Pascal Wehrlein wird sich am 17. Oktober mit großer Wahrscheinlichkeit zum jüngsten DTM-Champion der Geschichte krönen. Falls nicht, erhält er einen Tag darauf die nächste Chance - an seinem 21. Geburtstag nebenbei bemerkt. Kurzum: Mit 37 Punkten Vorsprung vor dem letzten Wochenende ist der Mercedes-Pilot dem Titel sehr, sehr nah.

Für die meisten Rennfahrer dieses Planeten wäre das wohl die Krönung ihrer Karriere. Nicht aber für Pascal Wehrlein. Der 20-Jährige steht noch am Anfang seiner großen Karriere. Die DTM ist toll, aber die Formel 1 das Ziel des Youngster. Der Titel soll für ihn die Eintrittskarte in die Königsklasse des Motorsports sein.

Mini-Jubiläum: Wehrlein ein Jahr bei der Formel 1

Dabei hat Wehrlein eigentlich schon eine Eintrittskarte. Als Ersatzfahrer des Mercedes Formel-1-Teams verfügt er sogar über einen roten Pass, der ihm Zutritt zum Fahrerlager für alle Rennen verschafft. Doch der ist ihm freilich nicht genug. In Singapur feierte er einjähriges Paddock-Jubiläum. Als Ersatzfahrer kam er 2014 in Singapur erstmals in das Formel-1-Paddock.

Auf dem nächsten Selfie will Wehrlein selbst zu sehen sein, Foto: Mercedes AMG
Auf dem nächsten Selfie will Wehrlein selbst zu sehen sein, Foto: Mercedes AMG

Doch dieses Jubiläum ist ihm ziemlich egal. "Ich will fahren, nicht hier sitzen", sagt er selbstbewusst. Dabei zählt er eigentlich noch zu den glücklicheren Ersatzfahrern der Formel 1. Abgesehen von seinen tagelangen Aufenthalten im Simulator in Brackley, darf er auch bei den spärlichen Testfahrten ran.

Für Force India wird Wehrlein 2016 nicht fahren, Foto: Sutton
Für Force India wird Wehrlein 2016 nicht fahren, Foto: Sutton

Sechs Testtage durfte Wehrlein schon absolvieren. Dabei hat er wahrscheinlich so viele Kilometer abgespult wie McLaren-Honda über die gesamte Saison. Wehrlein hat Glück, dass Mercedes nicht nur einen eigenen Rennstall hat, sondern auch noch Kunden mit Motoren beliefert. Nicht zufällig durfte er deshalb dreimal für Force India testen.

Und ein Kunde könnte für ihn auch die große Chance sein, 2016 ein Stammcockpit in der Formel 1 zu erhalten. Lange Zeit galt er sogar als Kandidat für Force India, doch der indische Rennstall hat inzwischen Nico Hülkenberg und Sergio Perez für die kommende Saison bestätigt. Auch bei Williams sind Valtteri Bottas und Felipe Massa 2016 gesetzt.

Bliebe Lotus. Doch der Rennstall steht unmittelbar vor einer Übernahme durch Renault. Somit fällt höchstwahrscheinlich ein Mercedes-Kunde weg. Doch die Nachfrage nach den Aggregaten aus Brixworth ist hoch. Und aller Voraussicht nach erhält Manor den Zuschlag.

Lauda bestätigt Manor-Deal

"Das ist auf jeden Fall ein interessantes Team, wenn Lotus zu Renault geht. Das ist eine Racer-Truppe, die solide finanziert ist", gab sich Mercedes Motorsportchef Toto Wolff noch etwas bedeckt. Niki Lauda sagte bereits, dass man sich bei Mercedes für Manor und gegen Red Bull entschieden habe. Die Chancen, dass es so kommt, sind gut, offiziell ist es aber noch nicht.

Auch die größten mussten mal klein Anfangen: Alonso bei Minardi, Foto: Sutton
Auch die größten mussten mal klein Anfangen: Alonso bei Minardi, Foto: Sutton

Und für Manor könnte es eine dreifache Glückssituation werden. Die Mannschaft von John Booth und Graeme Lowdon könnte nämlich neben den Motoren noch einen Fahrer bekommen. Pascal Wehrlein.

Die Frage ist, wie der Deal zwischen Mercedes und Manor aussieht. Ist Wehrlein im Manor eine Bedingung, dass Manor überhaupt Mercedes-Motoren bekommt? Bekommt Manor für Wehrlein einen Nachlass bei den Motoren? Beide Seiten dementieren jedoch, dass die Personalie Pascal Wehrlein Inhalt der Verhandlungen ist.

Lowdon: Wehrlein kein Thema bei Motoren-Gesprächen

"Die Gespräche, die wir mit verschiedenen Power-Unit-Herstellern geführt haben, hatten nichts mit Fahrern zu tun, die sie gerne bei uns unterbringen möchten", sagte Graeme Lowdon zu Motorsport-Magazin.com. " Als Power-Unit-Ausrüster ist man in einer guten Lage. Die Gespräche mit ihnen waren rein kommerzieller Natur."

Kategorisch ausschließen will Lowdon einen solchen Deal aber nicht. "Wenn es ein solches Arrangement geben sollte, dann wäre das sicher nicht das erste Mal in der Formel 1, dass es so etwas gibt. Darauf liegt derzeit aber nicht unser Hauptfokus."

Auch Toto Wolff hält den Ball vorerst flach: "So sehr uns Pascal am Herzen liegt, er hat die Chance, die DTM zu gewinnen und dann werden wir sehen, ob wir ihn in der Formel 1 unterbringen." Klare Massage also von Wolff an Wehrlein: Gewinn die DTM, dann hast du eine Chance auf die Formel 1. So sieht es übrigens auch Wehrlein selbst. Der 20-Jährige will sich von den Formel-1-Gerüchten nicht ablenken lassen. "Und wenn man daran denkt, lenkt es wirklich ab", versichert er.

Manor würde dreifach profitieren

Für Manor wäre Wehrlein aber nicht nur gut, um Mercedes-Motoren mit einem möglichen Discount zu erhalten. Nebenbei bekämen sie mit Wehrlein ein absolutes Mega-Talent. Dessen ist sich auch Lowdon bewusst: "Bevor ich aber etwas über ihn sage, lassen sie mich anmerken, dass es noch keinerlei Verbindung zu ihm gibt. Er ist offensichtlich ein großes Talent und sicherlich ein Fahrer, den man im Auge behalten sollte. Aber derzeitig gibt es einige gute Fahrer und er ist sicherlich einer von ihnen."

Sieht toll aus, macht aber wenig Spaß: Testfahrten, Foto: Sutton
Sieht toll aus, macht aber wenig Spaß: Testfahrten, Foto: Sutton

Ob ein Formel-1-Cockpit tatsächlich in erster Linie vom DTM-Titel abhängt, ist ungewiss. Wehrlein kann jedenfalls nicht mehr machen, als in Hockenheim die Pflicht zu erfüllen. Mercedes muss das Supertalent aber bei Laune halten. Denn Geduld ist nicht unbedingt die Stärke des Pascal Wehrlein. Er will in die Formel 1 und das am liebsten gestern.

Außerdem fällt es Tourenwagen-Piloten nicht immer leicht, sich an die Formel-1-Boliden zu gewöhnen. Diese Sorge hat auch Wehrlein, wenn der Aufstieg nicht bald gelingt und er noch eine Ehrenrunde in der DTM drehen 'muss'. 2016 gibt es für Nachwuchspiloten übrigens noch weniger Chancen, in der Formel 1 zu testen. Vor der Saison fallen von zwölf Testtagen vier weg, die vier Testtage während der Saison werden komplett gestrichen.