Für Nico Rosberg war der Samstag in Monza ein schwarzer Samstag. Unmittelbar nach dem dritten Freien Training bemerkten die Ingenieure Unregelmäßigkeiten am neuen Motor. Die Power Unit kam erst am Freitag ins Auto. Die Komponenten sind nicht nur nagelneu, sondern auch um sieben Entwicklungs-Token upgegradet.

Rosberg musste für das Qualifying auf einen alten Motor zurückgreifen. Dieser hat bereits fünf Rennen auf dem Buckel. An sich kein Problem, Force India fuhr in dieser Saison schon sieben Rennen mit einer Power Unit. Doch dein angefahrener Motor kostet Leistung. Erst recht in Monza.

"Meine Runde war gut, aber Lewis gewinnt viel Zeit auf den Geraden. Das hat es schwieriger gemacht", zeigte sich Rosberg enttäuscht. Mercedes Motorsportchef Toto Wolff bestätigt: "Der Motor fährt hier das sechste Wochenende, deshalb läuft er nicht so, wie wenn er das erste Rennen im Einsatz wäre - es ist kein frischer Motor mehr."

Rosberg: Auch im Rennen weniger Leistung

Auch im Rennen erwartet Rosberg deshalb starke Einschränkungen. Trotzdem glaubt der Deutsche, an den beiden Ferrari vorbeigehen zu können. "Weil sie im Qualifying nur sieben Hundertstel weg waren und im Rennen sicher nicht die gleichen Motor-Modes fahren können wie heute im Qualifying. Darum glaube ich, eine gute Chance zu haben."

"Im Renntrimm haben wir glaube ich einen Vorteil hier", meint Rosberg. "Und strategiemäßig haben wir auch einen Vorteil, weil es zwischen ein und zwei Stopps werden." Der Mercedes-Pilot spekuliert darauf, in der Boxengasse an der Konkurrenz vorbeigehen zu können. Er will die gegenteilige Strategie fahren. "Aber ein Ferrari wird mich wahrscheinlich covern", fürchtet er.

Die Laufleistung des Rosberg-Motors bereitet Mercedes mehr Sorgen, als die Tatsache, dass es sich dabei um die alte Spezifikation handelt. Die upgegradete Version soll laut Toto Wolff gar nicht viel stärker sein: "Wir gehen eine neue Entwicklungsrichtung, es ist kein reiner Performance-Faktor. Ich würde nicht den Motor als Faktor identifizieren, der uns auf Pole gebracht hat, sondern eine gute Fahrer-Auto-Kombination."

Neue Spezifikation langfristig ausgelegt

Mercedes hat für die neue Ausbaustufe alle sieben verbliebenen Entwicklungs-Token gezogen. Ein geschickter Schachzug, um rechtzeitig eine Entwicklungsrichtung einzuschlagen, denn über den Winter dürfen nicht mehr alle Bereiche modifiziert werden. Nicht nur die Token werden weniger, sondern auch die Teile, die angefasst werden dürfen.

"Wenn wir weiter in diese Entwicklungsrichtung gehen, werden wir - unseren Schätzungen zufolge - mittel- bis langfristig mit diesem Motor mehr Leistung haben", erklärt Toto Wolff. "Ich glaube nicht, dass es kurzfristig viel bringt. Jetzt ist es noch kein großer Schritt."

Die alte Spezifikation bereitete keine Probleme, Foto: Mercedes-Benz
Die alte Spezifikation bereitete keine Probleme, Foto: Mercedes-Benz

Nach den Fabelzeiten, die Mercedes am Freitag in den Asphalt brannte, darf die Frage erlaubt sein, ob Mercedes aus Sicherheitsgründen bei Hamilton nicht die volle Leistung freigegeben hat. "Nein, wir sind Lewis' Motor so gefahren, wie wir ihn normalerweise im Qualifying fahren würden", widerspricht Wolff. "Wir sind nicht konservativ herangegangen. Wir wissen zwar nicht, was das Problem an Nicos Motor war, aber wir glauben nicht, dass es mit der Leistung zu tun hatte."

Fraglich, warum Ferrari nicht einmal drei Zehntelsekunden von der Pole-Zeit weg war. "Ich hatte nicht die perfekte Runde. Wenn ich die gehabt hätte, wäre der Abstand ein bisschen größer", meint Lewis Hamilton. An den Anpassungen, die wegen der neuen Reifendrücke nötig waren, hätte es ebenfalls nicht gelegen, ist sich der Brite sicher. "Wir sind das beste Team. Wir reagieren nicht schlechter auf so etwas."

"Wir haben Updates und die Ingenieure sagen, dass die funktionieren. Aber Ferrari hat auch Neuerungen und vielleicht haben sie sogar noch mehr Verbesserungen gebracht, die wahrscheinlich vom Motor her kommen", vermutet Hamilton. "Der Abstand zu Ferrari ist ein bisschen überraschend", gestand Toto Wolff, hatte allerdings eine ähnliche Erklärung wie sein Pilot parat: "Sicherlich haben sie den Motor für das Qualifying aufgedreht, deshalb ist es viel enger."

Power Unit zur Untersuchung nach Brixworth

Bei der Performance erwartet Mercedes deshalb im Rennen keine Konkurrenz von Ferrari. Aber ein großer Unsicherheitsfaktor schlummert im Heck von Lewis Hamilton. "Bei Lewis' Motor haben wir kein Problem identifiziert, es ist steht aber noch immer ein großes Fragezeichen dahinter, was mit Nicos Motor passiert ist und es ist ein mögliches Risiko für Lewis morgen."

Im Werk gibt es bessere Möglichkeiten, das Aggregat zu untersuchen, Foto: Mercedes-Benz
Im Werk gibt es bessere Möglichkeiten, das Aggregat zu untersuchen, Foto: Mercedes-Benz

Rosbergs defekte Power Unit - ob sie wieder repariert werden und somit noch einmal eingesetzt werden kann steht noch nicht fest - wird derzeit noch bei Mercedes untersucht. Zunächst an der Strecke, anschließend im Werk. Möglichweise werden die Teile noch am Samstagabend nach Brixworth zur Analyse gebracht.

"Wenn wir herausfinden, dass es ein großes Problem gibt und etwas ist, dass Lewis' Rennen oder seinen Motor gefährden würde, dann würden wir das sicherlich überlegen", sagte Wolff in Hinblick auf einen möglichen Motorwechsel bei Lewis Hamilton noch vor dem Rennen. "Wir hatten heute eine großartige Pace und da ist es immer besser, auf Nummer Sicher zu gehen. Aber im Moment wissen wir es nicht und ich glaube stark daran, dass wir das Problem lösen können."