Der Großbritannien GP ist immer ein Highlight im Rennkalender. Der Klassiker in Silverstone ist das Heimrennen von allen Teams außer Ferrari, Sauber und Toro Rosso - wobei der Red-Bull-Ableger inzwischen einen gehörigen Teil in Bicester entwickeln lässt. Silverstone ist aber nicht nur wegen der Nähe zum Formel-1-Valley ein besonderes Rennen. Auf dem Silverstone Circuit trennt sich die Streu vom Weizen wie sonst nur auf wenigen Strecken. Motorsport-Magazin.com liefert die Vorschau auf den Klassiker.

Im Fokus steht einmal mehr der Zweikampf zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton. Im vergangenen Jahr führte Rosberg den GP an, nachdem sich Hamilton im Qualifying verzockt hatte. Ein Getriebeschaden stoppte den Deutschen allerdings, Hamilton konnte das Rennen entspannt nach Hause fahren. Wäre Rosberg jedoch nicht ausgefallen, wäre Hamiltons Strategie interessante geworden. Der Brite hätte den Deutschen noch auf der Strecke schlagen können.

Während Rosberg 2014 noch mit 29 Punkten Vorsprung nach Silverstone reiste, hat der WM-Zweite diesmal zehn Punkte Rückstand im Gepäck. Allerdings hat Rosberg auch das Momentum auf seiner Seite: Von den letzten vier Rennen konnte er drei gewinnen.

Speziell in Österreich konnte Rosberg, der zwischen den Rennen seinen 30. Geburtstag feierte, vollends überzeugen und dominierte das gesamte Wochenende. Das Erfolgsrezept hat er sich allerdings nicht aufgeschrieben: "Es ist die Tagesform, wie man sich gerad fühlt", suchte er nach einer Erklärung. Im Gegensatz zu seinem Teamkollegen blieb Rosberg noch für einen Testtag auf dem Red Bull Ring und arbeitete das Setup für den bevorstehenden GP heraus. "Lewis übernimmt dann das Setup. In diesem Sinne habe ich den Job für uns beide gemacht", relativiert Rosberg.

Dass Mercedes jemand gefährlich werden könnte, davon ist nicht auszugehen. "Die Strecke in Silverstone besitzt einige Charakteristiken, die ganz anders sind als auf jenen Kursen, auf denen wir zuletzt gefahren sind. Die Strecke ist ein guter Prüfstand für die Aerodynamik, sie belohnt guten Abtrieb und belastet die Bremsen nicht besonders stark. Damit steht sie klar im Kontrast zu Kanada und Österreich. Theoretisch sollte dies den Stärken des W06 entgegenkommen", meint auch Mercedes' Paddy Lowe.

Silverstone nicht Sepang

In der Theorie sollte der Vorsprung auf die Verfolger sogar noch größer sein als zuletzt in Österreich und Kanada. Doch davon ging Mercedes auch vor dem Malaysia GP aus. Auch in Sepang gibt es lange Geraden und viele Highspeed-Kurven. Und dort gewann bekanntlich Sebastian Vettel. Allerdings halfen Ferrari die hohen Temperaturen und die frühe Safety-Car-Phase bei der Strategie. Realistisch gesehen sollte aber Mercedes auf und davon sein.

Die Streckencharakteristik ähnelt Sepang, Foto: Sutton
Die Streckencharakteristik ähnelt Sepang, Foto: Sutton

Silverstone ist nach Barcelona wieder eine richtige Gradmesser-Rennstrecke. Seit dem Europaauftakt haben einige Teams weiter zugelegt. Updates, die zwar schon in Spanien kamen, dort allerdings noch nicht verstanden wurden, können nun ihr volles Potential in Silverstone ausspielen. Mit Barcelona und Spielberg lagen neben den drei Grands Prix außerdem die einzigen beiden Testfahrten während der Saison dazwischen.

Bei prognostizierten sommerlichen, aber nicht heißen Temperaturen könnte die Reifenwahl von Pirelli interessant sein. Die Italiener bringen die beiden härtesten Mischungen mit. Quasi die Steinreifen. Das kommt Mercedes entgegen, weil die Konkurrenz Probleme haben könnte, die Reifen auf Temperatur zu bekommen.

Hinter Mercedes könnte es etwas spannender werden. Bei den letzten beiden Rennen standen mit Felipe Massa und Valtteri Bottas zweimal Williams-Piloten auf dem Podium. Allerdings profitierte der Traditionsrennstall beide Male von Patzern der Scuderia. Die Power-Passagen sollten dem FW37 liegen. "Zusätzlich ist unser Auto sehr stark in Hochgeschwindigkeitskurven", meint Rob Smedley. Im vergangenen Jahr furh Valtteri Bottas von Startplatz 14 noch auf Platz zwei nach vorne.

Force India bringt B-Version

Force India bringt in Silverstone das komplette B-Auto, Foto: Sutton
Force India bringt in Silverstone das komplette B-Auto, Foto: Sutton

Allerdings scheint es dem Williams nach wie vor an Abtrieb zu fehlen - Vorteil Ferrari. Auch bei Lotus heißt die Schwäche: Downforce. Mit Spannung darf der neue Force India erwartet werden. Bei den Testfahrten zeigte das Team bereits die neue Front mit Löchern in der Nase. Die komplette B-Version soll in Silverstone debütieren. Die letzten Rennen liefen auch mit dem alten Auto besser als erwartet.

Red Bull und Toro Rosso stehen und fallen einmal mehr mit dem Antrieb. Von Renault sind auch an diesem Wochenende keine Wunder zu erwarten - die Entwicklungs-Token lassen weiter auf sich warten. Interessant wird das Bullen-interne Kräfteverhältnis. Silverstone könnte dem Toro Rosso gut liegen.

Auch von McLaren-Honda sind keine Wunder zu erwarten. Fernando Alonso droht bereits die nächste Strafe, weil seine Power Unit beim Unfall mit Kimi Räikkönen beschädigt worden sein soll. Auch für Sauber wird es kein einfaches Wochenende: Den Schweizern fehlt Abtrieb und große Updates haben die Eidgenossen nicht im Gepäck. Außerdem müssen sie weiter auf den neuen Ferrari-Antrieb warten, der erst in Spa kommen soll.