatte Hamilton allerdings nicht. Er sprach von einer Art Super-Wochenende und wechselnden Formaten. "Das wäre ziemlich cool", glaubte der Weltmeister. "Aber es ist höchst unwahrscheinlich, dass so etwas jemals geschieht." Möglicherweise ist es doch nicht so unmöglich, wie es Hamilton abtat. Denn: Es gibt durchaus Diskussionen hinter den Kulissen der Formel 1 über mögliche Formatveränderungen. Reversed Grid in der Königsklasse? Kompaktes Format mit zwei Tagen, das in der DTM so grandios gescheitert ist?

Das Streckenfahrzeug als Spaßbremse am Freitag in Sochi, Foto: Sutton
Das Streckenfahrzeug als Spaßbremse am Freitag in Sochi, Foto: Sutton

Neues Format: Es gibt Gespräche

"Es gibt Gespräche darüber", verriet Toto Wolff Samstagabend am Rande des Russland Grand Prix. "Es gibt zwei Gruppen, die ein bisschen unterteilt sind. Die eine – zu der ich mich auch zähle – sagt: Die F1 ist ein bekanntes Produkt. Wir wissen, was es ist. Zwei Trainings am Freitag, Training und Qualifying am Samstag, das Rennen am Sonntag. Das ist wie ein 90-minütiges Fußballspiel, und dabei sollten wir bleiben."

Gleichzeitig war Wolff offen für Einflüsse von außen – wenn sie von der richtigen Seite vorgetragen werden. Im Klartext: Allein auf die Meinung von Fans zu vertrauen, sei nicht zielführend. Wolff: "Was auch immer besprochen wird, kommt an die Öffentlichkeit. Dann gibt es eine große Gegenreaktion, und es heißt: ‚Die Leute in der Strategy Group sind verrückt‘. Ich denke, dass wir eine Gruppe von Menschen involvieren sollten, die den Sport verstehen. Befragungen sind gut. Man muss aber verstehen, wer solche Befragungen beantwortet hat. Ich denke, je mehr Ideen wir haben, desto besser ist es."

Was wohl Bernie von möglichen Veränderungen hält?, Foto: Sutton
Was wohl Bernie von möglichen Veränderungen hält?, Foto: Sutton

Punkte fürs Training?

Einen Vorschlag steuerte unterdessen Nico Hülkenberg hinzu, wenn auch aus dem Spontanen heraus gewachsen. "Sicherlich gibt es Möglichkeiten, um es spannender zu machen", sagte der Force-India-Pilot. "Wir könnten zum Beispiel eine schnelle Runde fahren, die dann irgendwie für Samstag und für die Startposition gilt. Ich habe nicht so viel darüber nachgedacht – aber wenn man will, geht das sicher. Es ist nur meine persönliche Sicht als Fahrer, dass es oftmals etwas zu viel ist, bevor es dann letztlich zählt."

Wäre es also sinnvoll, für die drei Trainings vor dem Qualifying mögliche Vorteile in Aussicht zu stellen? Die Meinungen darüber könnten kaum weiter auseinandergehen. Fakt ist aber: Wenn es in der Formel 1 etwas zu gewinnen gibt, wirft sich jeder darauf. "Wenn du Trainings fährst, geht es natürlich darum sich vorzubereiten", sagte Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery. "Wenn du wirklich willst, dass die Leute arbeiten, musst du ihnen Preise geben. Wenn du sehen willst, dass richtig gefahren wird, dann muss es sich für die Teams lohnen."