Mercedes-Silberpfeile? Sebastian Vettel? Nein, der Star des Tages in Monaco war Max Verstappen. Der 17-Jährige fuhr im 1. Training am Donnerstag völlig überraschend auf den zweiten Platz. Sein Rückstand auf den Führenden Lewis Hamilton betrug lediglich eine dicke Zehntelsekunde. Als wäre das nicht schon besonders genug, ist Verstappen aktuell der einzige Fahrer in der Formel 1, der noch nie zuvor eine Runde in Monte Carlo gedreht hat.

Nach der starken Vorstellung war selbst Verstappen verblüfft. "Ich war wirklich überrascht", sagte der Toro-Rosso-Pilot. "Ich habe auf den Timing-Monitor geguckt und meinen Namen darauf gesucht. Erst als ich weiter nach oben schaute, fand ich ihn dann. Dann dachte ich: Ja, das war 'ne gute Runde." 1:18.899 Minuten brauchte er für seine beste Rundenzeit im Fürstentum. Teamkollege Carlos Sainz, der den Kurs aus der Formel Renault 3.5 kennt, war dreieinhalb Zehntel langsamer.

Max Verstappen: Keine Anpassungsschwierigkeiten in Monaco, Foto: Sutton
Max Verstappen: Keine Anpassungsschwierigkeiten in Monaco, Foto: Sutton

Der Chef schielt aufs Podium

Verstappens Performance blieb im Fahrerlager natürlich nicht unbemerkt. Vor allem Teamchef Franz Tost war voll des Lobes und sprach sogar von einem möglichen Podestplatz in Monaco. "Ein paar Teams vor uns haben das doppelte Budget und es ist nicht einfach, gegen sie anzutreten", sagte der Österreicher. "Aber wir haben zwei Fahrer und auch ein Auto, das wettbewerbsfähig ist. Spezielle Wetterbedingungen, vielleicht Regen, könnten uns helfen, einen unserer Fahrer auf das Podium zu bringen."

Verstappen schloss sich seinem Boss an, wohl frei nach dem Motto: Warum eigentlich nicht? Der junge Niederländer sagte über ein mögliches Podiumsfinish: "Vielleicht auf dieser Strecke, wenn wir ein bisschen Glück und andere Leute Probleme haben und rauscrashen. Wenn wir auf der Strecke bleiben, haben wir vielleicht eine Chance. Normalerweise sollten Mercedes, Ferrari und so vor uns sein. Aber wenn wir Glück haben..."

Zweitbeste Rundenzeit im 1. Training für Verstappen, Foto: Sutton
Zweitbeste Rundenzeit im 1. Training für Verstappen, Foto: Sutton

Hunderte Runden im Simulator

Obwohl Verstappen ein absoluter Monaco-Rookie war, kam er relativ schnell mit den engen Passagen der Traditionsstrecke zurecht. Als Vorbereitung drehte er im Simulator eine Runde nach der anderen. So brachte er es laut eigener Aussage auf 200 bis 300 virtuelle Umläufe in eineinhalb Tagen. "Ich brauchte einen Tag, um richtig präzise zu werden und alles im Griff zu haben", sagte er. Auf dem realen Kurs habe er dann zehn Runden benötigt, um sich einzuschießen.

"Am Anfang wollte ich nicht zu viel Risiko gehen", erklärte er die Herangehensweise. "Es ging darum, Runde für Runde weiter die Bremspunkte anzupassen. Je länger du das machst, desto mehr Temperatur bekommst du in die Reifen und die Bremsen. Dann fühlt es sich super an. Und in den Kurven fühlte ich mich auf Anhieb wohl." Stadtkurse kennt Verstappen bislang vom Norisring sowie vom Grand Prix de Pau - beide Strecken seien jedoch nicht direkt mit Monaco zu vergleichen, meinte der Formel-1-Neuling.

Verstappen war der Star des Tages im Fürstentum, Foto: Sutton
Verstappen war der Star des Tages im Fürstentum, Foto: Sutton

Es geht nur ums Vertrauen

Worauf es bei den Stadtrennen am meisten ankommt, war Max aber klar: "Wenn du weißt, was das Auto macht, bekommst du Selbstvertrauen. Hier geht es effektiv nur um das nötige Vertrauen sowie das richtige Gefühl fürs Auto. Selbst im 2. Training hätte ich heute näher dran sein sollen. Aber ich wurde ziemlich aggressiv im letzten Sektor aufgehalten." Wenn er im Qualifying am Samstag eine gute Runde erwische, sei alles möglich...

Toro-Rosso-Teamchef Tost geriet angesichts seines Rohdiamanten ins Schwärmen. "Wir wissen, dass Max ein sehr, sehr talentierter Fahrer ist", sagte er nach den beiden Trainings. "Ich war von seiner sehr guten Rundenzeit im 1. Training beeindruckt. Er fuhr morgens raus und ab diesem Zeitpunkt verbesserte er seine Rundenzeiten, ohne dabei Fehler zu machen. Es ist außergewöhnlich, wie er sein Auto kontrolliert und welches Feedback er gibt." Verstappen dazu: "Ein paar kleine Momente hast du in Monaco immer, aber ein größerer Fehler ist mir nicht passiert."

Ob es Toro Rosso wirklich aufs Podest schafft?, Foto: Sutton
Ob es Toro Rosso wirklich aufs Podest schafft?, Foto: Sutton

Der darf nicht mal ein Auto mieten

Auch das Lager von Red Bull hatte Spaß an Verstappens Auftritt - schließlich könnte der Youngster ein Kandidat für die Zukunft sein. "Ich fand das super", sagte Christian Horner. "Für einen Jungen, der noch nicht mal ein Mietauto leihen darf, war das überaus beeindruckend. Beide Piloten von Toro Rosso machen dieses Jahr einen wunderbaren Job. Das ist eine der positiven Geschichten der Formel 1."

Fahrerkollege Romain Grosjean bekam zunächst gar nicht mit, wie Verstappen den Überflieger im 1. Training markierte. Der Lotus-Pilot war mit seinen eigenen Daten beschäftigt. Dann sagte er aber: "Max ist schon im vergangenen Jahr bei seinen Freitagseinsätzen ins Auto gestiegen, war sofort da und hat Druck gemacht. Das konnte man in Suzuka sehen, da war er wirklich am Limit. Er mag es, ans Limit zu gehen."