Wenn sich die Gelegenheit ergibt, muss man zuschlagen. Genau das machten die erfahrenen McLaren-Piloten Fernando Alonso und Jenson Button, die mit den Plätzen fünf und neun den Kontostand von McLaren in der Konstrukteurs-Wertung gleich um mehr als das Dreifache anwachsen ließen. Aus 5 wurden 17 Punkte. "Das ist für alle, die 24 Stunden am Tag in der Fabrik arbeiten, um das Auto weiter zu verbessern, um solche Resultate einfahren zu können", freute sich Alonso.

Der Spanier fuhr ein grundsolides Rennen und sammelte alle Plätze auf, die sich ihm boten. "Unglaublich, das war so ein chaotisches Rennen", schloss sich der zweifache Weltmeister dem allgemeinen Tenor im Fahrerlager an. "Wir haben alle Gelegenheiten genutzt, die wir kriegen konnten. Der fünfte Platz ist ein kleines Geschenk für uns zu diesem Zeitpunkt, in dem wir nicht vollständig konkurrenzfähig sind. Wir hätten niemals erwartet, Fünfte zu werden."

Alonso lieferte sich nach der Safety-Car-Phase ein spektakuläres Duell mit Carlos Sainz Jr., der auf harten Reifen unterwegs und schon leicht angeschlagen war (er musste das Rennen später aufgeben). Alonso konnte sich schließlich im Zweikampf durchsetzen. "Es war wichtig, ihn zu überholen, weil wir wussten, dass Hamilton und einige andere sehr schnell auf uns aufholen würden. Daher brauchten wir jede Sekunde, um den Platz zu halten." Dazu hatte er große Angst vor einer Berührung, "denn ich wusste, dass das nicht gut ausgehen würde."

Voll konkurrenzfähig: Button hatte an den Mittelfeld-Kämpfen viel Spaß, Foto: Sutton
Voll konkurrenzfähig: Button hatte an den Mittelfeld-Kämpfen viel Spaß, Foto: Sutton

Zwischenzeitlich gab es sogar die Hoffnung, noch einen Platz gutzumachen, als Verstappen eine Durchfahrtsstrafe erhielt, doch der Niederländer kam vor ihm wieder auf die Strecke. Aber schon Platz fünf ist wesentlich mehr als McLaren eigentlich aus eigener Kraft erreichen könnte, das weiß auch Alonso: "Wir wissen, dass wir nicht da sind, wo wir sein sollten. Wir verbessern uns stetig und versuchen, dort hinzukommen, wo wir hingehören." Er mahnte auch an, dass in der zweiten Saisonhälfte etliche Verbesserungen her müssen, um ein Fundament für 2016 zu legen.

Button trotz falscher Reifen Neunter

Jenson Button fuhr zum zweiten Mal nach Monaco in die Punkte, wusste aber selber nicht so ganz, wie er dorthin gekommen ist: "Da ist heute die Hölle losgebrochen", sprach er die vielen Vorfälle an. "Natürlich haben uns diese ganzen Unfälle, Probleme und Strafen geholfen, aber es ist schön, beide Autos in den Punkten zu haben. Ich hatte viel Spaß da draußen, das war ein gutes Wochenende, ein schöner Schritt nach vorn."

Dabei lief es für den Weltmeister von 2009 im letzten Stint alles andere als rund: "Unsere Pace war okay, aber ich bin beim Safety Car nicht an die Box gekommen. Deshalb hing ich im letzten Stint auf harten Reifen herum, als alle anderen Softs hatten. Damit konnte ich kaum jemanden hinter mir halten, speziell die Mercedes. Zuvor hatte ich einen schönen Kampf mit den Toro Rosso und Lotus." Das Punkteresultat vor der Sommerpause hält er für einen guten Boost für das Team. "Das war ein wichtiges Rennen für uns."

Das muss auch so sein, denn beide Fahrer wissen, dass nun der blanke Horror folgt: "Die nächsten beiden Rennen in Spa und Monza werden wahrscheinlich für uns die schwierigsten der ganzen Saison", so Button. Doch es gibt Licht am Horizont: "Danach folgt Singapur, da sollten für uns wieder schöne Punkte drin sein." Jetzt geht es erstmal in die Pause, die er mit viel Sport verbringen will. Anders sein Team: "Es war ein hartes Jahr für uns, deshalb ist ein bisschen Urlaub gut. Aber in der Formel 1 wird immer darüber nachgedacht, das Auto zu verbessern, selbst wenn man es nicht darf."

Emotionales Rennen in doppelter Hinsicht

Die Schweigeminute vor dem Rennen war für Alonso ein emotionaler Moment, Foto: Sutton
Die Schweigeminute vor dem Rennen war für Alonso ein emotionaler Moment, Foto: Sutton

Der chaotische Ungarn GP stand im Zeichen des verstorbenen Jules Bianchi. "Jules hätte dieses Rennen genossen, da bin ich mir sicher", so Fernando Alonso nachdenklich. "Es war ein schwieriges Wochenende und nicht einfach, nach der Schweigeminute ins Cockpit zu steigen. Jules hätte es bestimmt gemocht, zu sehen, dass wir so eine gute Show geliefert haben. Diese Art Rennen sind diejenigen, die die Kids gerne sehen. Das waren die Rennen, die Jules, mich und viele andere motiviert hatten, selbst F1-Piloten zu werden."

Doch auch aus einem anderen Grund verbindet Alonso, der am kommenden Mittwoch 34 Jahre alt wird, viele Emotionen mit dem Hungaroring: "Ich habe hier meinen ersten Sieg geholt, letztes Jahr habe ich um den Sieg gekämpft und wurde Zweiter - war mein vorerst letztes Podium. Und dann hier heute mit P5 mein bestes Resultat einzufahren, passt einfach. Ich werde mit Ungarn immer schöne Erinnerungen verbinden - insbesondere heute, mit der Schweigeminute für Jules."

McLaren-Renndirektor Eric Boullier blieb zunächst auf dem Boden: "Sicherlich haben wir heute von dem Chaos vor uns profitiert und natürlich baut McLaren seine illustre Reputation nicht mit fünften und neunten Plätzen auf, aber nichtsdestotrotz bedeuten die zwölf Punkte, die wir heute gesammelt haben, einen starken Ansporn für uns." Nach der harten ersten Saisonhälfte werde das Team weiter daran arbeiten, an die Spitze zu kommen. "Und unsere Fahrer sind auf und neben der Strecke, heute und an allen Tagen, hervorragend gewesen."

Für Honda-Motorsportchef Yasuhisa Arai war das Rennen ein echter Nervenkitzel, da erstmals volle Hybridenergie im Rennen freigegeben wurde. "Dieses Rennen war sehr wichtig für uns, da es den Wert unserer Power Units zeigte. Die Temperatur war wesentlich geringer als in den Trainingssitzungen, wodurch sich die Streckenbedingungen drastisch verändert haben." Doch er konnte sich freuen: Beide Power Units hielten und zwischenzeitlich konnte man sogar einen Ferrari auf der Geraden stehen lassen - wenn auch nur den waidwunden Boliden von Kimi Räikkönen.