Dieses Rennwochenende wird nicht sein wie jedes andere, zu präsent ist der tragische Todesfall von Jules Bianchi. Nachdem am vergangenen Samstag die Nachricht seines Todes bekannt wurde, stand die Formel-1-Welt unter Schock. Zu lange war - glücklicherweise - nichts passiert. Am Dienstag kam der Großteil der aktuellen Formel-1-Fahrer nach Nizza, wo die Trauerfeier für Bianchi stattfand. Ein Ereignis, das in den 70er und 80er Jahren quasi an der Tagesordnung stand und den Fahrern nun wieder ins Gedächtnis rief, wie gefährlich ihr Beruf ist.

Der Ungarn GP in diesem Jahr wird daher unter einer gedämpften, weniger auf Glamour ausgelegten Stimmung stattfinden. Im Vordergrund steht das Gedenken an Bianchi. "Ich kannte ihn nicht sehr gut, aber ich glaube er war ein sehr bodenständiger, herzlicher junger Mensch. Im Auto schien er sehr talentiert zu sein, ein Kämpfer. Er hatte also sehr viel Positives und ich glaube er hatte noch einen großen Weg vor sich", sagte Sebastian Vettel in Budapest. Er erinnert sich an einen besonderen Moment. "Es war in Japan, wir waren beide an der Strecke gelaufen und ich war beeindruckt davon wie stark und fit er war. Am Kurs in Suzuka geht es ja dauernd auf und ab, und er hat nie aufgegeben während seines Laufes, es war beeindruckend das zu sehen."

Als Zeichen, dass die Formel 1 in dieser traurigen Stunde zusammenrückt, wird dem verstorbenen Franzosen auch offiziell gedacht. "Es wird eine Schweigeminute geben, alle Fahrer werden vor dem Rennen zusammentreten und wir werden eine Minute für ihn abhalten - alle miteinander verbunden. Wir werden auch 'JB17'-Sticker auf unseren Helmen und 'Ciao Jules'-Aufkleber haben", erklärt Jenson Button die Momente vor dem Rennstart am Sonntag.

Bereits beim Russland GP 2014 gab es eine Gedenkminute für Bianchi - in Hoffnung auf Genesung, Foto: Sutton
Bereits beim Russland GP 2014 gab es eine Gedenkminute für Bianchi - in Hoffnung auf Genesung, Foto: Sutton

Auch dem Weltmeister von 2009 bleibt Bianchi in besonderer Erinnerung. "Ich habe seine Karriere ausgiebig verfolgt wie es sicherlich viele Fahrer getan haben. Das machen viele Fahrer: sie schauen, wer von unten nachrückt und einem möglicherweise gefährlich werden kann. Und er war definitiv einer von dieser Sorte", so Button. "Er holte das Maximum aus dem Auto heraus, das er hatte und wäre in Zukunft definitiv in ein Siegerfahrzeug gekommen. Er hätte die Chance auf eine WM bekommen", ist er sich sicher.

Besonders gut kannte ihn Fernando Alonso. Der Spanier fuhr von 2010 bis 2014 für Ferrari, Bianchi war Teil der Academy der Italiener. "Ich habe mit ihm viel Zeit in Maranello verbracht. Wir haben zusammen trainiert, sind gemeinsam Fahrrad gefahren, haben Karten gespielt. Wir haben eine Woche in Lanzarote verbracht, wir waren Zimmergenossen und haben viel Zeit zusammen verbracht", blickt er zurück. Entsprechend nahe geht ihm der Verlust seines Kollegen. "Es sind ziemlich starke Emotionen und ein sehr trauriges Gefühl. Natürlich werde ich ihn immer in meinem Herzen haben", so Alonso.

Böse Erinnerung weckte dieser Vorfall bei Lewis Hamilton. Der Weltmeister musste als Neunjähriger im Kartsport erleben, wie ein Kontrahent starb. "Ich hatte vor dem Rennen mit ihm gesprochen und dann ist er gestorben", erinnert sich Hamilton. Und Nico Rosberg sind die Bilder der Beerdigung am Dienstag noch vor Augen. "Die Beerdigung war sehr traurig, sehr emotional. Es war schön zu sehen, dass so viele Leute gekommen sind. Wir hoffen, seiner Familie Respekt gezollt zu haben. Es bleibt eine schwierige Zeit. Aber als Rennfahrer hat man das nicht im Kopf", so Rosberg.

Jules Bianchi zeigte mehrfach herausragende Leistungen, Foto: Sutton
Jules Bianchi zeigte mehrfach herausragende Leistungen, Foto: Sutton

Und er drückt damit aus, was viele Fahrer auch sagen: the show must go on - so schwer es fällt. "Sobald man das Visier herunterklappt, ist alles ausgeblendet, nichts ändert sich. Ich hatte die Situation ja letztes Jahr mit meinem Vater. Dann geht es nur noch um Mensch und Maschine. So ist es immer im Motorsport gewesen", sagt Button. Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn pflichtet ihm bei. "An der Einstellung und der Berücksichtigung der Risiken und der Einschätzung der Formel 1 ändert sich nichts. Formel 1 ist ein Sport, der mit Risiken behaftet ist", sagt sie. Angesichts dieser Tragödie kann sie Forderungen, man müsse das Risiko erhöhen, überhaupt nicht nachvollziehen. "Es ist eine enorme Herausforderung da draußen und ich glaube, es sollte klar sein, dass diese Diskussionen angesichts dieses sehr tragischen Unfalls eines so jungen und talentierten Fahrers völlig fehl am Platz sind", mahnt sie.

Die Formel 1 trägt Trauer an diesem Wochenende in Ungarn. Doch spätestens wenn die Fahrer im Cockpit sitzen, ihre Visiere herunterklappen und die Ampeln auf Grün gestellt werden, kreisen sämtliche Gedanken allein um ihren Job. Dass dieser lebensgefährlich ist, sollte nun jedem schmerzhaft wieder bewusst geworden sein.