42 Punkte beträgt der Rückstand von Sebastian Vettel auf Tabellenführer Lewis Hamilton, in der Konstrukteurswertung hat Mercedes gar 147 Zähler Vorsprung auf das springende Pferd. Damit sollte man eigentlich relaxt durch die Sommerpause gehen. Nicht so Toto Wolff. Der rastlose Mercedes-Motorsportchef zermartert sich den Kopf, was in der zweiten Saisonhälfte passieren könnte. Aus gutem Grund: Ferrari hat noch ein Motoren-Upgrade frei und mit Spa-Francorchamps und Monza folgen zwei Highspeedstrecken.

"Wir haben die Weltmeisterschaft noch nicht gewonnen", warnt der Österreicher gegenüber Motorsport.com. "Wir sind erst bei Saisonhälfte. Es hat viele Saisons in der Geschichte gegeben, in denen Teams in der Schlussphase in Probleme geraten sind oder andere das Entwicklungstempo erhöht haben. Bleiben wir also auf Planet Erde." Gerade das Mercedes-Team hat noch immer die Saison 2009 im Kopf, als man mit Jenson Button unter dem Namen Brawn GP sechs der ersten sieben Rennen gewann, aber fast noch den Titel an Red Bull und Sebastian Vettel verloren hätte.

Zwar hat durch den zweiten Ferrari-Sieg der Saison der Mercedes W06 Hybrid nicht mehr die Chance, die historische Siegquote von 93,75 Prozent (15 aus 16 Rennen) des McLaren MP4/4 erreichen, doch für Wolff ist es durchaus hilfreich, dass Ferrari sein Team immer wieder daran erinnert, dass man nie in Selbstgefälligkeit verfallen dürfe. "Malaysia war sicherlich ein Weckruf. Nach Melbourne hatten wir das Gefühl, die Situation unter Kontrolle zu haben, und wurden aus verschiedenen Gründen auf dem falschen Fuß erwischt."

Aus der Selbstgefälligkeit gerissen: Vettels Malaysia-Ohrfeige war im Nachhinein betrachtet ein Glücksfall, Foto: Sutton
Aus der Selbstgefälligkeit gerissen: Vettels Malaysia-Ohrfeige war im Nachhinein betrachtet ein Glücksfall, Foto: Sutton

Progressive Weiterentwicklung des W06 bis Saisonende

Nach dem Motto "leichte Schläge auf den Hinterkopf erhöhen das Denkvermögen" sieht Wolff Vettels zwei Sieg positiv: "So eine Ohrfeige ist manchmal gut für die eigene Organisation. Uns hat das definitiv geholfen, weil wir uns dadurch neue, aggressivere Ziele bei der Entwicklung, der Zeitenverbesserung und der Qualität gesetzt haben. Wir wissen, dass die Bedrohung real ist." Das einzig Beruhigende: Sein Team entwickle sich aus einem rein wissenschaftlichen Standpunkt gesehen gut, weil es effektiv arbeite und die Strukturen gut seien, versichert der 43-Jährige. "Wir müssen nicht fürchten, dass wir schlechter aufgestellt sind als letztes Jahr."

Angesichts des bevorstehenden Ferrari-Upgrades heißt es daher: Angriff ist die beste Verteidigung. "Die zweite Weltmeisterschaft zu gewinnen ist wichtig für uns und wir werden das jetzige Fahrzeug unerbittlich weiterentwickeln." Ein früher Fokus auf die Saison 2016 lohnt sich wenig, denn: "Man sollte nicht vergessen, dass uns das auch fürs nächste Jahr hilft, weil die Regeln stabil bleiben."