Der Wochenanfang stand noch ganz im Zeichen des Kanada Grand Prix. Die Triumphfahrt von Lewis Hamilton und das verschenkte Podium von Ferrari boten auch eine Menge Diskussionsmaterial.

Noch einmal zur Erinnerung: Der amtierende Weltmeister holte einen ungefährdeten Start/Ziel-Sieg und hielt seinen Teamkollegen und unmittelbaren Verfolger Nico Rosberg in Schacht. Kimi Räikkönen wurde von der ECU Lockout Periode seines Dienstwagens überrascht. Der daraus resultierende Dreher kostete ihm den dritten Platz, den Williams-Pilot Valtteri Bottas erbte und souverän über die Ziellinie rettete.

Spannend war die Aufholjagd von Sebastian Vettel und Felipe Massa. Beide starteten weit hinten im Feld und machten sukzessive Platz für Platz gut. Der Ferrari-Pilot kam als Fünfter direkt hinter seinem Teamkollegen ins Ziel und Massa im Williams schaffte es auf einen starken sechsten Rang.

Wie schnell ist Ferrari nun wirklich?, Foto: Sutton
Wie schnell ist Ferrari nun wirklich?, Foto: Sutton

Wie schnell ist Ferrari nach dem Power-Unit-Upgrade?

Ferrari hat für den Kanada Grand Prix die Power Unit überarbeitet. Dafür mussten die Italiener drei der zehn Tokens, die der Scuderia für die laufende Saison zur Verfügung stehen, einlösen. Doch ob der überarbeitete Ferrari-Antrieb den erhofften Schritt nach vorne darstellt, lässt sich anhand des vergangenen Rennwochenendes nur schwer beantworten. Denn Räikkönen konnte zwar zu Beginn das Tempo der Silberpfeile mitgehen, fiel ab Runde 9 jedoch zurück.

Dennoch ist sich der Finne sicher: "Das Upgrade war gut und hat wie erwartet funktioniert, aber wir müssen hart arbeiten, um die Dinge insgesamt zu verbessern." Der Circuit de Gilles Villeneuve sei zudem eine sehr selektive Strecke. "Wir hatten auf einen besseren Speed in Relation zu Mercedes gehofft", so Räikkönen. "Aber ich glaube, diese Strecke zeigt die Schwächen klar auf."

Noch hält Arrivabene seine schützende Hand über Räikkönen. Wie lange noch?, Foto: Sutton
Noch hält Arrivabene seine schützende Hand über Räikkönen. Wie lange noch?, Foto: Sutton

Bleibt Kimi in der F1 oder nicht?

Seit seinem zweiten Platz in Bahrain bleibt Ferrari den F1-Fans eine Antwort schuldig: Verlängert die Scuderia den Vertrag mit dem Finnen nun oder nicht? Teamchef Maurizio Arrivabene betonte in einem Interview mit formula1.com: "Ich konzentriere mich jetzt auf unsere zwei Jungs." Medienberichten zufolge gibt es jedoch einen Stichtag, an dem die Scuderia entscheiden über die Zukunft Räikkönens entscheiden möchte: der 31. Juli. Damit blieben dem Finnen noch die drei Rennen in Österreich, Großbritannien und Ungarn, um seine Chefs von seinen Qualitäten zu überzeugen.

Horner warnt vor Renault-Ausstieg

Ursprünglich hätte die Weiterentwicklung der Antriebsstränge bereits 2015 eingefroren werden sollen. Doch die Teams dürfen nun die Tokens, die sie über den Winter nicht verbraucht haben, im Laufe der Saison in die Weiterentwicklung des Motors stecken. Ferrari, Renault und Honda hätten sich eine ähnliche Regelung für nächstes Jahr gewünscht. Doch da hat das Stuttgarter Weltmeisterteam ein Veto eingelegt.

Verhandlungsgeschick bei Red Bull gefragt: Mercedes muss einlenken!, Foto: Sutton
Verhandlungsgeschick bei Red Bull gefragt: Mercedes muss einlenken!, Foto: Sutton

Der sogenannte Engine Freeze könnte einhergehen mit dem F1-Ausstieg von Renault. Ein solches Szenario befürchtet Red-Bull-Teamchef Christian Horner, sollte man bei Mercedes auf der ablehnenden Haltung beharren: "Sie müssen es natürlich nicht, aber die Situation sieht so aus, dass wir uns an einem kritischen Punkt befinden, was Renaults Engagement betrifft. Wenn du es praktisch im Februar stilllegst, kannst du ihnen fast schon zum Abschied winken."

Auch Ferrari-Präsident Sergio Marchionne hofft auf ein Einlenken von Mercedes: "Ich denke, Mercedes versteht, dass es nicht richtig ist, die Regeln zu nutzen, um eine Position zu verteidigen", sagte er gegenüber spanischen Medien. Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff gibt sich kompromissbereit: "Wir stehen der Situation offen gegenüber und verstehen, dass sich Honda und Renault in einer schwierigen Situation befinden."

Die Nachbeben des Strategy-Group-Treffens in Kanada

Marchionne: F1 muss packender werden, Foto: Ferrari
Marchionne: F1 muss packender werden, Foto: Ferrari

Ferrari-Boss Sergio Marchionne hat sich in der Strategy Group für die Rückkehr des Nachtankens stark gemacht. Doch im Rahmen des Kanada GP haben sich die Ingenieure der Teams negativ dazu geäußert. Das Nachtanken sei zu gefährlich, zu teuer und würde nicht wie erhofft zu einer besseren Show beitragen. Doch der Ferrari-Präsident will nicht locker lassen. Die Ingenieure hatten lediglich die Option, ihre Meinung zu dem Thema zu äußern. Wie dann letztendlich entschieden wird, steht auf einem anderen Blatt Papier.

Marchionne geht es um Grundlegendes: Die Formel 1 muss für die Zuschauer wieder attraktiver werden. "Tankfüllung, die Anzahl der Tankstopps, wann man zum Tanken in die Box kommt - das sind alles wichtige Faktoren", so der Ferrari-Präsident. "Wenn die Teams dann noch die Möglichkeit haben, über die Reifenmischungen selbst zu entscheiden, so denke ich, dass das auch im Sinne von Pirelli ist", erlaubt sich Marchionne einen Seitenhieb in Richtung Pirelli.

Ausgestoßen: Claire Williams und ihr Team, Foto: Sutton
Ausgestoßen: Claire Williams und ihr Team, Foto: Sutton

Während sich Sauber, Force India und Williams hintergangen fühlten, zum letzten Stragety-Group-Meeting nicht eingeladen worden zu sein, versteht F1-Zampano Bernie Ecclestone die ganze Aufregung nicht: "Das gab es schon in der Vergangenheit. Für sie vielleicht schon, denn sie sind die Neuen." Die Befürchtung der kleinen Teams, Mercedes, Ferrari, Red Bull und McLaren hätten die Absicht, die Entscheidungshoheit über die Zukunft der F1 an sich reißen zu wollen, teilt Ecclestone nicht. Die "Großen Vier" werden sich schlussendlich eh nicht einig werden. So kommentierte er das letzte Treffen der Strategy Group sarkastisch: "Ich denke, das waren 48 verschwendete Stunden."

Formel 1 2015 zu langweilig?

Kimi Räikkönen, David Coulthard und Martin Brundle: Gleich drei (ehemalige) F1-Piloten haben sich zum Spektakel Formel 1 im Jahr 2015 geäußert. Und keiner ist zufrieden, jeder fordert Veränderungen.

Coulthard: F1 muss attraktiver werden, Foto: Sutton
Coulthard: F1 muss attraktiver werden, Foto: Sutton

Ex-McLaren- und -Red-Bull-Pilot David Coulthard behauptete in seiner BBC-Kolumne, dass die Fahrer zu wenig gefordert werden. "Ich erinnere mich, wie ich in Montreal einmal aus dem Auto stieg und kaum etwas sehen konnte, weil ich so dehydriert war", sagte der Schotte. Um die Formel 1 für Fahrer und Zuschauer attraktiver zu gestalten, müssen Veränderungen her. Daher wünscht sich Coulthard eine Rückkehr des Nachtankens.

Martin Brundle verortet das Problem woanders: in der Telemetrie. Kein noch so kleiner Defekt entgeht den Ingenieuren. Die Ausfallquote wegen technischer Probleme hat sich in den letzten Jahren deutlich verringert. "Damals haben die Fahrer einfach versucht, es hinzubekommen und haben dann nur noch gehofft", so Brundle. Die Kommunikation über den Boxenfunk verstärkt den Eindruck beim Zuschauer, dass der Fahrer keine tragende Rolle im Teamgefüge spiele, sondern vielmehr Ingenieure im Hintergrund das Auto steuern.

Ferrari-Pilot Kimi Räikkönen vermisst indes die Gefahr in der Königsklasse. "Als ich 2001 in der Formel 1 begonnen habe, waren die Rennen noch aufregend. Aber das ist lange her", so der Finne. Es müsse sich etwas ändern. "Die Leute wollen Geschwindigkeit sehen. Ich will keine Verletzten sehen, aber Unfälle würden den Sport aufregender machen." Der sonst recht unspektakuläre Große Preis von Monaco gewann erst nach dem Unfall von Max Verstappen an Fahrt. Die Zuschauer würden in jedem Fall mehr Action auf der Strecke begrüßen.