Als Lewis Hamilton an der Strecke in Monza ankam und unter seinem Motorradhelm die blondgefärbten Haare zu sehen waren, ging ein Aufschrei um die Welt - zumindest schien es so. Das Privatleben des Weltmeisters, das sich deutlich von dem anderer Fahrer abhebt, sorgt oftmals für Schlagzeilen. Sogar, wenn er eine neue Haarfarbe ausprobiert. "Ich bin in einer Phase des Experimentierens angekommen in meinem Leben. Ich riskiere etwas, probiere neue Dinge, sei es mein Style, Restaurants oder was auch immer", so Hamilton in seiner Kolumne.

Seine blonden Haare seien schlicht ein spontaner Einfall gewesen. "Ich war beim Friseur und dachte: 'Ich versuche es, lass es uns machen'". Bekommen hat er seinen neuen Style in Los Angeles, auf einer seiner vielen Amerika-Touren. Kurz danach flog er nach New York zu den MTV Video Awards. Dass er für seine vielen Reisen kritisiert wird, versteht er nicht, eine Erklärung aber hat er. "Die Formel 1 ist einer dieser Orte, wo die Leute meinen, über alles eine Meinung haben zu müssen. Und sie tendieren normalerweise dazu, dass ihre Meinung die einzig richtige ist, selbst wenn es um jemand anderen geht", stellte er fest.

Dabei sei er einfach ein Mensch, der viel unterwegs sein müsse. "Wenn ich nicht verreise, wenn ich nur eine Woche zu Hause bin, ticke ich aus. So bin ich halt. Ich mag es, unterwegs zu sein und bin glücklich, überall auf der Welt Freunde zu haben", gibt er Einblick in seine Gefühlswelt. Dabei steht sein Beruf jedoch immer an erster Stelle. "Bis zu diesem Jahr habe ich immer nach den Erwartungen der anderen Leute gelebt, nicht nach meinen. Aber im Winter bin ich 30 geworden und ich bin an einem Punkt meines Lebens angekommen, an dem ich zufrieden bin. Und ich würde nie eine Entscheidung treffen, die schädlich für meine Leistungsfähigkeit im Auto wäre. Denn diese hat höchste Priorität", lässt er keine Zweifel aufkommen.

Die Änderung seiner Verhaltensweisen sei ein wichtiger Schlüssel seines sportlichen Erfolges. Er habe sozusagen eine innere Ruhe gefunden. "Ich genieße dieses Jahr und habe eine gute Balance gefunden in meinem Leben. Zuvor habe ich zwischen Extremen gelebt", erklärt der Mercedes-Pilot und präzisiert: "Am Anfang war ich zu ruhig. Die Freundin wollte ausgehen und ich habe gesagt: 'Nein, ich muss früh raus.' Dann bin ich zu weit den anderen Weg gegangen und nun habe ich den Mittelweg gefunden, der zu mir passt."

Bestätigt werden Hamiltons Äußerungen durch seine Leistungen auf der Strecke. Noch nie - auch nicht im vergangenen Jahr - war er so dominant. Hatte er 2014 noch sichtbare Schwächen im Qualifying, schafft es der Brite nun, auf den Punkt exakt seine Leistung abzurufen, selbst wenn er im Training mit Ausritten oder anderen Problemen zu kämpfen hat. Im Rennen ist er sowieso eine Macht.

Im Rennen fährt Hamilton seinem Teamkollegen meistens davon, Foto: Sutton
Im Rennen fährt Hamilton seinem Teamkollegen meistens davon, Foto: Sutton

Diese Resultate schlagen sich auch in einem gestiegenen Selbstbewusstsein nieder. "Ich hatte nie Zweifel daran, der schnellste Fahrer zu sein. Aber der Glaube daran ist noch stärker geworden, auch wenn ich natürlich wie jeder andere noch Zweifel und Sorgen habe, wenn die Dinge nicht so recht laufen wollen", erläutert er. Und mit nun 30 Jahren ist er auch an einem Punkt angekommen, an dem er sich seiner Verantwortung stellt.

Gestiegenes Verantwortungsbewusstsein bei Hamilton

"Ich bin mir mehr als je zuvor meiner Rolle im Team bewusst. Ich bin ein Weltmeister, es gibt Kinder, die so fahren wollen wie ich. Daher achte ich auf vor und nach dem Rennen auf mich und darauf, was ich sage, denn das hat Einfluss. Ich nehme das ernster als je zuvor", versichert er.

Für die restliche Saison soll ihm das helfen, seinen dritten WM-Titel einzufahren. Sieben Rennen stehen nach dem Italien GP noch auf dem Programm. "Es wird anstrengend, wir werden viel reisen und es gilt, Opfer zu bringen. Ich muss alles abwiegen, denn es ist der wichtigste Teil der Saison", weiß Hamilton.