Wer in Deutschland mitten in der Nacht für das erste Freie Training zum Großen Preis von Japan aufstand, der hatte Pech. Regen verhinderte eine normale Session. Wer für das zweite Freie Training das warme Bett verließ, hatte ebenfalls Pech - allerdings nicht ganz so viel, denn um 07:00 Uhr morgens aufzustehen ist besser als um 03:00 Uhr. Doch sportlich gab es auch in der zweiten Session nicht viel zu sehen.

Aber zumindest wurde bei den schwierigen Bedingungen ein wenig gefahren. Longrun-Analysen, wie sie sonst hier zu lesen sind, sind aber trotzdem nicht möglich. Deshalb gibt es an dieser Stelle die etwas andere Freitags-Analyse.

Topspeeds zeigen Stärken der Chassis

Um eine Sache vorwegzunehmen: Auch die Bestzeiten über eine Runde gesehen sind nicht besonders repräsentativ. Das Wetter wechselte ständig, die Piloten waren zu unterschiedlichen Zeiten auf unterschiedlichen Reifentypen unterschiedlichen Alters unterwegs. Also alles für die Katz? Nicht ganz.

Hier werden die Geschwindigkeiten gemessen, Foto: FIA
Hier werden die Geschwindigkeiten gemessen, Foto: FIA

Es gibt durchaus interessante Erkenntnisse. Ein Blick auf die Topspeeds liefert zum Beispiel ein paar. Die höchste Geschwindigkeit wird am Ende von Sektor zwei gemessen. Rund 500 Meter nach Spoon und 270 Meter vor 130R. Die offizielle Topspeed-Messung erfolgt aber erst 70 Meter hinter 130R. Bei trockenen Bedingungen sind die Werte fast identisch, weil die extrem schnelle Linkskurve Vollgas geht. Im Nassen nicht. Das macht es interessant.

Im Regen lassen sich schon an der Messstelle Sektor zwei gravierende Unterschiede zum Trockenen erkennen. Spoon ist eine Mittelschnelle Kurve, aerodynamisch gute Autos profitieren am Ausgang. Und siehe da, plötzlich tauchen die Red Bulls in den Top-10 auf. In Singapur, wo die Höchstgeschwindigkeit in ähnlichen Regionen lag, war Red Bull noch abgeschlagen.

Geschwindigkeitsmessung Sektor 2

Fahrer Team Motor Topspeed
Lewis Hamilton Mercedes Mercedes 306,2 km/h
Nico Rosberg Mercedes Mercedes 306,1 km/h
Sebastian Vettel Ferrari Ferrari 304,9 km/h
Kimi Räikkönen Ferrari Ferrari 303,4 km/h
Daniel Ricciardo Red Bull Renault 303,2 km/h
Pastor Maldonado Lotus Mercedes 302,9 km/h
Romain Grosjean Lotus Mercedes 302,3 km/h
Nico Hülkenberg Force India Mercedes 302,2 km/h
Felipe Massa Williams Mercedes 301,4 km/h
Daniil Kvyat Red Bull Renault 299,7 km/h

Daniel Ricciardo liegt mit 303,2 Stundenkilometer auf Rang fünf - ihm fehlen nur 3 km/h auf den Bestwert von Lewis Hamilton. In Singapur setzte Nico Rosberg den Topspeed in FP2 mit 303,7 km/h. Hier tauchte kein einziger Renault-befeuerter Bolide in den Top-10 auf. Bester Renault-Mann war Kvyat als 15. Ihm fehlten mit 294,5 km/h schon fast 20 Stundenkilometer auf den Bestwert - eine Welt!

Ultra-schnelle Kurven Red-Bull-Land

Noch deutlicher wird es aber am sogenannten Speed Trap. Das ist die vierte offizielle Messstelle einer Strecke. Der Speed Trap wird frei gewählt, ist unabhängig von den Sektoren. Meist wird die Stelle so gewählt, dass dort die höchsten auf einer Strecke erzielten Geschwindigkeiten gemessen werden. Ab und zu wird aber auch am Ausgang von schnellen Kurven gemessen, wie hier in Suzuka nach 130R oder in Spa nach Eau Rouge.

Und hier konnte der Red Bull im Regen seine Stärken ausspielen. Daniil Kvyat fehlten als Zweitem lediglich 0,2 Stundenkilometer auf Lewis Hamitons Bestwert von 272,9 km/h. Daniel Ricciardo belegte hier Platz fünf, die Toro Rossos landeten auf sieben und acht. Zum Vergleich: Im Trockenen waren die Red Bulls dort im vergangenen Jahr 10 Stundenkilometer langsamer als die Mercedes.

Geschwindigkeitsmessung Speed Trap (130R)

Fahrer Team Motor Topspeed
Lewis Hamilton Mercedes Mercedes 272,9 km/h
Daniil Kvyat Red Bull Renault 272,7 km/h
Nico Rosberg Mercedes Mercedes 271,8 km/h
Sebastian Vettel Ferrari Ferrari 269,7 km/h
Daniel Ricciardo Red Bull Renault 269,4 km/h
Nico Hülkenberg Force India Mercedes 268,8 km/h
Carlos Sainz Toro Rosso Renault 268,7 km/h
Max Verstappen Toro Rosso Renault 266,9 km/h
Sergio Perez Force India Mercedes 266,4 km/h
Pastor Maldonado Lotus Mercedes 262,4 km/h

Die Tagesbestzeit von Daniil Kvyat überrascht mit diesem Hintergrund wenig. "Das Chassis fühlt sich gut an, wir waren im Nassen in den Kurven immer gut, aber wir wissen nicht, wie das Wetter morgen sein wird. Für uns wäre es gut wenn es weiterhin regnen würde", meinte auch der Russe.

Ähnlich sieht es auch beim Schwesterteam aus. Max Verstappen wird deshalb ebenfalls zum kollektiven Red-Bull-Regentanz erscheinen: "Wir wissen, dass wir normalerweise eine ordentliche Pace im Nassen haben."

Wo Gewinner sind, gibt es aber auch immer Verlierer. Mercedes zum Beispiel. Die Weltmeistertruppe sollte zwar auch im Regen das schnellste Auto haben, allerdings schrumpft der Vorsprung und der Raum für Fehler wird größer. Also hofft Mercedes auf trockene Bedingungen.

Kumulierte Freitagszeiten

Pos Fahrer Team Zeit [Min]
1 Daniil Kvyat Red Bull 1:48.277
2 Nico Rosberg Mercedes 1:48.300
3 Lewis Hamilton Mercedes 1:48.853
4 Daniel Ricciardo Red Bull 1:49.097
5 Carlos Sainz Toro Rosso 1:49.434
6 Sebastian Vettel Ferrari 1:50.268
7 Kimi Räikkönen Ferrari 1:50.319
8 Max Verstappen Toro Rosso 1:50.542
9 Felipe Nasr Sauber 1:50.968
10 Pastor Maldonado Lotus 1:51.557

Ferrari betrifft das Wetter noch etwas mehr. Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen landeten in der kumulierten Tageswertung nur auf den Rängen sechs und sieben. "Wir waren am Anfang noch nicht ganz da, wo wir sein wollten, aber haben dann ein paar spanende Sachen probiert", erklärte Vettel selbst. Am liebsten wären Ferrari Bedingungen wie noch zuletzt in Singapur. "Aber die Bedingungen könnten nicht unterschiedlicher sein. Ersteinmal war es heute nass und in Singapur war es trocken. Es ist eine ganz andere Strecke."

Ferrari wird den Regen aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln sehen: Auf der einen Seite leidet die Konkurrenzfähigkeit darunter. Toro Rosso, das normalerweise deutlich hinter Ferrari fährt, ist auf einmal eine Gefahr. Red Bull sowieso und Mercedes weiterhin. Aber im Regen kann bekanntlich viel passieren. Und das gefällt vor allem Vettel aus WM-Sicht. "Wir sind aber ganz klar nicht die Favoriten in der Meisterschaft und auch nicht für dieses Wochenende", drosselte der vierfache Weltmeister die Erwartungen.