1. - S wie Strafen

Die Startaufstellung wurde beim Großen Preis von Kanada gründlich durcheinandergewürfelt: Sebastian Vettel, der ohnehin schon Probleme im Qualifying hatte, wird aufgrund seines Überholmanövers unter gelb um fünf Plätze strafversetzt. Noch schlimmer erwischte es Max Verstappen, der gleich doppelt bestraft wurde: Fünf Plätze für seinen Crash in Monaco plus zehn Plätze für den Einbau des fünften Verbrennungsmotors. Da er den überwiegenden Teil der Strafe gar nicht im Grid verbüßen kann, muss er im Rennen eine 10-sekündige Stop&Go-Strafe absitzen. Beide (Vettel P18, Verstappen P19) starten noch vor Jenson Button, der im Quali gar nicht erst antrat und aus der Box starten wird..

Max Verstappen und Felipe Massa lieferten sich am Donnerstag eine hitzige Debatte über den Unfall des Niederländers mit Romain Grosjean, der bemängelte, dass sich der Youngster nie entschuldigt habe. Felipe Massa machte sich in der Pressekonferenz für eine stärkere Bestrafung für das Vergehens stark, Verstappen schoss sogleich zurück: "Vielleicht solltest du dich an das Rennen des letzten Jahres erinnern und sehen, was dort passiert ist." Auch Jos Verstappen schoss scharf gegen Massa: "Er ist jetzt 34 Jahre alt und hatte seine Zeit in der Formel 1. Ich denke, dass in diesem Sinne Massas Alter ein größeres Thema ist als das von Max."

Vettel wurde rückversetzt, Foto: Sutton
Vettel wurde rückversetzt, Foto: Sutton

2. - S wie Speed

Auf dem Circuit Gilles Villeneuve ist Motorleistung Trumpf: Viermal werden auf einer Runde mehr als 300 km/h erreicht. Da in jedes Mal aus engen Kurven oder Schikanen herausbeschleunigt wird, ist das gesamte Drehzahlband der Aggregate gefordert. Die Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 350 km/h, die im Rennen erwartet werden, wirken durch die eng stehenden Mauern noch extremer. Die Flügel werden so flach gestellt wie nur selten im Kalender.

Ohne entsprechende Spitzengeschwindigkeit wird es im Rennen kaum möglich sein, Positionen gutzumachen, da die enge Strecke sonst keine Manöver zulässt. Das Problem: Befindet sich ein Fahrzeug mit wenig Topspeed im Sandwich zwischen zwei Fahrzeugen, die auf der Geraden schnell sind, ist nicht nur ein Angriff nach vorn kaum möglich, sondern man ist gleichzeitig doppelt anfällig für eine Attacke von hinten. Die Topspeedlisten führten bislang eindeutig die Mercedes-Teams an, erst auf Rang acht folgte mit Kimi Räikkönen mit der verbesserten Ferrari-Power-Unit der beste Nicht-Mercedes-Motor. Besonders schwer werden es weiter die Renault- und Honda-Teams haben.

3. - S wie Strategie

Eine ganze Reihe strategischer Optionen stehen den Teams offen. Eine Ein-Stopp-Strategie wäre bei einem Rennen ohne Safety Car die bevorzugte Variante, eine Zwei-Stopp-Strategie wäre ebenfalls möglich. Allerdings bringt die hohe Wahrscheinlichkeit eines Safety Cars so viele mögliche Variablen ins Spiel, dass ganz verrückte Strategiespielchen herauskommen können. Kommt es innerhalb der ersten 20 Runden zu einem Safety Car, ist eine Ein-Stopp-Strategie nicht mehr sinnvoll.

Das Safety Car ist in Kanada ein gewohnter Anblick, Foto: Sutton
Das Safety Car ist in Kanada ein gewohnter Anblick, Foto: Sutton

Noch dramatischer wäre ein spätes SC: Alle Abstände, die eine frühe Verwendung des Supersofts mit sich bringen würde, würden zunichtegemacht. Vor allem für Zwei-Stopper wäre es daher Trumpf, den weichen Reifen im mittleren Stint zu verwenden. Wer außerhalb der Top-10 startet, wird mit dem Gedanken spielen, den Soft gleich am Anfang des Rennens zu verwenden. In beiden Fällen würde ein spätes Safety Car einen Schlussspurt auf Supersofts garantieren. Sich den Soft für den letzten Stint aufzubewahren könnte riskant sein.

4. S wie Sprit

Sprit brauchen nicht nur die zahlreichen Fans auf den legendären GP-Partys in der Stadt, sondern vor allem die Motoren. Und auf dem Circuit Gilles Villeneuve benötigen sie eine ganze Menge davon. Auf keiner anderen Strecke ist der Benzinverbrauch so hoch wie hier. Der Grund: Langsame Kurven verbinden die längeren Geraden, so dass die Motoren immer wieder aus niedrigen Geschwindigkeiten auf 300 Stundenkilometer und mehr Beschleunigen müssen. Der eigentliche Benzinverbrauch liegt rund sieben Prozent über dem Maximum. Heißt also, dass über die Renndistanz diese sieben Prozent gespart werden müssen.

5. - S wie Safety Car

Der Circuit Gilles-Villeneuve von Montreal unterscheidet sich grundlegend von den modernen Strecken im Rennkalender der Formel 1. Der Kurs verfügt durch die beengten Platzverhältnisse auf der Ile Notre-Dame kaum über Auslaufzonen, an den meisten Kurveneingängen stehen Mauern, die absolut keinen Fehler verzeihen. Passieren tun solche Fehler aber freilich trotzdem, weshalb der Kanada-GP zu den Rennen mit den meisten Safety-Car-Phasen überhaupt gehört. In den letzten zehn Jahren musste Bernd Mayländer das Feld gleich 13 Mal einfangen, zuletzt im Vorjahr. Damals wurde Daniel Ricciardo durch die Turbulenzen nach vorne gespült und gewann schlussendlich völlig überraschend das Rennen. Das Safety Car kann in Montreal also durchaus rennentscheidend in das Geschehen eingreifen.

6. - S wie Schikanen

Gleich viermal geht es auf der Ile Notre-Dame durch Schikanen, sie stellen die Mehrzahl der relevanten Kurven auf dem 4.361 km langen Kurs in Montreal. In drei Fällen werden die Kerbs hart mitgenommen. Das zwingt die Teams zu weicheren Fahrwerkseinstellungen und erfordert von den Fahrern höchste Präzision. Kleine Fehler können hier fatale Auswirkungen haben, da die Mauern an jedem Ausgang nahe stehen. Größte Berühmtheit hat die Wall of Champions in der letzten Schikane erhalten, doch auch die anderen Mauern haben bereits teils bekannte Opfer gefordert.

Zahlreiche Piloten hatten in den Schikanen bereits ihre Probleme, Foto: Sutton
Zahlreiche Piloten hatten in den Schikanen bereits ihre Probleme, Foto: Sutton

Da die Auslaufzonen mittlerweile größtenteils asphaltiert worden sind, haben Verbremser nicht mehr die brutalen Auswirkungen von früher. Trotzdem wird ein Fehler hier mit erhöhtem Zeitverlust einhergehen, da die Zufahrtswege zurück auf die Strecke mittlerweile fest vorgegeben sind. Ein Fehler in der Anfangsphase des Rennens kann wertvolle Track Position kosten. Wer trotzdem versucht, das Auto mit Gewalt durch die Schikane zu bringen, kann sich auf den Wurst-Kerbs den Unterboden nachhaltig beschädigen.

7. - S wie Sonntagwetter

Stellte sich der Freitag in Montreal noch verregnet dar und der Circuit Gilles Villeneuve erinnerte stellenweise an den Sankt-Lorenz-Strom, wird das Wetter am Sonntag keine Rolle spielen. Für den Renntag werden Sonnenschein und bis zu 23 Grad erwartet - perfekte Bedingungen. Somit wird es zu keiner Neuauflage des Marathonrennens von 2011 kommen, als der Grand Prix wegen heftiger Niederschläge stundenlang unterbrochen werden musste, auch wenn das in dieser Form mittlerweile gar nicht mehr möglich wäre. Inzwischen beträgt die maximale Dauer eines Formel-1-Rennens vier Stunden.