Die Formel 1 hat schon einfachere Zeiten erlebt. An allen Ecken und Enden wird die Königsklasse kritisiert, zuletzt meinte Kimi Räikkönen sogar, dass sie mittlerweile nicht mehr gefährlich genug sei. Im Vorfeld des Österreich GP waren die Problemfelder der Formel 1 eines der großen Gesprächsthemen. Die Piloten machten sich Gedanken über den Status quo und überlegten, was man zukünftig verbessern könnte. Motorsport-Magazin.com hat sich im Fahrerlager von Spielberg umgehört.

Lewis Hamilton darüber...

...wie sich das Racing verändert hat: Es ist anders als in den Jahren, als es Tankstopps gab und man mit den Reifen mehr pushen konnte. Aber das ist die neue Art der Formel 1 und es ist noch immer eine enorme Herausforderung. Natürlich will man pushen, wenn man hinten ist, um vorbeizukommen, aber man muss auf den Sprit und die Reifen achten.

...ob das Racing besser wäre, würden die Fahrer nicht so viele Informationen bekommen: Meiner Meinung nach würde es für die Zuschauer keinen Unterschied machen, wenn man alles wegnehmen würde. Man kann nicht spüren, wie viel Benzin man verbraucht, denn man fährt den Großteil der Zeit so schnell man kann, daher braucht man Hilfe. Im letzten Rennen hat Nico mehr Gummi als ich verbraucht. Ich weiß nicht warum, denn ich fahre gleich. Manchmal verbraucht er mehr und manchmal ich. Man weiß nicht, wann die Reifentemperaturen beginnen zu fallen, daher braucht man Hilfe.

Ich glaube nicht, dass die Leute komplett verstehen, was sie sehen, und wissen, was wir wissen. Was sie hören, ist nur der Lärm. Ich wette, wenn man all die Informationen abschalten und es nicht bekanntgeben würde, man würde es im Fernsehen nicht bemerken und das Rennen wäre dasselbe. Was würde passieren, wenn sie mir nichts über die Reifen sagen würden? Ich würde weiterhin gleich fahren. Würden sie nichts über das Benzin sagen, würden vielleicht weniger Autos ins Ziel kommen.

...ob er auch ohne die Informationen auskommen würde: Man fährt sein Rennen und weiß, dass man 100 kg Sprit hat. Es ist aber nicht so, dass man wie auf seinem Bankkonto sieht, wie die Summe sinkt, wenn man Zahlungen tätigt. Ein niedrigerer Gang und man verbraucht weniger als in der Runde zuvor, und wenn man ein bisschen aggressiver fährt, verbraucht man mehr als in der Runde zuvor. Aber man kann das nicht sehen. Deswegen bekommt man die Informationen. Wir erhalten jetzt viel weniger Hilfe als vor ein paar Jahren. Damals hatten wir viel mehr Informationen. Ich glaube, die Leute wollen einfach irgendetwas die Schuld geben, weil sie unzufrieden sind.

...darüber, was er an der Formel 1 ändern würde: Ich vermisse den Sound. 1996 habe ich in Spa meinen ersten Grand Prix besucht, und als ich den Sound der Autos hörte, wollte ich das noch mehr als zuvor machen. Jetzt hat man diesen Lärm nicht mehr. Ich vermisse ihn und Autos mit breiten Reifen. Jetzt geht es um Effizienz und Technologie. Aber wir wollen in der Zeit nicht zurückreisen, wir wollen uns weiterentwickeln, sonst bleibt die Welt stehen.

Hamilton steht auf alte Autos, Foto: Mercedes-Benz
Hamilton steht auf alte Autos, Foto: Mercedes-Benz

Nico Rosberg darüber...

...was er in der Formel 1 ändern würde: Ich würde mir wünschen, dass wir die Fans - also die, die uns zuschauen - noch glücklicher machen könnten, als sie jetzt sind. Wir haben auch etwas ganz Interessantes gemacht, Fahrer haben sich zusammen getan, um diese Umfrage zu starten. Das ist ein Mega-Erfolg gewesen, die Teilnahme war unglaublich und es war überhaupt größte Umfrage in der Sportgeschichte. Es wird interessant sein zu erfahren, was die Fans wollen, denn für die fahren wir eigentlich.

...ob man der Formel 1 mehr konzeptionelle Freiheiten wie in Le Mans lassen sollte: Nein, das geht nach hinten los, das kann man nicht machen, das ist so viel Geld, wenn man sich verläuft. Dann fangen sie an, zwei Parallelautos zu bauen, weil man nicht weiß, welcher Weg der richtige ist. Das kann man nicht machen, das muss schon etwas kontrolliert sein. Es ist so oder so geldmäßig recht teuer jetzt.

Felipe Massa darüber...

...ob er noch fahren würde, wenn die Formel 1 gefährlicher wäre: Das hängt davon ab, wie gefährlich. Die Sicherheit wie am Ende der 90er? Ja, sicherlich würde ich dann ins Auto steigen. Es wäre dumm, etwas gefährlich zu machen, wollt ihr sehen, dass sich Fahrer verletzen? Viele Fahrer [wie Verstappen] gehen zu viel Risiko ein, weil es nicht mehr so gefährlich ist. In meinem ersten Jahr habe ich viele solcher Fehler gemacht, ich war damals 20 Jahre alt. Schaut euch die GP2 an, schaut euch anderen Serien an. In der Formel 3 fliegen sie durch die Gegend. Mit der Zeit und der Erfahrung wird das aber besser.

...ob die F1-Autos schneller werden sollten: Ich verstehe, dass es interessant ist, die Autos schneller zu machen. Wenn die Autos aber fünf Sekunden schneller sind und es weniger Überholmanöver gibt als jetzt, werden sich die Leute ohnehin wieder beschweren. Ich will die Autos so schnell haben wie es geht, aber die Änderungen müssen intelligent sein. Es macht keinen Sinn, die Autos nur schneller zu machen, denn wenn man drei Sekunden schneller ist, versteht das keiner vor dem Fernseher. Man muss die Show verbessern. Ich habe zuletzt das NBA-Finale gesehen, habe es auf Instagram verfolgt - unglaublich, wie sie dem Wettbewerb auf die Sprünge helfen! Das brauchen wir auch hier, wir müssen verstehen, was die Leute in anderen Meisterschaften machen und versuchen, das zu kopieren.

Die Leute wollen Wettbewerb sehen, Überholmanöver, Kämpfe - das muss der Wandel sein. Wenn Kimi oder Niki Lauda sagen, dass es gefährlicher sein muss, dann stimme ich dem nicht zu, ich glaube es muss einfach besser werden, es muss intelligenter sein. In der F1 hatten wir immer viele Veränderungen, manchmal ändern Änderungen aber nichts.

In Brasilien haben sie zum 20. Jahrestag von Sennas Crash alle seine Rennen gezeigt. Ich habe mir die meisten angesehen und es war viel schlimmer als heute. Im Qualifying war der Abstand zum Dritten eineinhalb Sekunden und sie haben den Dritten in jedem Rennen überrundet, die Abstände waren also viel größer als heute. Aber wenn man mit den Leuten spricht, sagen sie immer, dass die Vergangenheit unglaublich war. Schaut euch das an und dann vergleicht es mit heute - man sollte nicht zurückblicken, ohne sich ganz genau zu erinnern, und einfach nur sagen, dass die Vergangenheit unglaublich war. Es sieht interessanter aus, weil die Strecken schlechter waren, jetzt ist alles sicherer, die Strecken sind anders. Ich glaube nicht, dass die FIA die Strecken ändern und wieder gefährlicher machen würde, das wäre nicht korrekt.

...ob die Fahrer am Funk zu viel fragen: Wir haben ein sehr kompliziertes Auto. Es gibt so viele Dinge am Auto, die nicht nur auf den Fahrer bezogen sind. Wir brauchen die ganzen Informationen, haben so viele Batterien, so viele Änderungen, wir stellen am Lenkrad Dinge ein und wissen noch nicht einmal, was das ist. Man kann sich nicht alles merken, was wir am Auto haben, deswegen fragen wir nach.

Wird die Vergangenheit verklärt?, Foto: Sutton
Wird die Vergangenheit verklärt?, Foto: Sutton

Sergio Perez darüber...

...ob die Formel 1 gefährlich ist: Ich denke, die F1 ist durchaus riskant. Das Level an Risiko ist hoch, vielleicht nicht so hoch wie in den 90ern oder so. Die Autos sind sicherer geworden, aber manchmal lese ich Kommentare, dass die Formel 1 vom Fahrverhalten zu leicht wäre. Eine andere Sache ist, dass wir im Rennen eine Menge managen müssen: Reifen, Sprit, Balance des Fahrzeugs Kurve für Kurve. Es nicht so, dass man sich nur auf die Pace fokussiert. Es ist noch immer sehr hart, alles in Qualifying und Rennen zusammenzubekommen, und gerade das richtige Reagieren auf Veränderungen in der Fahrzeugbalance ist sehr schwierig. Es könnten sicherlich Dinge verbessert werden, aber die F1 ist am Limit immer eine schwierige Sache.

...was er an der Formel 1 verbessern würde: Ich würde als Rennfahrer gern jede Runde am Limit fahren und immer das Beste rausholen. Das hätten alle Rennfahrer gern. Aber jetzt hat man so viele Dinge zu managen. Meiner Meinung nach ist es ist schwierig, das Auto am Limit zu fahren und im Qualifying die perfekte Runde hinzubekommen. Es ist nicht einfach.

Fernando Alonso darüber...

...ob das Risiko in der Formel 1 zu hoch ist: Das Wort Risiko ist vielleicht nicht richtig. Wir müssen sicher im Auto sein. Die Sicherheit muss in der F1 Priorität haben. Ob die Autos schneller sein müssen, ist ein anderes Thema. Die Meetings handeln davon, dass die Autos in Zukunft schneller sein sollen. Das würde ich begrüßen.

Die Gefahr fährt immer mit, Foto: Sutton
Die Gefahr fährt immer mit, Foto: Sutton