Warum gab es nach dem Rennen große Aufregung um Mercedes?

Eigentlich begann die Aufregung bereits wenige Runden vor Ende des Rennens. Zum Erstaunen aller funkte Mercedes an Lewis Hamilton, er möge trotz seines enormen Polsters auf Sebastian Vettel doch bitte wieder voll pushen. Nachdem die TV-Bilder die Wiederholung eines heftigen Verbremsers des Briten eingespielt hatten, lag schnell der Verdacht nahe, Hamilton könnte sich einen Bremsplatten eingehandelt haben, sodass er nun die Lücke für einen zweiten Boxenstopp vergrößern soll. Doch es kam anders: Hamilton beendete das Rennen ohne weiteren Reifenwechsel.

In Monza standen wieder einmal die Reifen im Fokus, Foto: Sutton
In Monza standen wieder einmal die Reifen im Fokus, Foto: Sutton

Zeitgleich mit der Zielflagge sickerte Stück für Stück der wahre Grund für den ominösen Funkspruch durch. Mercedes hatte eine Mitteilung der Rennleitung erhalten, wonach gegen Hamilton und Rosberg wegen Abweichungen der Reifendrücke am rechten Hinterreifen ermittelt werde. Pirelli hatte nach den Reifenschäden in Spa für den Italien GP die Grenzwerte verschärft. Bei Hamilton wurde in der Startaufstellung ein um 0,3 PSI zu niedriger Luftdruck festgestellt, bei Nico Rosberg betrug der Unterschied zum Sollwert sogar 1,1 PSI. Für Rosberg am Ende ohnehin kein Problem - er war in der drittletzten Runde ausgeschieden. Ganz anders bei Hamilton.

Weil Mercedes eine Zeitstrafe fürchtete, galt es den Vorsprung des Briten im Ziel so stark wie möglich zu erhöhen, um möglichst wenige Positionen und damit WM-Punkte zu verlieren. Später stand in den Sozialen Netzwerken und den Diskussionen im Fahrerlager sogar eine Disqualifikation im Raum - immerhin tangierte das Thema die sensible Sicherheitsfrage. Entsprechend wurde die Mercedes-Führungsriege zum Rapport bei den Stewards of the Meeting zitiert. Erst zweieinhalb Stunden nach Rennende die für Mercedes erlösende Botschaft: No further action. Hamilton bleibt Sieger des Italien GP. Begründung: Die Reifendrücke waren über der Untergrenze als sie an das Auto montiert wurden. Das Team habe die Vorgaben und Sicherheitsbestimmungen damit erfüllt.

Warum ist der Sieg für Hamilton so besonders?

Lewis Hamilton jubelt über seinen 40. Sieg, Foto: Sutton
Lewis Hamilton jubelt über seinen 40. Sieg, Foto: Sutton

Dass Lewis Hamilton der Mann der Stunde in der Formel 1 ist, ist nicht erst seit seinem Sieg in Monza bekannt. Dennoch unterstrich der Brite, der nun bei 40. Siegen hält und damit bereits in zwei Wochen in Singapur mit Ayrton Senna und Sebastian Vettel gleichziehen könnte, einmal mehr eindrucksvoll seine Klasse.

Hamilton startete von der Pole Position, absolvierte die schnellste Rennrunde und lag zu jedem Zeitpunkt des Grand Prix' in Führung, was ihm zum zweiten Mal nach dem Malaysia GP 2014 den sogenannten "Grand Slam" bescherte. Zum Drüberstreuen war der Mercedes-Pilot auch in jeder Trainingssession der Schnellste. Ein perfektes Wochenende für den nunmehr blonden WM-Leader.

Warum erlebte Rosberg ein Horror-Wochenende?

Für Nico Rosberg ging in Monza alles schief, was nur schiefgehen konnte. Der Deutsche erlitt im dritten Freien Training einen Motorschaden und musste damit auf eine ältere, sieben Entwicklungs-Token schwächere Spezifikation der Mercedes-Power-Unit als sein Teamkollege Lewis Hamilton zurückgreifen. Die Folge war nur der vierte Startplatz im Qualifying. Im Rennen fiel Rosberg zwischenzeitlich sogar auf den sechsten Rang zurück, da der vor ihm startende Kimi Räikkönen stehenblieb und ihn behinderte.

In weiterer Folge hatte der frischgebackene Vater mit überhitzenden Bremsen zu kämpfen und konnte die vor ihm fahrenden Williams-Piloten daher nur dank einer guten Boxenstrategie, nicht aber auf der Strecke überholen. Drei Runden vor dem Ende des Rennens, als Rosberg gerade dabei war, Jagd auf den Zweitplatzierten Sebastian Vettel zu machen, endete sein Wochenende endgültig in der Katastrophe: Der im sechsten Rennen befindliche Motor ging hoch und Rosberg schied aus.

"Wahrscheinlich waren zu viele Kilometer drauf. Ich denke, dass es von den Zahlen noch okay war. Wenn man aber in den Bereich kommt und dann noch Pech hat, geht der auch schon mal hoch", klagte Rosberg. "Eines nach dem anderen ist schiefgegangen. Ich habe das ganze Rennen über mit stumpfen Waffen gekämpft und am Ende geht das Ding hoch."

Warum blieb Räikkönen am Start stehen?

So genau weiß man das bei Ferrari selbst noch nicht. Räikkönen beteuert, alles wie immer gemacht zu haben, doch die Kupplung sei dennoch minimal falsch eingestellt gewesen. Daraufhin sprang ihm der erste Gang heraus, der Ferrari wechselte in den Anti-Stall-Modus und Räikkönen musste das gesamte Startprozedere von neuem beginnen.

"Ich weiß nicht, was genau passiert ist", zeigte sich der Iceman auch nach dem Rennen noch verwundert. "Wir müssen uns das ansehen und verstehen, was genau das Problem war. So etwas darf nicht wieder passieren." Auch Teamchef Maurizio Arrivabene wollte vor einer umfassenden Analyse des Starts keine Auskunft diesbezüglich geben.

Räikkönen fiel am Start bis ans Ende des Feldes zurück, Foto: Sutton
Räikkönen fiel am Start bis ans Ende des Feldes zurück, Foto: Sutton

Warum schieden beide Lotus-Piloten in Runde eins aus?

Nach Melbourne und Silverstone schieden in Monza zum dritten Mal in dieser Saison beide Lotus-Boliden in der ersten Runde aus. Romain Grosjean fiel einer Attacke Felipe Nasrs zum Opfer, der ihm ins Heck fuhr und seinen Boliden irreparabel beschädigte. Pastor Maldonado geriet indessen mit Nico Hülkenberg aneinander, musste durch die Auslaufzone und beschädigte sich durch die Berührung und die Fahrt über die Buckel die Vorderradaufhängung.

Für Lotus war das Rennen schon nach einer Runde gelaufen, Foto: Sutton
Für Lotus war das Rennen schon nach einer Runde gelaufen, Foto: Sutton

Besonders bitter für das finanziell am Stock gehende Team: Beide Piloten hatten nach dem Qualifying gute Chance auf Punkte, so aber fiel Lotus hinter Force India auf den sechsten Platz der Konstrukteurs-Wertung zurück.

Warum wurde Sainz bestraft?

Die Toro-Rosso-Mechaniker waren für fünf Sekunden zum Nichtstun verurteilt, als Carlos Sainz in der elften Runde an die Box fuhr. Der Spanier hatte zu Beginn des Rennens die Strecke in der Parabolica-Kurve mit allen vier Rädern verlassen und damit abgekürzt, sich also einen regelwidrigen Vorteil verschafft. Daher erfolgte die Fünf-Sekunden-Bestrafung durch die Stewards.

Warum gab es 168 Plätze Strafversetzungen?

Motorwechsel sind in der Formel 1 in. Da neuerdings Strafen für den Einsatz frischer Power-Unit-Teile weder in den Grand Prix noch zum nächsten Rennwochenende mitgenommen werden, wechseln jene Teams, die ohnehin schon über das erlaubte Limit hinaus sind, mittlerweile sogar zweimal an einem Wochenende diverse Komponenten, um sie zu homologieren und in den Pool jener Teile aufzunehmen, die bei den nächsten Rennen straffrei verwendet werden dürfen.

McLaren, Toro Rosso und Red Bull wechselten eifrig Power-Unit-Teile, Foto: Sutton
McLaren, Toro Rosso und Red Bull wechselten eifrig Power-Unit-Teile, Foto: Sutton

In Monza erwiesen sich diesbezüglich McLaren, Red Bull und Toro Rosso als besonders eifrig. Hinzu kamen weitere Strafplätze für Max Verstappen aufgrund von Unsafe Release und Siegelbruch, außerdem wurde Marcus Ericsson für das Behindern von Nico Rosberg im Qualifying um drei Positionen zurückgereiht. Unter dem Strich kam die stolze Anzahl von 168 Strafplätzen zustande, was die Berechnung der Startaufstellung zu einer gehörigen Herausforderung machte.

Strafversetzungen beim Italien GP

SessionFahrerVergehenStrafeStrafpunkte
QualifyingEricssonBlockieren von Hülkenberg+3 Startplätze-
3. TrainingVerstappenMotorwechsel
+Siegelbruch
+Unsafe Release
+30 Startplätze
Durchfahrtsstrafe
-
1. TrainingRicciardoDoppelter Motorwechsel+50 Startplätze-
1. TrainingKvyatDoppelter Motorwechsel
+Getriebewechsel
+35 Startplätze-
1. TrainingSainzDoppelter Motorwechsel+35 Startplätze-
1. TrainingAlonsoMotorwechsel+10 Startplätze-
1. TrainingButtonMotorwechsel+5 Startplätze-