Schon zu V8-Zeiten wurde an dieser Front geschummelt, wo es nur ging: Der Engine-Freeze soll die Motorenhersteller daran hindern, unendlich viel Geld für die Entwicklung der Triebwerke auszugeben. Im Idealfall soll die Entwicklung auf kleinster Sparflamme vorangetrieben werden. Änderungen dürfen nur aus Gründen der Zuverlässigkeit, Kostenreduktion oder Sicherheit vorgenommen werden.

Eigentlich. Denn schon im V8-Zeitalter wurde hier getrickst, was das Zeug hielt. Seit der Einführung der Power Units ist das noch schlimmer geworden. Obwohl den Herstellern im vergangenen Jahr keine Tokens während des Jahres zur Verfügung standen, wurden die Motoren nicht nur zuverlässiger, sondern auch leistungsstärker.

Auch bei den V8 war nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen, Foto: Mercedes-Benz
Auch bei den V8 war nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen, Foto: Mercedes-Benz

Das hängt von mehreren Faktoren ab: Zum einen gehen die Teams nicht bis an die Grenze, um Sicherheitsreserven zu haben. Kommen tatsächlich Zuverlässigkeits-Upgrades, verschiebt sich diese Grenze mit den Sicherheitsreserven und es kann mehr Leistung abgerufen werden.

Außerdem spielt die Software bei den Power Units eine unglaublich große Rolle. Wann wird Energie von welcher MGU eingespeist, wann abgegeben? Steuergeräte gehören zwar zu den begrenzten Power-Unit-Komponenten, die Software allerdings nicht. Vor allem die Fahrbarkeit kann mit unterschiedlicher Software extrem verbessert werden.

Trotzdem nutzen die Hersteller zahlreiche Nachbesserungen nur unter dem Vorwand der Zuverlässigkeit. Alle fünf 2014 eingesetzten Power Units jedes Herstellers, unterschieden sich wegen dieser Upgrades voneinander. Auch Mercedes nahm bei jeder neuen Power Unit solche Änderungen vor.

Zwar gab es bisher auch schon ein festgeschriebenes Prozedere, um derlei Änderungen zu beantragen, das wurde aber zum Monaco GP noch verschärft. Warum? Die Motorenhersteller mussten die Entwicklungstoken nicht komplett über den Winter aufbrauchen, sondern durften beliebig viele für die Entwicklung während der Saison aufheben.

Und beim Blick auf die Tabelle lässt sich erahnen, wer die treibende Kraft hinter der Verschärfung gewesen sein dürfte. Renault hat sich zwölf Tokens für das Jahr aufgespart, Ferrari zehn, Mercedes lediglich sieben. Honda erhält durch eine Ausnahmeregelung den abgerundeten Durchschnitt der drei anderen Hersteller, also neun.

Hersteller Benutzte Tokens Übrige Tokens
Ferrari22 10
Honda 9
Mercedes25 7
Renault20 12

Renault hat also die meisten 'legalen' Mittel, um sich verbessern zu können. Somit kommt es den Franzosen gelegen, dass die FIA einen genaueren Blick auf den Zuverlässigkeitsparagraphen wirft - zumal in dieser Saison bislang noch kein einziger Hersteller auch nur einen einzigen Token gezogen hat.

Wenig beeindruckt von der Direktive zeigte sich deshalb auch Renault Sport F1 Managing Direktor Cyril Abiteboul gegenüber Omnicorse: "Ich bin nicht überrascht, denn im vergangenen Jahr gab es ungefähr 50 Anfragen für die Motoren, die von allen Herstellern kamen. Es ist nicht einfach, all diese Änderungen zu verwalten, deswegen überrascht es mich nicht, dass die FIA in dieser Sache mehr Kontrolle haben will." Und Renault stört diese Kontrolle wohl auch weniger.