1. - S wie Startaufstellung

Im Qualifying zum Großen Preis von Belgien erzielte Lewis Hamilton eine überragende Pole Position. Der Brite brummte Nico Rosberg fast eine halbe Sekunde auf. Valtteri Bottas und Überraschungsmann Sergio Perez in Reihe zwei fehlten bereits mehr als 1,3 Sekunden auf die Spitze. In Startreihe drei steht Daniel Ricciardo neben Felipe Massa, dahinter Pastor Maldonado und ein überraschend schwacher Sebastian Vettel. Romain Grosjean - eigentlich Viertschnellster - geht nach einer Strafversetzung als Neunter ins Rennen. Carlos Sainz komplettiert die Top-10.

Als Elfter - wegen eines Fehlers und technischer Probleme klar vom Teamkollegen geschlagen - startet Nico Hülkenberg. Kimi Räikkönen muss im zweiten Ferrari nach einem Defekt mit einem dürftigen 14. Startplatz vorlieb nehmen. Ganz am Ende des Feldes stehen die McLaren - nach aberwitzigen Strafen noch hinter den Manor und dem ebenfalls bestraften Halb-Lokalmatador Max Verstappen.

Der Weg bis zur ersten Kurve beträgt in Spa nur 265 Meter, Foto: Sutton
Der Weg bis zur ersten Kurve beträgt in Spa nur 265 Meter, Foto: Sutton

2. - S wie Start-Spezial

Alle Augen auf den Start. In Spa gelten zum ersten Mal verschärfte Regeln für die Fahrer. Die Piloten müssen ab sofort die gesamte Startprozedur alleine vornehmen, also die Kupplung ohne Hilfe des Renningenieurs per Funk selbst justieren. Die Meinungen über den vermeintlich höheren Schwierigkeitsgrad gehen auseinander. Fernando Alonso etwa meint, es ändere sich nichts, Jenson Button sagt, man müsse einfach nur den Ablauf auswendig lernen. Sebastian Vettel sieht das kritischer. Der Ferrari-Fahrer sieht keinen Sinn in der Regeländerung. Wenig erstaunlich: Immerhin gehörten die Ferrari bisher zu den besten Startern und haben am meisten zu verlieren.

Besonders im Fokus - vor allem nach ihren zuletzt schlechten Starts in Silverstone und Ungarn - stehen allerdings die Mercedes-Piloten. Angst vor einem Nachteil gegenüber Nico Rosberg oder Verschiebungen zum Nachteil der Silberpfeile generell spürt Lewis Hamilton jedoch nicht. "Ich habe generell keine Angst. Dieses Wort existiert in meinem Vokabular nicht", sagt er mit dem Selbstbewusstsein eines Weltmeisters.

Zumindest Sorgen bereitet dem Polesitter etwas anderes. "Es ist hier nicht der beste Platz, um von Pole zu starten. Man gibt einen sehr guten Windschatten", erklärt Hamilton. "Das perfekte Szenario sieht so aus: Einen perfekten Start erwischen und gut aus La Source beschleunigen, damit man den Windschatten nicht gibt. Das ist aber nie der Fall. Aber ich hoffe trotzdem nicht, dass ich als Zweiter aus La Source komme." Die Chancen dafür stehen gut: Nur 265 Meter beträgt der Weg von seiner Startbox zum Scheitelpunkt der Kurve.

3. - S wie Strategie

Ferrari muss sich strategisch etwas einfallen lassen, will man Vettel und Räikkönen nach vorne schleusen, Foto: Sutton
Ferrari muss sich strategisch etwas einfallen lassen, will man Vettel und Räikkönen nach vorne schleusen, Foto: Sutton

Pirelli gibt eine Zwei-Stopp-Strategie als die schnellste Variante aus, die 44 Runden des Rennens in Spa hinter sich zu bringen. Auf dem Papier führt ein Start auf den Softs, dann ein Wechsel auf frische Softs in Runde 15 und schließlich ein letzter Wechsel auf Medium in Runde 30 am schnellsten ins Ziel. Nico Hülkenberg favorisiert diese Herangehensweise auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com ebenfalls: "Ja, das ist am wahrscheinlichsten. Normalerweise werden die Mediums im Renntrimm besser, mal sehen in welcher Reifenfolge wir sie fahren."

Romain Grosjean sprach hingegen davon, strategisch gebe es zwei ähnlich gute Möglichkeiten. Damit meinte der Franzose vermutlich Pirellis alternative Empfehlung. So sei es unter den richtigen Verkehrsbedingungen auch möglich einen Dreistopper mit Soft/Soft/Soft/Medium zu fahren, um den Reifenverschleiß gering zu halten und Track Position zu gewinnen. Immerhin sei der Reifenverschleiß in Spa extrem, berichtet Pirelli-Motorsportdirektor Paul Hembery. Dass auch hier der Medium stiefmütterlich behandelt wird, überrascht wenig. Es gebe eine signifikante Performance-Lücke zwischen den Reifenmischungen, erklärt Hembery. Besonders interessant zu beobachten werde es, wie die im Grid schlecht platzierten Top-Autos vorgehen würden, um sich nach vorne zu taktieren.

4. - S wie Spa-Wetter

2014 ging das Qualifying bei nasser Strecke über die Bühne, Foto: Sutton
2014 ging das Qualifying bei nasser Strecke über die Bühne, Foto: Sutton

Das Wetter in den Ardennen ist ähnlich berüchtigt wie in der Eifel. Plötzliche Regengüsse sind eigentlich immer zu erwarten. Anders in diesem Jahr. Bislang blieb die Formel 1 in allen Sessions vom Regen verschont. Aber genau das soll sich am Sonntag ändern. Dass der Himmel am Renntag seine Schleusen öffnen wird, gilt als sicher. Von Südwesten zieht eine breite Regenfront heran. Noch nicht ganz klar ist einzig, wann der Regen über der Strecke niederprasseln wird - noch während oder erst nach dem Rennen. Red Bull und Toro Rosso wünschen sich Ersteres. "Wir hoffen stark auf Regen. Bei Regen ist ein Podium drin", sagte Motorsportberater Helmut Marko zu Motorsport-Magazin.com. Falls es trocken bleiben sollte, werde es für seine Teams mühsam. Aktuell stehen die Chancen allerdings etwas höher, dass es erst nach der Zielflagge die große Waschung gibt.

In Spa erwartet die Fahrer die Mutter aller Kurven: Eau Rouge, Foto: Sutton
In Spa erwartet die Fahrer die Mutter aller Kurven: Eau Rouge, Foto: Sutton

5. - S wie Strecke

Kleine Aufregung um eine große Kurve. Im Vorfeld des Belgien GP hatte man kurzerhand einen Umbau an der wohl berühmtesten Kurve der Welt vorgenommen. Der Kerb ausgangs der legendären Eau Rouge war um einen "Wurst-Kerb" erweitert worden. Wegen Sicherheitsbedenken wurde der allerdings vor Beginn des Qualifyings wieder entfernt. Ansonsten gilt in Spa, was immer gilt: Die 7,004 Kilometer lange Strecke mit ihrem stark variierenden Höhenprofil bleibt auch 2015 ein Kurs, auf dem der Fahrer noch einen Unterschied machen kann, wie Sebastian Vettel am Samstag bestätigte.

Am Ende der Kemmel-Gerade bittet sich eine erstklassige Überholstelle, Foto: Sutton
Am Ende der Kemmel-Gerade bittet sich eine erstklassige Überholstelle, Foto: Sutton

Vor allem jener Eau Rouge kommt dabei eine große Bedeutung zu. Geht sie voll oder muss gelupft werden? Zumindest zu Rennbeginn mit schweren Autos ist sicherlich nicht einmal den Mercedes-Piloten eine Durchfahrt mit Vollgas vergönnt. Später wird das dann zum entscheidenden Faktor - nur wer ohne zu verzögern hindurchfährt kann am Ende der langen Kemmel-Geraden die Windschattenschlacht für sich entscheiden. Ein zweiter langer Vollgas-Abschnitt inklusive der ultraschnellen Links Blanchimont befindet sich in Sektor drei. Insgesamt stehen die Piloten in Spa 73 Sekunden voll auf dem Gas - Saison-Höchstwert.

Mindestens genauso wichtig ist jedoch der kurvenreiche zweite Sektor um die Pouhon, wie das Beispiel Lewis Hamilton beweist. Der Champion nahm seinem Teamkollegen Nico Rosberg hier gleich fünf Zehntel ab - der Schlüssel zur überragenden Pole des Briten.

6. - S wie SPAnnung extrem

Ein Ferrari am Haken - im Rennen könnte die schlechte Ausgangsposition der Roten für Extra-Spannung sorgen, Foto: Sutton
Ein Ferrari am Haken - im Rennen könnte die schlechte Ausgangsposition der Roten für Extra-Spannung sorgen, Foto: Sutton

Nicht, dass das Überholmanöver-freundliche Streckenlayout des Circuit de Spa-Francorchamps und die Wetter-Wundertüte der Ardennen allein schon genügen würden, sorgt ein munter durcheinander gewürfeltes Grid für zusätzliche Spannung. Nicht alle schnellen Autos stehen weit vorne. So starten die beiden Ferrari nach einem katastrophalen Qualifying mitten im Pulk. Sebastian Vettel steht als Achter direkt neben Pastor Maldonado, Kimi Räikkönen befindet sich als 14. im Sauber-Sandwich. Die Aufholjagd der roten Renner könnte den Zuschauern an Strecke und TV-Bildschirmen also das Rennen mit bestem Racing versüßen.

Dasselbe gilt für den zu erwartenden engen Schlagabtausch direkt hinter Mercedes. Angesichts der extremen Streckenlänge fallen die Abstände im Verfolgerfeld überaus gering aus. Zwischen Lotus, Williams, Force India und Red Bull dürfte es also schon ordentlich zur Sache gegangen sein, bevor die Ferrari von hinten heranpreschen.

Vor einem Jahr kam es in Belgien zum Eklat zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg, Foto: Sutton
Vor einem Jahr kam es in Belgien zum Eklat zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg, Foto: Sutton

7. - S wie Schatten der Vergangenheit

Der Große Preis von Belgien symbolisierte einen Wendepunkt in der Saison 2014. Damals eskalierte das teaminterne Duell zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton, als der Deutsche dem Briten bei einem überambitionierten Überholversuch Ende der Kemmel-Gerade den Reifen aufschlitzte und sich selbst die Frontflügel lädierte. Es kam zum großen Zoff - der "Krieg der Sterne" war geboren.

Würde sich die Geschichte 2015 wiederholen, wäre es für Mercedes der Super-Gau. Immerhin habe man das Thema in unzähligen Gesprächen geklärt. "Wir haben alle unsere Lektionen gelernt. Aber beim Start und nach La Source werden uns graue Haare wachsen, aber es wird normales Racing und nicht mehr", hofft Toto Wolff. Da Rosberg am Samstag allerdings bereits wieder von "voller Attacke" sprach, sollte sich sein Boss lieber eine scharfe Schere für die grauen Haare griffbereit halten. Schaden kann es nicht.