McLaren-Honda. Eine Traumbeziehung. Das ist Senna, Prost und Titel - in der Vergangenheit. In der Gegenwart ist McLaren-Honda: Pleiten, Pech und Pannen. Mit mageren 17 Punkten belegt das einstige Erfolgsgespann den vorletzten Platz in der Konstrukteursweltmeisterschaft. Dabei hätte doch Singapur nach zwei Katastrophen-Rennen in Spa und Monza die Wende bringen soll.

Honda hat beim Bauraum nicht viel Spielraum, Foto: Sutton
Honda hat beim Bauraum nicht viel Spielraum, Foto: Sutton

Doch nicht einmal Singapur konnte ebenjene Wende bringen. Stattdessen zwei Getriebeschäden, einen Doppel-Ausfall und eine noch tiefere Kluft in der Beziehung zwischen McLaren und Honda. McLaren ist weiterhin felsenfest davon überzeugt, eines - wenn nicht sogar das beste Chassis - im Feld zu haben.

Honda hingegen macht teilweise McLaren für die Schwierigkeiten beim Antrieb verantwortlich. Die vielzitierte Size-Zero-Philosphie der Designabteilung in Woking macht Honda das Leben nicht leicht. Honda musste wegen der extremen Aerodynamik des MP4-30 beim Packaging große Kompromisse eingehen.

McLaren will Motorsportchef loswerden

Angeblich übte McLaren bereits Druck auf Honda aus, um Motorsportchef Yasuhisa Arai zu ersetzen. Der Japaner macht in der Öffentlichkeit keine besonders gute Figur. Mehrfach kam es schon zu großtönigen Ansagen des Motorsportchefs. Anschließend wurde behauptet, die Aussagen wären nie getätigt worden. Wegen ausbaufähiger Englischkenntnissen sind aber auch Missverständnisse nicht auszuschließen.

Mit dem Versuch, Arai auszubooten, hatte McLaren wenig Erfolg. Der Japaner ist seit Ewigkeiten im Konzern und nicht nur für die Formel 1 zuständig, sondern für das gesamte Motorsportprogramm Hondas. Yasuhisa Arai ist aber nicht für die Entwicklung der Power Units zuständig. Außerdem gibt es auch kulturelle Probleme: In Japan gibt es quasi keine Kündigungen. Für den Konzern kam eine Entlassung Arais also nicht in Frage.

McLaren maßregelt Medienrunden

McLaren hat inzwischen zumindest medial darauf reagiert. In den Medienrunden am Samstagabend dürfen keinerlei Fragen zur Beziehung zwischen McLaren und Honda mehr gestellt werden. Außerdem werden kompliziertere Fragen für Arai auf japanisch übersetzt.

Nicht alle Fragen sind erwünscht, Foto: Sutton
Nicht alle Fragen sind erwünscht, Foto: Sutton

Doch damit ist es freilich nicht getan. McLaren drängt weiterhin, Personal für die Motorenentwicklung abzuwerben. Ganz so einfach ist es aber nicht: Die Power Units werden bei Honda in Sakura entwickelt. Die Konkurrenz sitzt in Brixworth (Mercedes), Maranello (Ferrari) und Viry (Renault). Abwerben ist nicht einfach.

Außerdem gibt es sogenannte Gardening Leaves, damit Ingenieure bei einem Wechsel nicht zu viel Know-how mitnehmen können. In der Regel dürfen sie erst nach einem Jahr bei einem direkten Konkurrenten beginnen.

Doch damit nicht genug der Probleme: Honda möchte keine Hilfe von außen. Die Japaner wollen ihre Probleme selbst lösen. In Sakura geht man davon aus, dass zugekauftes Personal nicht perfekt in die bestehende Entwicklung einbezogen werden kann. Deshalb wollen die Japaner keine Legionärs-Truppe zusammenstellen.

McLaren ist von diesem Ansatz genervt. Aus diesem Grund soll sich Teamchef Eric Boullier vor dem Japan GP angeblich selbst ein Bild von der Lage im rund 500 Kilometer von Suzuka entfernten Sakura gemacht haben. Dass der Besuch aber ohnehin beim Heimrennen des Partners auf dem Programm gestanden hätte, ist freilich nicht unwahrscheinlich.

McLaren will Power und Geld von Honda

McLaren darf es sich aber nicht allzu sehr mit seinem Partner verscherzen. Ohne Hauptsponsor steht der Traditionsrennstall finanziell nicht besonders gut da. Zumal 2016 die Einnahmen aus dem Preisgeldtopf von Bernie Ecclestone auch noch deutlich geringer ausfallen werden. McLaren muss die Lücke im Budget irgendwie stopfen. Und das soll - wenn nicht irgendein Hauptsponsor auftaucht - womöglich Honda machen. Das sagte sogar Boullier selbst durch die Blume.

In Sakura gibt es vorerst keine große Ingenieus-Akquise, Foto: Honda
In Sakura gibt es vorerst keine große Ingenieus-Akquise, Foto: Honda

Für den Standort Milton Keynes sucht Honda inzwischen neue Mitarbeiter. Allerdings werden die der Power Unit keine Flügel verleihen. In England sitzt lediglich das Einsatzteam. Laut Honda wolle man nur das Kernteam entlasten, das derzeit die Einsätze vorbereitet und mit zur Strecke reist. Aktuell sind rund 20 Mitarbeiter in Milton Keynes stationiert.

Honda könnte aber auch ein komplettes zweites Einsatzteam aufbauen. Das wäre nötig, sollte 2016 ein Kunde hinzukommen. McLaren könnte einen weiteren Honda-Kunden nicht verhindern. Die Entscheidung fällt laut Eric Boullier gemeinsam. Laut Honda-Mann Arai fehlt derzeit aber verständlicherweise die Nachfrage nach seinen Motoren. Toro Rosso könnte aber darauf angewiesen sein.