Schon früh im Qualifying zum Kanada GP kam der Schock für alle Vettel-Fans: Als Sebastian Vettel zum ersten Mal die Boxengasse verließ, merkte er sofort, dass Leistung fehlte. "Ich hatte keinen Bums, keine Power", konstatierte der Ferrari-Pilot ernüchtert. "Ich meine schon etwas gehört zu haben, als ich aus der Garage gefahren bin, aber das kann ich nicht sicher sagen."
Vettel kam nach seiner Outlap gleich wieder in die Garage, doch auch die hastigen Reparaturversuche seiner Mechaniker konnten keine Abhilfe schaffen. Am Ende ging Vettel noch mit den Supersoftreifen auf die Strecke, obwohl der Defekt noch nicht repariert war. " Wir haben am Ende versucht, Zeit zu gewinnen und vielleicht ins Q2 zu rutschen, um den Fehler besser zu verstehen", erklärt Vettel.
Am Ende waren alle Versuche vergebens, Vettel scheiterte als 16. an der ersten Qualifikationshürde. Dabei sah es zwischenzeitlich noch gut aus für den Heppenheimer. In den ersten beiden Sektoren konnte er noch gut mithalten, doch im letzten Abschnitt verlor er auf der langen Gerade zu viel Zeit. Eigenartig: Im ersten Versuch war er im letzten Sektor noch zwei Sekunden schneller, verlor aber zu viel Zeit im ersten Abschnitt.
Auf der Geraden drückte Vettel immer wieder verzweifelt auf einen Knopf am Lenkrad. Die TV-Grafik ließ erahnen, dass sich der Klappflügel nicht öffnete. "Ich habe andere Knöpfe gedrückt und das des Öfteren - aber DRS nur, wenn ich es konnte", stellt Vettel klar.
Schon Probleme in FP3
Schon im dritten Freien Training klagte Vettel über Probleme am kinetischen Energierückgewinnungssystem. Am Vormittag konnte das Problem allerdings schnell gelöst werden. "Das Problem am Nachmittag hatte nichts mit dem zu tun", ist er sich sicher. Auch mit dem neuen Verbrennungsmotor, der um drei Tokens weiterentwickelt wurde, soll der Defekt nichts zu tun haben. "Das war eher etwas Elektronisches, wahrscheinlich kein teures Teil, aber das hat uns trotzdem lahmgelegt."
Ein kleiner Transistor war kaputt gegangen und sorgte dafür, dass die MGU-H nicht richtig funktionierte. "Ein Transistor, der zehn Euro kostet", ärgerte sich Teamchef Maurizio Arrivabene. "Dass man deshalb eine Qualifikation wegschmeißt, ist sehr schade. Wir werden das defekte Teil austauschen und ich bin mir sicher, dass Sebastian morgen ein gutes Rennen fahren wird."
Besonders ärgerlich: In den Trainingssitzungen machte der überarbeitete Ferrari einen starken Eindruck. Vettel war die Enttäuschung deutlich anzusehen: "Wir wären ein bisschen näher dran gewesen, aber wir werden nicht herausfinden, wie nahe."
Aufgegeben hat der vierfache Weltmeister aber noch nicht: "Für morgen ist trotzdem noch viel drinnen." Die Strategie wird ihm dabei aber wohl nicht entgegenkommen. Sogar der Supersoftreifen hält gut, ein Stopp sollte den meisten genügen. Deshalb hilft es auch nicht besonders, dass sich Vettel wegen des frühen Ausscheidens Reifen sparen konnte. "Ich habe wahrscheinlich mehr Reifen übrig, als ich brauche", scherzte er.
Topspeeds beim zweiten Freien Training in Kanada
Fahrer | Team | Motor | Topspeed |
Kimi Räikkönen | Ferrari | Ferrari | 336,2 km/h |
Sebastian Vettel | Ferrari | Ferrari | 335,8 km/h |
Nico Hülkenberg | Force India | Mercedes | 333,6 km/h |
Pastor Maldonado | Lotus | Mercedes | 333,5 km/h |
Sergio Perez | Force India | Mercedes | 332,9 km/h |
Marcus Ericsson | Sauber | Ferrari | 332,5 km/h |
Max Verstappen | Toro Rosso | Renault | 332,2 km/h |
Romain Grosjean | Lotus | Mercedes | 331,3 km/h |
Daniil Kvyat | Red Bull | Renault | 331,1 km/h |
Carlos Sainz | Toro Rosso | Renault | 330,4 km/h |
Lewis Hamilton | Mercedes | Mercedes | 329,8 km/h |
Felipe Massa | Williams | Mercedes | 329,4 km/h |
Felipe Nasr | Sauber | Ferrari | 329,4 km/h |
Valtteri Bottas | Williams | Mercedes | 329,2 km/h |
Nico Rosberg | Mercedes | Mercedes | 328,3 km/h |
Daniel Ricciardo | Red Bull | Renault | 326,3 km/h |
Roberto Merhi | Manor | Ferrari (2014) | 322,7 km/h |
Fernando Alonso | McLaren | Honda | 322,1 km/h |
Will Stevens | Manor | Ferrari (2014) | 318,3 km/h |
Jenson Button | McLaren | Honda | 317,5 km/h |
Vettel hat aber noch einen anderen Trumpf für seine Aufholjagd. "Wir haben ein schnelles Auto, deswegen sollten wir viel Boden gutmachen können", weiß er. Der Ferrari war am Freitag das schnellste Auto auf der Geraden, Überholen ist in Kanada gut möglich.
Trotzdem muss Vettel noch einen kleinen Rückschlag fürchten: Im dritten Training hatte er bei roter Flagge Roberto Merhi überholt. Eine Strafe ist nicht ausgeschlossen. "Das ist bitter für uns, weil wir heute näher dran gewesen wären. Aber wie nah, werden wir wahrscheinlich nicht rausfinden."
Nach dem Qualifying wurde Vettel zu den Stewards zitiert, um den Zwischenfall zu klären. Der Ferrari-Pilot ist sich keiner Schuld bewusst: "Als ich hinter dem Manor war, gab es eine rote Flagge. Ich wusste nicht, was das Problem bei ihm war, denn er war ziemlich langsam und ich habe ihn überholt."
Update: Die Stewards belegten Vettel mit einer Startplatzstrafe. Vettel muss um fünf Plätze nach hinten, startet somit vom letzten Startplatz. Außerdem erhält er drei Strafpunkte auf seine Superlizenz.
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